Irreführende Bushaltestellen werden umbenannt - Irritationen gibt's trotzdem

Rheda-Wiedenbrück. Reisen in die Vergangenheit waren vor Jahr und Tag ein beliebtes Fernsehformat. Auch in Rheda-Wiedenbrück können Interessierte in längst abgeschlossene Kapitel der Stadtgeschichte zurückkehren. Alles, was sie dazu tun müssen, ist, den Haltestellenplan des öffentlichen Personennahverkehrs aufmerksam zu studieren oder – noch besser – ein Ticket für einen Linienbus zu erwerben. Bei der Fahrt durch die Stadt werden sie auf Bezeichnungen stoßen, die schon lange nicht mehr aktuell sind und an historische Zeiten erinnern. Besonders deutlich wird dies an der Citybus-Linie 78. Von den insgesamt 17 Haltestellen-Namen entsprechen drei nicht mehr dem aktuellen Stand. Längst Geschichte ist zum Beispiel das Evangelische Krankenhaus. Nach vorübergehendem Betrieb als Nebenstelle des Klinikums Gütersloh und späterem Komplett-Abriss befindet sich bereits seit mehreren Jahren eine Wohnbebauung auf dem Terrain. "Keine Ahnung, warum die so heißt" Ein weiterer Stopp auf der Stadtbuslinie ist die &bdquo;Landwirtschaftsschule" am Ostring/Ecke Bielefelder Straße. Landwirtschaftsschüler werden hier schon seit Jahrzehnten nicht mehr unterrichtet. Und nach dem Umzug von Dienststellen der Landwirtschaftskammer nach Gütersloh gibt es an dieser Stelle auch keinen aktuellen Bezug mehr zum Agrarsektor. Stattdessen hat hier die Caritas ihr neues Domizil. Wenige hundert Meter weiter befindet sich die Haltestelle &bdquo;Petermann". &bdquo;Keine Ahnung, warum die so heißt", antwortet ein junges Pärchen im Bus auf eine entsprechende Frage. Die gebürtige Wiedenbrückerin Ruth Bartschat geborene Radke, die ebenfalls im Bus sitzt und an der Kreisverwaltung aussteigen will, kann sich indessen dunkel erinnern. Die 66-Jährige: &bdquo;,Petermann – das war hier vor vielen Jahren mal eine Kultkneipe." Namen werden geprüft Dass etliche der Bushaltestellen-Namen in die Jahre gekommen sind und nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, ist aufmerksamen Mitbürgern längst aufgefallen. &bdquo;Es gab dazu in den letzten Jahren mehrere Anliegen und Anträge", erklärt Stadtpressesprecherin Lena Henkenjohann auf Anfrage. Die Bezeichnungen der Busstopps wurden daraufhin von der Fachverwaltung auf Aktualität überprüft. Im vergangenen Jahr hat die Stadt Umbenennungen veranlasst. Diese werden laut Henkenjohann voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2021 umgesetzt. Die Gründe für die neuen Namen liegen in den meisten Fällen auf der Hand, da die Bezeichnungen veraltet und zum Teil irreführend sind. Henkenjohann nennt in diesem Zusammenhang auch die Wiedenbrücker Haltestelle &bdquo;Bahnhof Süd". &bdquo;Sollten Unklarheiten auffallen oder Umbenennungen politisch oder von Bürgern beantragt werden, erfolgt eine Prüfung", erläutert sie. Das sind die neuen Namen Während die Kommune sich um den baulichen und hygienischen Zustand der Haltestellen kümmert und über die Namen entscheidet, liegt die fahrplanbezogene Ausstattung – beispielsweise Fahrplan-Aushänge, Name der Haltestelle, Online-Fahrpläne, Lautsprecheransagen im Bus – in der Zuständigkeit des beauftragten ÖPNV-Unternehmens &bdquo;Teutoburger Wald Verkehr" (TWV) mit Sitz an der Zeisigstraße. Auf TWV dürfte damit im Stadtgebiet 2021 viel Arbeit zukommen. Laut Stadtpressestelle erhalten folgende Bushaltestellen in Rheda-Wiedenbrück eine neue Bezeichnung. Aus Holunderstraße wird Haus der Ausbildung Aus Kath. Kirche wird Clemenskirche Aus Verlagsgemeinschaft wird Am Rondell Aus Klein wird Stadthalle Aus Bahnhof Süd wird Heinrich-Püts-Str. Aus Rietberger Tor wird Amtsgericht/Museum Aus Petermann wird Breite Straße Aus Kirche wird Herz-Jesu-Kirche Aus Ev. Krankenhaus wird Sieboldstraße Aus Richter wird Franz-Geshe-Straße Aus Elektro Meyer wird Dorfmitte Aus Sportplatz wird Reinkenweg Aus Freibad wird An der Reitbahn. Busfahrer sind zwiegespalten Auf grundsätzliche Zustimmung stößt die Aktualisierung der Haltestellen-Namen bei denen, die sich als erste mit den Änderungen vertraut machen müssen: den Busfahrern. &bdquo;Da passiert etwas, das finde ich gut", sagt Alexander Mertes. Der 50-Jährige fährt seit einem Vierteljahrhundert Bus und hat sich schon selbst Gedanken zu den Namen gemacht. &bdquo;Die Haltestelle Tannenweg zum Beispiel", sagt er, &bdquo;würde ich in A2 Forum umbenennen. Das ist viel bekannter. Das kennt doch fast jeder in Deutschland." Auch Mertes-Kollegin Stephanie Schubert, gelernte Busfahrerin und vor einem halben Jahr coronabedingt vom Reise- in den Linienverkehr umgestiegen, sieht die Aktualisierung der Namen grundsätzlich positiv. &bdquo;Die Sache hat allerdings zwei Seiten", sagt die 32-Jährige. &bdquo;Denn die älteren Fahrgäste werden es schwerer haben, sich an die neuen Namen zu gewöhnen." Einige Verwirrungen bleiben trotzdem Auch wenn in diesem Jahr 13 Bushaltestellen im Stadtgebiet neue Namen erhalten, bleiben Fragen offen. In Fahrplanaushängen etwa tauchen noch immer die Namen &bdquo;Heidbrinkschule" (heute Regenbogenschule) für die Haltestelle am Hellweg und &bdquo;Brill" (heute: Tanzlokal &bdquo;Single") für den Stopp an der Lippstädter Straße auf. Auch die Bezeichnungen zweier Haltestellen in Lintel sind Relikte aus der gastronomischen Vergangenheit des Dorfes: Während zumindest das Gebäude der ehemaligen &bdquo;Restauration Heinrich Schalück" an der Haltestelle &bdquo;Schalück" (Bielefelder Straße) noch existiert, ist der &bdquo;Emskrug" an der Rietberger Straße/Ecke An der Flammenmühle wohl nur noch der Generation 65 plus bekannt. Das Haus fiel schon vor Jahrzehnten dem Ausbau der dortigen B 64-Kreuzung zum Opfer. Gut gemeint, aber schlecht gemacht? Kein Thema ist offenbar die Korrektur einer wohl gut gemeinten, aber schlecht gemachten Namensgebung für eine weitere Bushaltestelle im Stadtgebiet: Den Stopp &bdquo;Lippertor" an der Lippstädter Straße. &bdquo;Richtig ist, dass sich in der Nähe dieser Stelle einst das historische Neupförtner Tor befand", sagt der ehemalige Ortsheimatpfleger Christoph Beilmann. Heute, so Beilmann, spreche man allenfalls vom &bdquo;Lippstädter Tor" und nicht vom &bdquo;Lippertor". Schließlich führe der Weg in die Stadt Lippstadt und nicht etwa nach Lippe Detmold. Im Zuge der Umbenennungen nicht erkannt wurde offensichtlich auch die touristische Chance, ein weniger bekanntes städtisches Naherholungsgebiet mehr in den Fokus zu rücken: Statt der Haltestelle &bdquo;Ev. Krankenhaus" den Namen der rücklings verdeckt liegenden neuen Anwohnerstraße &bdquo;Sieboldstraße" zu geben, hätte man diese auch einfach in &bdquo;Fichtenbusch" umbenennen können.

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