Rheda-Wiedenbrück Tönnies im Fokus der Kritik: So lief der Demo-Freitag

Kreis Gütersloh. Der Metro Konzern war schon dran, H&M auch und nun fiel die Wahl auf Tönnies. Zweimal im Jahr veranstaltet der Verein aktion/arbeitsunrecht bundesweite Protestkundgebungen an einem Freitag, dem 13. Unter dem Motto #Freitag13 erfolgt Widerstand gegen &bdquo;Fertigmacher, Betriebsratsfresser, Lohndrücker und skrupellose Profitmaximierer". Die Auswahl der Unternehmen findet per Abstimmung im Internet statt. Tönnies kontra deutsche Universitäten stand diesmal zur Auswahl – &bdquo;da konnten die Menschen mit dem Großschlachter Tönnies wohl mehr anfangen", sagte Werner Rügemer, Vorsitzender der Aktion gegen Arbeitsunrecht. Auf dem Bahnhofsplatz in Rheda-Wiedenbrück informierte er die Zuhörer über den Konzern &bdquo;im Eigentum des Rassisten und Menschenverächters Clemens Tönnies" und forderte das Ende des Systems Tönnies, denn &bdquo;es schadet den Beschäftigten und ihren Menschenrechten, dem Wasser, den Böden, den Tieren, den Bürgern in den betroffenen Kommunen, dem Rechtsstaat, der Demokratie." Camila Cirlini vom Bündnis gegen die Tönnies-Erweiterung ergänzte: &bdquo;Wir werden nicht eher Ruhe geben, bis dieser Laden geschlossen ist." 10.000 Besucher zum Familienfest Der Protest verlief an insgesamt 30 Orten bundesweit, zentrale Kundgebungen gab es in Köln, Weißenfels und Rheda. &bdquo;Dafür, dass seit zwei Monaten feststeht, dass die Demonstration vor unserem Werktor stattfindet und viel getrommelt wurde, hätten wir mit einer höheren Teilnehmerzahl gerechnet", sagte Tönniessprecher André Vielstädte mit Blick auf den Protestzug. Nach offiziellen Polizeiangaben waren es 150 Personen, die sich vom Bahnhof aus zum Werk auf den Weg machten. Das Gelände selbst war abgesperrt, das firmeneigene Sicherheitspersonal wies jeden in den zugewiesenen Bereich: Radweg oder Grünstreifen. Mutmaßungen, die quer geparkten Lkw entlang des Parkplatzes des Werkverkaufs dienten als Sicherheitsmaßnahme, entkräftete Vielstädte: &bdquo;Die sind nur zu Werbezwecken. Am Sonntag erwarten wir 10.000 Besucher wegen des Familienfestes." &bdquo;Rheda ist ein hartes Pflaster", findet Oliver Groteheide vom &bdquo;Bündnis gegen die Tönnies-Erweiterung". Sichtlich zufrieden mit der Zahl der Demonstranten erläuterte er die Vielzahl der Veranstaltungen rund um die Erhöhung der Schlachtkapazität ohne lokale Beteiligung. &bdquo;Die Leute kommen von Gütersloh, aus dem Ruhrgebiet oder sogar noch weiter zu uns. Die Bevölkerung aus Rheda-Wiedenbrück hingegen ist nur schwerlich zu bewegen." Rund 15 Personen kamen gestern aus Paderborn angereist. Gertrud Koch war eine von ihnen. &bdquo;Das Thema Tönnies lohnt sich", findet sie. Es stehe symptomatisch für gleich mehrere Aspekte, die man nicht dulden dürfe, dazu zähle auch das Arbeitsunrecht, das von diesem Konzern ausgehe. Juristen in Stellung gebracht &bdquo;Tönnies wehrt sich" lautete hingegen der Titel einer Pressemitteilung, die wenige Stunden zuvor an die Presse gegeben wurde. &bdquo;Heute ist kein schwarzer Freitag, sondern der Beginn eines bunten und vielfältigen Wochenendes. Wir sind bereit zum offenen Meinungsaustausch, allerdings wehren wir uns gegen falsche Behauptungen und Beschimpfungen." Mit einer Einstweiligen Verfügung musste der Verein aktion/arbeitsunrecht im Vorfeld Textpassagen im Internet zu Vorwürfen gegen Tönnies schwärzen. Der Konzern hatte seine Juristen in Stellung gebracht. &bdquo;Das haben wir uns aber nicht gefallen lassen und ebenfalls anwaltlich reagiert", erläutert Mitorganisator Tim Bergmann. Im November folge deshalb eine Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht Berlin. &bdquo;Der Fall Tönnies wird uns wohl noch länger beschäftigen", glaubt Vereinsvorsitzender Werner Rügemer. Die mediale Aufmerksamkeit in Sachen Tönnies sei hoch – höher als bei den anderen Konzernen aus den #Freitag13-Protesten. &bdquo;Allerdings", so Rügemer, &bdquo;sind die Arbeitsbedingungen bei Tönnies oder anderen Unternehmen nicht im Fokus der Öffentlichkeit. Oder anders gesagt: Es interessiert kaum jemanden." &bdquo;Als Mitarbeiter der Firma Tönnies, auf die wir nach wie vor stolz sind, sind wir entsetzt über die Aussagen der Aktivisten, da wir diese wirklich nicht nachvollziehen können", äußerte sich im Vorfeld der Demo der Betriebsratsvorsitzende der Tönnies Lebensmittel GmbH, Mustafa Kuyucu schriftlich auf eine Anfrage der NW. &bdquo;Wir finden es besorgniserregend, dass offenbar mittlerweile jeder über uns sprechen kann und viele meinen, etwas zu wissen, anstatt im Vorfeld mit den Mitarbeitern oder mit uns zu reden." Der Betriebsrat empfinde diese Art der Vorwürfe als &bdquo;direkten Angriff auf unsere Arbeitsplätze". Sicherlich werde es Begegnungen zwischen Demonstranten und den Sprechern der Firma Tönnies geben. Und so stand Konzernsprecher Vielstädte auch pünktlich vor Eintreffen der Demonstranten an der Einfahrt zum Tönnies-Gelände. Die Medienvertreter nutzten die Gesprächsgelegenheit, die Demonstranten nicht. &bdquo;Das Angebot lehnen wir ab. Die Erfahrungen haben wir bereits bei früheren Veranstaltungen gemacht", so Camila Cirlini. Tönnies führe den Dialog nur nach seinen Spielregeln. "Fridays For Fleisch" &bdquo;Fleisch ist Fleisch" dröhnte es aus Lautsprechern. Eine Gruppe junger Männer hatte es sich auf dem Mitarbeiter-Parkplatz mit einem Grill bequem gemacht und spendierte gratis Bratwurst. &bdquo;Fridays For Fleisch" unter diesem Titel firmierte die Gegendemo, die erst am Mittwochnachmittag bei den Ordnungsbehörden angemeldet worden war. Initiator Fritz von Hodenberg (20) aus Rheda-Wiedenbrück erklärte: &bdquo;Uns nerven die Verbote. Keiner soll mehr SUV fahren, keiner mehr Fleisch essen." Die Bratwürstchen habe man zuvor im Werksverkauf bei Tönnies erworben. Mitarbeiter des Konzerns sei er aber nicht. Während die einen auf dem Radweg bleiben mussten, durften die anderen auf dem Gelände Platz nehmen. &bdquo;Sonst hätte die Polizei die Demo nicht genehmigt. Also haben wir einen Platz auf dem Gelände zugeteilt", so Vielstädte, der sich amüsiert zeigte und eine Einflussnahme von Seiten Tönnies bestritt. &bdquo;Aber das wir uns mit denen mehr identifizieren als mit den Vegetariern ist wohl klar."

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