"Der Ball liegt beim Minister" - um die B64n im Kreis Gütersloh ist es ruhig geworden

Kreis Gütersloh. Für den Bürgermeister aus Herzebrock-Clarholz ist NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in Sachen Ortsumgehung B64 nicht zu erreichen. "Mitte April habe ich Minister Krischer angeschrieben - mit dem Wunsch nach Informationen", sagt Marco Diethelm. Bis heute habe er keine Antwort erhalten und auch keine Eingangsbestätigung, um die er explizit gebeten habe. Es ist ruhig geworden um die B64n in Herzebrock-Clarholz, die gemeinsam mit den Umgehungsstraßen für Warendorf und Beelen und dem vierspurigen B51-Ausbau zwischen Münster-Handorf und Telgte als "Ostmünsterland-Verbindung" seit 2016 im Bundesverkehrswegeplan steht. Nach und nach haben einige Räte entlang der Strecke gegen den Ausbau gestimmt - Beelen 2017, Telgte und Münster 2020, Warendorf 2021. Herzebrock-Clarholz hält jedoch an seinem Ratsbeschluss von 2017 für die Umgehungsstraße fest. Noch vor einem Jahr dominierte das Thema den Landtagswahlkampf in der Kommune. Nun ist der damalige CDU-Verkehrsminister Hendrik Wüst, ein Befürworter des Projektes, Ministerpräsident des Landes NRW. Und Oliver Krischer von den Grünen, immer ein erklärter Gegner des Ausbaus, sein Verkehrsminister. "Der Ball liegt beim Minister", sagt Joachim Brendel, Geschäftsbereichsleiter Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen in Münster. Die Planungen für die Umfahrungen von Warendorf und Herzebrock-Clarholz seien soweit gediehen, dass nun das Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierungen Detmold und Münster eröffnet werden könnten. Brief des Befürworter-Bündnisses bleibt unbeantwortet 2019 hatte sich 25 Institutionen und Initiativen aus dem Münsterland und Ostwestfalen in einem "Regionalen Bündnis für die B64n“ zusammengeschlossen. &bdquo;Ostwestfalen und das Münsterland sind zwei starke Industrieregionen, deren Wirtschaftsbeziehungen untereinander durch die schlechte Verkehrsanbindung erheblich behindert werden. Die B64n hat einen hohen Nutzen für die Wirtschaft", betont Götz Dörmann, Geschäftsführer International, Handel, Verkehr bei der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld. Das Bündnis, dem unter anderem auch die heimischen Handwerkskammern, der DGB und Pro Wirtschaft GT angehören, hatte sich bereits im September vergangenen Jahres schriftlich an Verkehrsminister Krischer gewandt. Der Brief blieb unbeantwortet. Auch eine Erinnerung im Dezember vergangenen Jahres brachte keine Reaktion aus Düsseldorf. "Das Ganze wird jetzt ausgesessen", vermutet Marco Diethelm, der noch im Dezember vom Landesstraßen-Baubetrieb mit der Aussage vertröstet worden war, es seien aktuell noch Fragen zu klären und man werde auf ihn zukommen. Die Ungewissheit rund um den Bau der Ortsumgehung blockiert nun schon seit Jahren verschiedenste Planungen in der Kommune. Auf Nachfrage der NW zum Sachstand bei der B64n geht die Pressestelle des NRW-Verkehrsministeriums auf Tauchstation. Man werde sich "schnellstmöglich" darum kümmern, hieß es. Das war Anfang Mai. Nach drei Wochen und mehrmaligem Insistieren versendet die Pressereferentin dann eine Mitteilung, die wortgleich so auch schon vom Landesbetrieb Straßenbau auf die NW-Anfrage gemailt worden war: "Straßen.NRW plant eine Vielzahl von Neu- und Ausbauprojekten sowie Erhaltungsmaßnahmen. Die Neu- und Ausbauprojekte sind durch die Bedarfspläne auf Bundes- und Landesebene vorgegeben und können auch durch Straßen.NRW und die Landesregierung nicht verändert werden. Zum Teil laufen Verfahren seit vielen Jahren, manche seit Jahrzehnten, ohne dass es zum Bau gekommen wäre. Hierfür gibt es bei jedem Projekt unterschiedlichste Gründe. Die Koalition hat aus guten Gründen klare Prioritäten auf Erhaltungsmaßnahmen und den Radewegebau gesetzt. Um das umzusetzen, müssen ebenfalls entsprechende Prioritäten bei personellen und finanziellen Ressourcen gesetzt werden. Grundsätzlich laufen alle Planungen weiter. Vor jedem Verfahrensschritt wird allerdings geprüft, ob die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen und das Verfahren mit der nötigen Stringenz betrieben werden kann. Dies ist auch bei der B64n der Fall." Landtagsabgeordneter Tigges verweist auf die Ampel-Koalition Aus Berlin ist ebenfalls kein Rückenwind für die B64n zu erwarten. Hier einigte sich die Ampel-Koalition Ende März lediglich auf die Beschleunigung von Autobahnprojekten, um Stauschwerpunkte und Engstellen zu beseitigen. "Am Ende hängt es an Berlin", meint auch der Gütersloher CDU-Landtagsabgeordnete Raphael Tigges. In der Bundespolitik gingen die Prioritäten im Moment eher in Richtung Sanierung und Erhalt von Straßen. "Unser Verkehrsminister guckt sich das alles ganz genau an", vermutet er. Aber auch er persönlich stehe inzwischen dem Projekt kritischer gegenüber. "Es ist schon ein erheblicher Eingriff", gibt Tigges zu. Man müsse sorgfältig alle Interessen in den Blick nehmen. "Die knappen Personal- und Geld-Ressourcen sollten in den Erhalt von Straßen und den Ausbau der Bahn statt in den Neubau fließen", meint die grüne Landtagsabgeordnete Wibke Brems aus Gütersloh. "Meine ablehnende Haltung gegenüber einem dreispurigen Straßenneubau bleibt unverändert, da sie einen massiven Eingriff in die Umwelt bedeutet und Fragen, die den Fuß-, Radverkehr und innerörtlichen Verkehr betreffen, nach wie vor unbeantwortet sind." Still geworden ist es auch um die Bürgerinitiativen gegen den Ausbau der B64n. "Die Zeit arbeitet doch für uns", meint Elisabeth Meier, Vorsitzende des Vereins "Kulturlandschaft Sundern-Samtholz-Brock" in Herzebrock-Clarholz. Man wolle das Engagement jetzt lieber in das Bewahren der Kulturlandschaft stecken. Zu Frühjahrsbeginn habe man beispielsweise zwischen dem Hof Pavenstädt-Westhoff und dem ehemaligen Anwesen Deckenbrock eine historische Straßenbegleithecke auf einer Länge von etwa 250 Metern mit neuen Hainbuchen und Rotbuchenpflanzen wieder aufgeforstet. Das Geld dafür kam übrigens aus einem Fördertopf der Landesregierung.

Meistgelesen