Beliebtes Kultgeschäft im Kreis Gütersloh gibt nach mehr als 70 Jahren auf

Harsewinkel. Von der großen Auswahl an Wurtst- und Käsebelägen auf den frischen Brötchen bei Dulias schwärmen die Harsewinkeler noch heute. Ganze Generationen ehemaliger Schülerinnen und Schüler bekommen noch immer glänzende Augen, wenn sie an die Schlickersachen denken, die sie sich im Tante-Emma-Laden erst an der Achtermannstraße und dann am Tecklenburger Weg besorgten und für diese süßen Verlockungen – verbotenerweise – den Schulhof verließen. &bdquo;Wenn ein Lehrer auftauchte, haben wir die Kinder durch die Hintertür rausgelassen, damit die keinen Ärger bekommen“, erzählt Burkhard Dulias (61), dessen Eltern Heinrich und Thea im Jahr 1950 den laden eröffneten, eine von Hunderten an Anekdoten, die sich im Lauf der Jahrzehnte in und um den kleinen Laden rankten. Eben auch die, dass der ehemalige Kreismeister im Judo mal einen Bankräuber in den &bdquo;Schwitzkasten“ nahm, bis die Polizei kam, nachdem dieser die damalige Sparkassenfiliale direkt nebenan überfallen hatte. &bdquo;Der hatte zwar nur eine Spielzeugpistole, aber das wusste ich in dem Moment natürlich nicht“, staunt der so jugendlich gebliebene Kaufmann noch heute über seine eigene Courage. Bankräuber in den Schwitzkasten genommen In dem Geschäft gab es fast alles, was die Menschen rundum auf dem Röwekamp brauchten: Pumpernickel vom Soester Spezialbäcker Haberland, dem ältesten seiner Zunft in Deutschland. Eier frisch vom Hof Ruschhaupt in Oesterweg, der Aufschnitt von der Wursterei Zimmermann in Marienfeld, wo noch hausgeschlachtet und frisch gewurstet wurde. Die Brötchen kamen von der Bäckerei Wilhalm, bei der gelernte Einzelhandelskaufmann Burkhard Dulius nun als Fahrer angeheuert hat und glücklich ist, weiter im Kundendienst zu bleiben. Den Handwerkern schmierte Ehefrau Ilona, ebenfalls 61, die Brötchen mit allem, was das Herz begehrte. Gerne deftig mit Frikadellen, Spiegelei oder Mett. Und packte je nach Wunsch noch Joghurt und Bananen dazu. &bdquo;So hatten die direkt auf der Baustelle ihr Essen und sparten so Zeit“, erklärt Burkhard Dulias, der im gemütlichen Gespräch eher als nachdenklicher Philosoph und Menschenfreund denn als geschäftstüchtiger Unternehmer überkommt. Aus dieser Grundhaltung heraus gab es bei Dulias vor allem über die Jahrzehnte etwas, was man nicht mit Geld bezahlen kann: Diese ehrliche, nicht aufgesetzte Herzlichkeit, mit der Ilona und Burkhard ihre Kunden aller Altersklassen immer bedient haben, hat den Kultstatus des kleinen Ladens, in dem es auch Mittagstisch aus ihrer Küche gab, noch befeuert. &bdquo;Hier war immer was los, fast jeder kannte jeden“, schwärmt er von dem Kommen und Gehen der Menschen, für die das kleine Geschäft ein wichtiger Treffpunkt in ihrem Kiez war. Morgens um acht habe bereits eine Atmosphäre wie in einer Kneipe geherrscht. Besonders beliebt war die Klön- und Kaffee-Ecke, in der der täglich selbst gebackene Kuchen – teils mit Vorbestellung, um auch ja ein Stück abzubekommen – hoch im Kurs stand. "Für uns als kleines Geschäft ist es immer schwieriger geworden", sagen die beiden &bdquo;Das Schönste ist, wenn ich Menschen etwas Gutes tun kann“, sagen die Dulias, deren Weltbild von christlicher Nächstenliebe geprägt ist. In Coronazeiten belieferte er betagte Kunden in der Umgebung zuhause. Natürlich mussten sie Umsatz und Gewinn machen. Doch mit den von ihnen aufgerufenen Preisen war die Marge eher dünn. Mit den Einkaufskonditionen der großen Ketten konnten sie ohnehin nicht mithalten. &bdquo;Wir hätten unsere Waren eigentlich viel teurer anbieten müssen, haben das aber nicht getan“, sagt er. Die Werbung &bdquo;Belegte Brötchen für 90 Cent“, die noch an der Scheibe des inzwischen ausgeräumten Ladenlokals prangt, sagt alles. &bdquo;Für uns als kleines Geschäft ist es immer schwieriger geworden“, erklären sie, warum sie im Juni dann doch die Reißleine gezogen und zugemacht haben. Zumal die eigenen Kinder und auch kein Außenstehender Interesse gehabt hätte, den beliebten, aber eben nicht sonderlich einträglichen Laden zu übernehmen. &bdquo;So ein Geschäft kann man auch nur zu zweit betreiben“, sagen sie. Denn Arbeit steckte in ihrem Laden, der ihnen die Welt bedeutete, ohne Ende. Schon die Eltern, die für die Konzession im Jahr 1950 bis ins Wirtschaftsministerium nach Düsseldorf pilgern mussten, hatten damals bereits einen Lieferservice etabliert. Mit den schweren Eisenkästen brachten sie bis zu 500 Pullen Milch zu Claas. &bdquo;Da durften sie mit dem Milchwagen durch den ganzen Betrieb fahren“, erzählt Burkhard Dulias. Schon seine Eltern waren beim Ausfahren zu Kunden in der Stadt überall gern gesehen. Vor allem bei Kindern, für die auf der Milchkannenrunde immer mal ein Kirschlutscher, Brauseplättchen oder eine &bdquo;weiße Maus“ drin war – kostenlos versteht sich.

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