Das große Claas-Dilemma in Russland

Harsewinkel. Bis Samstag hatte der Claas-Konzern in seinem Werk im südrussischen Krasnodar noch &bdquo;Business as usual“ gemeldet. Die Produktion laufe, hieß es da noch. Man beobachte die Lage. Die scheint sich nun deutlich zuzuspitzen. Die Produktion werde heruntergefahren, lautete die Statusmeldung am Montag. Was Konzernsprecher Wolfram Eberhardt mit &bdquo;brüchig werdenden Lieferketten“ begründete. Anders als etwa der VW-Konzern, der angesichts des immer brutaleren Einsatzes der russischen Aggressoren in der Ukraine in der vergangenen Woche seine Produktion in Russland stillgelegte, hatte Claas zunächst abwartend reagiert. &bdquo;Zu den möglichen Auswirkungen spekulieren wir nicht“, hatte Konzernsprecher Wolfram Eberhardt auf die Mehrzahl der Fragen der NW gleich nach dem russischen Angriff noch unisono reagiert. Von den Mitarbeitern sollen etwa 40 Deutsche sein Es sind vorsichtige Statements, die das Dilemma erahnen lassen, in dem das weltweit operierende Harsewinkeler Unternehmen, das sowohl in Russland als auch in der Ukraine engagiert ist, nun in diesem Konflikt steckt. Beide Länder gehören zu den führenden Weizenproduzenten weltweit. Der 2005 in Betrieb genommene Standort Krasnodar in Südrussland liegt Luftlinie nur gut 250 Kilometer von der derzeit schwer umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariopol am Schwarzen Meer und 150 Kilometer von der besetzten Krim entfernt. Claas beschäftigt in Krasnodar rund 700 Mitarbeiter, davon sollen etwa 40 Deutsche sein. Mit denen stehe die Zentrale in regelmäßigem Kontakt. Lesen Sie auch: Newsblog zum Ukraine Krieg - alle Folgen und Auswirkungen für den Kreis Gütersloh Für 120 Millionen Euro Standort 2015 modernisiertDeutlich dramatischer ist die Lage der rund 40 Claas-Mitarbeiter, die im Vertriebsbüro in der von schweren Bomben- und Raketenangriffen getroffenen ukrainischen Hauptstadt Kiew arbeiten. Diese sind nach Konzernangaben inzwischen in einen anderen, etwas sichereren Landesteil evakuiert worden. Bis zu Putins Angriff auf das Nachbarland wartete Claas seit 17 Jahren nur mit Erfolgsmeldungen aus dem südrussischen Vorzeigewerk auf. Für 120 Millionen Euro hatte Claas den Standort im Jahr 2015 modernisiert. Die Produktionszahlen haben sich seither vervierfacht. Noch einmal 12,6 Millionen Euro investierte das Unternehmen erst in den vergangenen beiden Jahren in den Ausbau der Produktion. Auf einer Gesamtproduktionsfläche von nun 53.000 Quadratmetern werden im Jahr bis zu 1.000 Mähdrescher vom Typ Tucano vom Stahlzuschnitt über den Rohbau bis zur Lackierung lieferfertig gefertigt.Maschine gilt sogar als "russisches Produkt" Die Maschine gilt dank eines speziellen Vertrages sogar als &bdquo;russisches Produkt“, und ist seitdem in Russland subventionsfähig. Voraussetzung dafür war, dass Claas eine ausreichend große Fertigungstiefe vor Ort erreicht. &bdquo;Wir können unsere Landmaschinen über eine günstigere Finanzierung deutlich preiswerter anbieten“, wird Claas-Sprecher Wolfram Eberhardt in der Wirtschaftswoche zitiert. Weit mehr als 25.000 Stück des Typs Tucano hat der Konzern insgesamt in Harsewinkel und in Krasnodar bereits gebaut. Zudem montiert Claas dort auch die Großtraktoren Lexion und Xerion für den russischen und kasachischen Markt. Bereiche wie die Kabine, der Strohhäcksler oder die Reifen werden selbst oder von russischen Lieferanten extern gefertigt. Die nächsten Pläne sehen eigentlich den Ausbau der Produktpalette vor."Deutschlands russischstes Unternehmen" &bdquo;Zukünftig werden in Krasnodar darüber hinaus auch die neuen Trion Schüttler- und Hybridmähdrescher vom Band laufen“, heißt es auf der konzerneigenen Internetseite. Deren Produktion ist am Stammwerk in Harsewinkel bereits Ende 2021 nach dem Umbau der dortigen Produktionsstraße angelaufen. Vom Claas-Gesamtumsatz entfällt nach Konzernangaben ein einstelliger Prozentbetrag auf Russland. Nimmt man den Umsatz im Geschäftsjahr 2020/2021 in Höhe von 4,8 Milliarden Euro, könnten das knapp 50, aber auch deutlich mehr als 400 Millionen vom gesamten Claas-Kuchen sein. &bdquo;Gäbe es eine Auszeichnung für ’Deutschlands russischstes Unternehmen’, dann wäre der Landtechnikhersteller wohl ein Kandidat“, schrieb die Wirtschaftswoche in der vergangenen Woche. Enge Verflechtungen könnten jetzt zum Problem werden Genau diese enge Verflechtung des als &bdquo;Vaterländisches Unternehmen“ in Russland anerkannten Konzerns könnte jetzt zum Problem werden. &bdquo;Unternehmen mit Geschäft in Russland und der Ukraine geraten zwischen die Fronten“, analysiert das Wirtschaftsfachblatt. Nach dem Angriff würden vor alle die Zahlungswege zum Problem, weil das Land immer weiter aus dem Swiftsystem gedrängt wird.&bdquo;Wir arbeiten mit den verbleibenden Möglichkeiten, um den russischen Landwirten mit Blick auf die kommende Ernte Landmaschinen und wichtige Ersatzteile zur Verfügung stellen zu können“, so Eberhardt. ?¦ Seite Wirtschaft

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