Gastronom übernimmt überraschend ein zweites Restaurant im Kreis Gütersloh

Halle. Eigentlich ist für Michele Scistri der Tag mit 24 Stunden viel zu kurz. Der im Nachbarbundesland Niedersachsen lebende Gastronom ist seit fast 24 Jahren Inhaber des Restaurants Da Vinci im Sportpark Halle und pendelt täglich über die Grenze. &bdquo;Ich komme aus einer Gastronomie-Familie, für mich ist das Alltag“, sagt der in Apulien, dem Absatz des italienischen Stiefels, geborene Scistri. Die nächste Generation ist bereits in seine Fußstapfen getreten. Sohn Davide, einst Auszubildender im Da Vinci, hat vor einem Jahr die Pizzeria Uno im Zentrum von Dissen eröffnet. Der Terminkalender von Michele Scistri ist rappelvoll, hinzu kommen derzeit noch private Sorgen und ein Todesfall in der Familie. Da bleibt eigentlich keine Zeit, um noch einen zweiten Gastronomiebetrieb zu übernehmen. Es sei denn, gute Freunde bitten einen darum. Und somit ist Michele Scistri nun auch seit knapp zwei Wochen Chef im Vereinslokal des TC BW Halle. Dort, wo er schon vor mehr als 20 Jahren drei Jahre lang seine Pizza und Pasta serviert hat und wo er bereits seit 25 Jahren Mitglied ist. &bdquo;Ich möchte den Club unterstützen, zumindest für das nächste halbe Jahr“, sagt Scistri. Ein Freundschaftsdienst, der eigentlich zeitlich kaum zu bewältigen ist, und bei dem er nur seinem Herzen, weniger seinem Verstand gefolgt ist. &bdquo;Wir sind im Verein wie eine Familie, Ralf Weber und Jan Werkis sind gute Freunde von mir“, erklärt Scistri. Boris Becker Italiens ist Namensgeber Es habe zwei, drei interessierte Pächter gegeben, die die Nachfolge des Ehepaars Schmedtmann antreten wollten, aber es sei zu keinem Vertragsabschluss gekommen. &bdquo;Der Verein wollte die Gastronomie gerne zum Saisonbeginn wieder eröffnen“, sagt Scistri. Zwei Wochen vor dem Start wurde die Zeit immer knapper, Scistri willigte ein und bot schließlich seine Hilfe an. Zumindest für die Sommersaison, danach werde man Bilanz ziehen und schauen, ob und wie es weitergeht. Der Name für das Restaurant war schnell gefunden, er sollte schließlich eine Verbindung zwischen Italien und dem Sport mit dem gelben Filzball abbilden. Zwar sagte der Name Bonacossa auch den Tenniscracks beim TC BW Halle nichts, aber die Erklärung ist ganz einfach. Alberto Bonacossa (1883-1953) war ein italienischer Tennisspieler, der unter anderem an den Olympischen Spielen 1920 teilnahm, einige Jahre lang Herausgeber der Sportzeitung Gazzetta dello Sport und Kapitän des Davis-Cup-Teams war. Der Name Ristorante Bonacossa lag somit nahe. &bdquo;Wir schauen jetzt mal, wie es in den kommenden Wochen läuft“, sagt Scistri. Noch sei es eher ruhig, aber langsam spüre man eine steigende Nachfrage. Maßgeblich dafür ist sicherlich das Wetter, das momentan nicht nur Süditaliener wenig begeistert. &bdquo;Tennis ist halt kein Fußball. Bei Regen kann keiner spielen und die Anlage ist leer“, sagt Scistri. Unterstützung aus der Heimatregion Da der 65-Jährige nicht gleichzeitig in beiden Restaurants arbeiten kann, hat er einen Freund mit langjähriger Gastronomieerfahrung gebeten, das Team im Bonacossa zu leiten. Er ist gut ein Jahr älter als Michele Scistri und stammt ebenfalls aus Apulien. Namentlich möchte er nicht genannt werden. &bdquo;Das können wir später nachholen, ich möchte erst schauen, wie es läuft“, sagt der Teamleiter bescheiden. Sollte es nicht so wie gewünscht laufen, werde er sich als Rentner nach Apulien zurückziehen. Man spürt jedoch im Gespräch, dass er sich primär wünscht, dass das Ristorante Bonacossa zu einem beliebten Treffpunkt für Freunde der mediterranen Küche wird. Die Speisekarte macht jedenfalls Lust auf mehr. Er betont, dass das auf dem Vereinsgelände liegende Restaurant für alle Gäste zugänglich ist. Eine Mitgliedschaft beim TC BW Halle ist keine Voraussetzung für einen Restaurantbesuch. Allein von den Besuchen der Vereinsmitglieder könne ein Restaurant nicht wirtschaftlich betrieben werden. Michele Scistri gibt gemeinsam mit seinem Geschäftspartner also noch einmal richtig Gas, ab Herbst möchte er aber kürzertreten. &bdquo;Im November werde ich 66 Jahre alt. Dann ist es Zeit für die Rente“, sagt der Gastronom, der schon für Roger Federer oder Gabriela Sabatini gekocht hat. Bis dahin will er auch die Zukunft des Da Vinci geregelt haben. Pause mit Fisch oder weiterhin Pizza Funghi Und wie geht es danach weiter? Sein neuer Geschäftspartner hätte eine Idee: &bdquo;Ich stelle mir vor, wie wir in Italien in der Sonne sitzen und Fisch essen. Das wäre so schön“, sagt der Restaurantleiter. &bdquo;Das wird wohl nichts mehr, wir sind zu alt“, erwidert Scistri mit einem Lächeln. Vielleicht starten die beiden Italiener aber stattdessen in Halle noch einmal gastronomisch durch. &bdquo;Mit 66 Jahren fängt doch das Leben erst an, hat doch schon Udo Jürgens gesungen“, sagt Scistri. Oder, um es mit einem Eros-Ramazzotti-Zitat zu sagen: &bdquo;Sono cose della vita“ - Es sind manchmal auch einfach die Dinge des Lebens, die einem den Weg weisen.

Meistgelesen