Mordfall Marion S.: Anwalt aus Kreis Gütersloh erläutert Zweifel an Polizei-Theorie

Halle/Steinhagen. Zwei DNA-Spuren. Zwei Treffer. Die Polizei ist sich sicher, den Mörder von Marion S. überführt zu haben. Sie nimmt den Ehemann fest. Er sitzt in Untersuchungshaft. Doch was, wenn die Fahnder sich irren? Für den Strafverteidiger Sascha Haring aus Halle steht fest, dass die bisherigen Beweise und Indizien nicht ausreichen, um seinen Mandanten (72) weiterhin zu inhaftieren. Seit drei Tagen liegt seine Haftbeschwerde beim Landgericht Bielefeld auf dem Tisch. Der Leitende Staatsanwalt Christoph Mackel muss diese nun prüfen. Dann wird der Haftrichter entscheiden. Sascha Haring hat die bisherigen Ermittlungsakten akribisch gelesen. Jede Zeile mehrmals. Jedes Foto der Spurensicherung von dem Fundort der Leiche im Wald hat er sorgfältig in Augenschein genommen. Jeder Vermerk der ermittelnden Beamten sei da wichtig. Er habe sich etliche Notizen gemacht, die er in stundenlangen Gesprächen mit seinem Mandanten im Gefängnis analysiert habe, sagt er. &bdquo;Auf Fragen habe ich auch klare Antworten erhalten.“ In den polizeilichen Schriftstücken gebe es einen sogenannten Zeitstrahl, den die Ermittler mühsam erstellt hätten. Es geht darum, wie der Tatverdächtige die Stunden des besagten 5. Juli verbracht hat, den Tag des Verschwindens von Marion S. von ihrem Elternhaus in Steinhagen. Sascha Haring: &bdquo;Wir haben einen eigenen Zeitstrahl nach bestem Wissen erstellt. So, wie der auch im Haftbefehl stehende Tatablauf von der Kripo beschrieben wird, kann das nicht gewesen sein.“ Die Chronologie dieses Tages stimme nicht mit der von der Polizei überein. Details dazu könne er noch nicht öffentlich machen, aber er habe berechtigte Zweifel, um der Darstellung zu widersprechen. Das sei auch Gegenstand seiner Haftbeschwerde. Eindruck, die Untersuchungen seien zurückgefahren worden Außerdem fordere er, dass die Ermittlungen in diesem Fall wieder intensiver aufgenommen werden müssen. &bdquo;Was ist mit den Ergebnissen der übrigen Spuren?“, fragt Haring. Im Moment habe er den Eindruck, dass die Untersuchungen zurückgefahren worden seien. &bdquo;Das ist nicht im Sinne meines Mandanten.“ Polizeisprecherin Hella Christoph erklärt dazu: &bdquo;Über Resultate der Spurenauswertung haben wir noch keine Erkenntnisse. Die dauern immer noch an.“ Es geht wohl um Faserspuren, die seit Wochen in den Laboren des Landeskriminalamtes (LKA) in Düsseldorf untersucht werden. Dort werden auch winzige Textilpartikel, die am Fundort, im Auto des Tatverdächtigen, im Elternhaus des Opfers und an der Leiche von Marion S. sichergestellt worden sind, mikroskopisch beleuchtet. Denn: Wo immer sich ein Mensch aufhält, verlieren auch seine Kleidungsstücke Fasern. Doch wie geht das alles? Wichtiges Utensil dabei sei ein spezielles 2,5 Zentimeter breites, durchsichtiges Klebeband, berichtet ein ehemaliger Kriminalhauptkommissar. &bdquo;Mit diesem kann man die Haut einer Leiche abkleben, Kleidungsstücke, Fußböden sogar ganze Autos." Winzigste Fasern oder Faserteile blieben daran hängen. Manchmal auch Haare. Oder Hautabrieb und Blutkrüstchen, für die sich dann die DNA-Experten interessierten. Und weiter: &bdquo;Jedes Stück Klebestreifen wird nur für einen kleinen Bereich benutzt und dann umgeklappt, so dass die Spuren sicher eingeschlossen sind und es zu keiner Kontamination kommen kann.“ Dann würden die Kriminaltechniker die Streifen auf DIN-A4-Blättern befestigen, den Mikrospurenbögen, beschriften und diese in das Labor geben. &bdquo;Das alles kann jedoch Wochen oder sogar Monate dauern.“ Anwalt rechnet mit Entscheidung in der kommenden Woche Wie geht es dem Tatverdächtigen in der U-Haft? Sascha Haring: &bdquo;Er ist genügsam und kommt einigermaßen mit seiner Situation dort zurecht.“ Er hoffe, dass alles bald ein gutes Ende für ihn habe. Der Strafverteidiger glaubt, dass eine Entscheidung über seine Haftbeschwerde bis Ende nächster Woche erfolgt.

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