Anzügliche Plakate in Gütersloh sorgen aktuell für Aufregung – Gag oder Sexismus?

Gütersloh. Im Gütersloher Stadtteil Friedrichsdorf schwelt und knistert es. Eine Werbekampagne der Freiwilligen Feuerwehr sorgt für mächtigen Wirbel und lässt Funken fliegen. Seit einigen Tagen hängen gelb-schwarze Plakate am Straßenrand des 1.600-Einwohner-Ortes, auf denen der örtliche Löschzug mit provokanten Sprüchen um Nachwuchs wirbt. Die Nachricht von den eindeutig zweideutigen Slogans wie &bdquo;Wir sind geil auf Einsätze“ oder &bdquo;Unsere Kettensägen sind rattenscharf“ haben sich im Dorf verbreitet wie ein Lauffeuer. Die Aktion sorgt für Aufmerksamkeit, aber auch für Zündstoff. Auf laut werdende Unmutsäußerungen hat die Stadt Gütersloh jetzt reagiert. Schon am Montag, 27. Oktober, wenige Tage nach dem Start und unmittelbar nach Bekanntwerden der Kritik der Kampagne im Gütersloher Rathaus, sind die ersten Plakate wieder abgehängt worden. Dabei ging es den Initiatoren doch &bdquo;nur“ um Aufmerksamkeit. Die aktuell 30 Mitglieder zählende Friedrichsdorfer Feuerwehr (davon acht Frauen) will Nachwuchs ran holen, denn daran mangelt es. Dafür hat sie 140 Plakat mit 14 unterschiedlichen Aussagen gedruckt – zum Teil auch mit sexuellen Anspielungen. Ein Hingucker sind sie allemal, doch an einigen Sprüchen hat sich die Feuerwehr nun ordentlich die Finger verbrannt. Eine Bürgerin beschwerte sich bei der Neuen Westfälischen, da sie Sätze wie &bdquo;Bei uns werden nur die Bäume flachgelegt“ als &bdquo;sexistisch und abstoßend“ empfände. &bdquo;Missverständliche Formulierungen“: Stadt Gütersloh lässt einige Plakate entfernen Auf Nachfrage bei der Stadt Gütersloh erklärt mit Carsten Schlepphorst der Beigeordnete für den Bereich Feuerwehr: &bdquo;Die Plakataktion sollte auf den wichtigen Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr aufmerksam machen und vor allem einen Beitrag zur Nachwuchsgewinnung leisten. Dabei wurde mit viel Engagement und Kreativität gearbeitet – an einzelnen Stellen ist die Umsetzung jedoch über das Ziel hinausgegangen.“ Die Stadt Gütersloh stehe als Arbeitgeberin für Offenheit, Toleranz und gegenseitigen Respekt, erklärt der Dezernent weiter. Diese Werte würden das tägliche Miteinander prägen und die Grundlage für die Arbeit in allen Bereichen bilden – auch in der Freiwilligen Feuerwehr. &bdquo;Die in einzelnen Plakatmotiven gewählten Formulierungen geben dieses Werteverständnis nicht wieder“, so Schlepphorst. Deshalb sei in Abstimmung mit der Stadt vereinbart worden, die Motive mit missverständlichen Formulierungen zu entfernen und die neutralen Plakate beizubehalten. So bleibe die positive Grundidee der Kampagne erhalten. Das große Engagement der Freiwilligen Feuerwehr, &bdquo;auch bei der Suche nach neuen Mitgliedern“, werde sehr geschätzt, betont Schlepphorst. Wichtig sei dabei aber, dass die Ansprache &bdquo;vor allem in einer respektvollen Form“ fortgesetzt werde. Lesen Sie auch: Kohlenmonoxid-Alarm: Tödliche Gefahr beschäftigt die Gütersloher Einsatzkräfte Ein Brandinspektor erklärt, was die Absicht hinter der Kampagne ist &bdquo;Wir wollten mit unserer Aktion garantiert niemanden vor den Kopf stoßen“, betont Malte Ebbing (29). Der stellvertretende Löschzugführer der Friedrichsdorfer Feuerwehr versichert: &bdquo;Unser Ziel war es allein, ins Gespräch zu kommen, im Dorf wieder sichtbarer zu werden und das Interesse zu wecken.“ Tatsächlich sei man mit konventioneller Mitgliederwerbung nicht vorwärts gekommen. Weder ein Tag der offenen Tür, noch die Anwesenheit bei Veranstaltungen wie Dorf- und Maibaumfest oder Weihnachtsmarkt hätten sich bezahlt gemacht, so der Brandinspektor. Um Beachtung und Unterstützung zu bekommen, so Malte Ebbing, habe man sich bewusst für den Weg der Kontroverse entschieden. Dass Slogans wie &bdquo;Bei uns sind nur die Schläuche klitschnass“ von den einen als Gag, von anderen eher als geschmacklos empfunden werden, dessen sei man sich im Vorfeld bewusst gewesen. &bdquo;Uns war klar, dass wir uns damit in einem Graubereich bewegen.“ Die zum Teil schlüpfrige Kampagne ist von einem Team der ehrenamtlichen Friedrichsdorfer Feuerwehr beschlossen und umgesetzt worden. Teil einer großen Werbeoffensive mit Briefen und Probealarm &bdquo;Die Idee stammt aber gar nicht zu 100 Prozent von uns. Wir haben sie uns bei einer anderen Feuerwehr abgeschaut, die damit Erfolge hatte“, erläutert der stellvertretende Friedrichsdorfer Löschzugführer. Obendrein seien die provokanten Plakate auch Teil einer groß angelegten Werbeoffensive. Parallel tritt die Friedrichsdorfer Wehr auch mit Briefen an potenzielle neue Kräfte heran und veranstaltet zwei &bdquo;Probealarme“ am 10. November (19.30 Uhr) und 15. November (11 Uhr) im Gerätehaus am Feuerwehrweg 4. Dem stellvertretenden Löschzugführer ist es wichtig, noch einmal klarzustellen: &bdquo;Wir sind null sexistisch, sondern weltoffen und sehr divers. Wir haben viele Frauen in unseren Reihen und machen Feuerwehr für alle.“ Die Friedrichsdorfer Bürger sehen die heiße Werbekampagne mit gemischten Gefühlen. Das ergibt ein Stimmungsbild auf dem Parkplatz des örtlichen Verbrauchermarktes. Für Peter Püster (74) trifft die Aktion den Kern nicht gut. &bdquo;Es ist Mode geworden, Dinge mit gängigen Themen wie Essen, Trinken oder Sex zu verknüpfen. Doch man sollte mehr bei der Sache bleiben und vor allem an die Solidarität appellieren.“ &bdquo;Es gibt Schlimmeres“: Das halten die Bürger von den provokanten Plakaten Zu anzüglich oder frauenverachtend? Diese Aspekte beschäftigen Elisabeth Wittig (77) bei den Plakaten nicht: &bdquo;Es stört mich nicht, es gibt deutlich Schlimmeres auf der Welt.“ Eine Dame schüttelt derweil mit dem Kopf und spricht von Sexismus, sie will anonym bleiben. Anja Möller (58) steht dagegen offen zu ihrer Meinung. &bdquo;Ich finde die Plakataktion der Feuerwehr echt gut. Das ist eine witzige Idee. Sie ist ein bisschen provokant, aber dadurch auch auffällig. Es regt zum Nachdenken an und erweckt vielleicht so auch wirklich das Interesse.“ Sonja Stickling fehlen die Zusammenhänge. Dass es sich um eine Mitgliederwerbung der Feuerwehr handele, sei aufgrund des Kleingedruckten kaum erkennbar. Für Maria Aydin (42) ist das Ganze &bdquo;ein schwieriges Thema“ und Gary Hendry (48) glaubt nicht an einen Erfolg: &bdquo;Das ist der falsche Weg.“ Noch haben die Mitglieder vom Löschzug Friedrichsdorf zwar keine neuen jungen Leute gefunden, die mitmachen wollen, aber ihre Botschaft sollte nun klar geworden sein: Die Feuerwehr braucht mehr Unterstützung.

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