Ärger um Verbot für Rentner-Rikschas in Gütersloh: „Ordnungsamt statuiert ein Exempel“

Gütersloh. Der Seniorenbeirat zeigt sich im Falle des Verbots der Seniorenrikschas in der Fußgängerzone erstaunt über die Verwaltungsmeinung. Diese hatte keinen Spielraum erkennen lassen, den Rikschas für einen 200 Meter langen Teilabschnitt zwischen dem Café Fritzenkötter und der Kökerstraße eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen und sie mit Rad- und E-Scooter-Fahrern gleichgesetzt. Jürgen Jentsch, Vorsitzender des Seniorenbeirats, spricht in einer Mitteilung von einer &bdquo;Lachnummer in Gütersloh“ und meint weiter: &bdquo;Da möchten Ältere und Gebrechliche durch ihre Fußgängerzonen gefahren werden, doch die Stadt ist dagegen. Warum eigentlich? Denn die Straßenverkehrsordnung spricht von Fahrrädern und das sind nun mal zwei statt drei oder vier Räder wie bei einer Rikscha. Die einen jagen durch die Stadt, die anderen fahren Schritttempo und nehmen so Rücksicht auf die Fußgänger.“ In der Mitteilung kündigt Jentsch an, dass der Seniorenbeirat einen entsprechenden Antrag an den Rat stellen werde. &bdquo;Da wird die Bevölkerung dann kurz vor den Wahlen erkennen, wer wo steht.“ Jentsch abschließend: &bdquo;Rücksicht und Hilfe für die betroffenen jungen und alten behinderten Menschen sieht anders aus.“ Auch unsere Leser hat das Thema Senioren-Rikaschas offensichtlich bewegt. In etlichen Zuschriften schildern sie, wie sie zu der Angelegenheit stehen. Eine Auswahl veröffentlichen wir an dieser Stelle im Wortlaut. Jens P. Wohlfeil (Gütersloh): &bdquo;Hat das Ordnungsamt nichts Besseres zu tun?“ Man stelle sich vor, ein Polizeibeamter käme auf die schwachsinnige Idee, bei den Gastronomen die Farbe der Markisen und Sonnenschirme sowie die Zahl der Tische in der Außengastronomie zu kontrollieren! Da fragt sich der Bürger: &bdquo;Hat der nichts Besseres/Anderes zu tun?“ Insoweit halte ich die zurzeit mit dem städtischen Ordnungsamt geführte Diskussion für überflüssig, da es was die Kontrolle des fließenden Verkehrs anbelangt, nicht zuständig ist. Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes sollte sich einmal fragen, was er denn getan hätte, wenn der Rikscha-Fahrer ihn einfach ignoriert hätte und weitergefahren wäre. Dann wäre es nämlich wirklich interessant geworden Der Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes täte gut daran, die Kontrolle des fließenden Verkehrs der Polizei zu überlassen, in der Hoffnung das die zuständigen Beamten mit mehr Augenmaß im Rahmen ihres Ermessens handeln. Wenn das Ordnungsamt ausführt, es habe in dem Fall keinen Ermessensspielraum, so könnte man den Blick auf § 24 StVO richten und überlegen, ob die Rikschas nicht einem dort genannten Fortbewegungsmittel gleichzustellen sind und insoweit eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden könnte. Lesen Sie auch: Ärger um Fahrverbot in Güterslohs Innenstadt: Rentner-Rikschas brauchen Sonderstatus! Als Bürger dieser Stadt mit Blick auf die wirklichen Probleme im innerstädtischen Raum, frage ich mich langsam: Hat das Ordnungsamt nichts Besseres zu tun? Harald Holzhauer, Gütersloh: &bdquo;Schneller wie ein Rollstuhl fährt die Rikscha auch nicht“ Dass die &bdquo;Herrschaften“ im Rathaus genau so reagieren würden, war doch eigentlich klar. Aber wenn, dann sollte man das mit dem Erbsenzählen doch bitte richtig anfangen. Denn was ist mit den Rollstuhlfahrern, die fahren doch auch oder gibt es einen Unterschied zwischen vorbeirollen und vorbeifahren? Und viel schneller wie ein Rollstuhl fährt die Rikscha auch nicht. Aber mal im Ernst: Allem Anschein nach wissen die Entscheidungsträger im Rathaus nicht, welche Beschilderung an den Zugängen der Fußgängerzonen in Gütersloh angebracht ist. Ich glaube, viele Bewohner dieser Stadt werden gespannt auf die Antwort warten. Wenn man nämlich die Beschilderung der Fußgängerzone Berliner Straße und der Fußgängerzone Kolbeplatz vergleicht, fällt sofort auf, dass das Befahren des Kolbeplatzes mit Fahrrädern &bdquo;in Schrittgeschwindigkeit“ erlaubt ist und das Befahren der Berliner Straße nicht. Das heißt: Die Rikscha darf auf in der Berliner Straße einer ausgewiesenen Fußgängerzone fahren und auf dem Kolbeplatz einer ebenfalls ausgewiesenen Fußgängerzone nicht. Es wäre doch mal nett, wie das Rathaus diese unterschiedliche Beschilderung begründen wird, aber ich bin mir sicher, dass den Entscheidungsträgern auch in diesem Fall ein passender bürokratischer Passus einfallen wird und wenn es nur darum geht jetzt nicht das Gesicht zu verlieren. Rüdiger Kummer, Gütersloh: &bdquo;Ordnungsamt statuiert Exempel“ Seit sechs Jahren sind E-Scooter für den Straßenverkehr zugelassen. Seit dieser Zeit werden diese Zweiräder mit hoher Geschwindigkeit vorwiegend auf Gehwegen und in Fußgängerzonen bewegt – auch in Gütersloh. Die meist jugendlichen Fahrer, vielfach zu zweit und oftmals noch Kinder, missachten die StVO und gefährden so in hohem Maße die Fußgänger, denn das Befahren von Fußgängerzonen ist für E-Scooter eindeutig verboten. Die Maßnahmen gegen diese Verkehrsrowdys hielten sich in den vergangenen Jahren nachweislich in Grenzen. Da dieser Zustand für sehr viele Bürgerinnen und Bürger unerträglich wurde, kam es vermehrt zu Beschwerden. Geändert hat sich dennoch nicht viel, außer, dass das Ordnungsamt nunmehr an den seit drei Jahren in der Fußgängerzone geduldeten Senioren-Rikschas ein Exempel statuiert. Gegenüber von gehbehinderten Menschen und deren ehrenamtlichen Helfern ist es offenbar einfacher &bdquo;gesetzestreues Verhalten“ einzufordern, als gegen Jugendliche, die mit maximaler Geschwindigkeit durch die Fußgängerzone rasen. Da der Bürgermeister Matthias Trepper (SPD) die vom Ordnungsamtsleiter Norman Rosenland getroffenen Entscheidungen gegen die Senioren-Rikschas voll unterstützt, muss er sich jetzt die Frage gefallen lassen, welchen Wert seine Aussage vom Oktober 2024 als Bürgermeister-Kandidat heute noch hat: &bdquo;Mir liegen demokratisches Denken und Handeln, soziales Engagement am Herzen. Dabei ist nicht mein Parteibuch entscheidend, sondern die Menschen hier in Gütersloh stehen im Mittelpunkt.“ Das war unter anderem eine Formulierung, mit der sich Matthias Trepper vor neun Monaten &bdquo;vom allgemeinen Umfragetief der SPD &bdquo;abheben wollte, um die Bürgermeister-Wahl zu gewinnen. Eine Äußerung &bdquo;von gestern“ die nun der &bdquo;Weisheit“ weichen muss? (in Anlehnung: Konrad Adenauer – 28.08.48). Politik und Verwaltung sollten dankbar sein, dass sich so viele Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt ehrenamtlich für schwache, kranke, alte, behinderte Menschen einsetzen – am Tag, manchmal auch nachts, in ihrer Freizeit, unentgeltlich und mit viel Enthusiasmus! Lesen Sie auch: Streit um Verbot für Rentner-Rikschas in der Gütersloher Fußgängerzone Ehrenamtliche Tätigkeiten kann man gar nicht genug wertschätzen, neben ihrer großen Bedeutung für den sozialen und gesellschaftlichen Bereich verstärken sie auch demokratische Verhaltensweisen – ihnen muss man nicht noch &bdquo;von Amts wegen bürokratische Felsbrocken“ vor die Füße werfen! Rainer Timmermann, Gütersloh: &bdquo;Leider zu wenig Augenmaß“ Es ist schade, dass sich die Verwaltung und die Ämter mit solchen Lappalien die Zeit vertreiben und Ehrenamt mit Füßen treten. Hat man eigentlich bedacht, dass die Regeln aus einer Zeit kommen, als es Rikschas noch nicht gab ... Es hat sich noch niemand dadurch beeinträchtigt gefühlt, noch ist jemand gefährdet worden. Warum geht man diese an, wenn man den manchmal rücksichtslosen Radfahren nicht habhaft werden kann? Warum nennt man die Gefährte nicht einfach Fortbewegungshilfen für mobilitätseingeschränkte Mitbürger, denn Rollatoren sind ja auch erlaubt? Viele Fragen und leider zu wenig Augenmaß, statt immer an Verbote zu denken, könnte man ja auch mal ein Gebotsschild aufstellen. Hans-Josef Polfers, Gütersloh: &bdquo;Mit Verboten Macht demonstrieren“ Dem Thema einmal nüchtern und mit der Sichtweise auf einen Ermessensspielraum zu begegnen finde ich klasse! Meiner Meinung nach lässt die Entscheidung der Stadt einmal mehr den &bdquo;Deutschen Michel“ von der Leine. Für mich zeigt das einmal mehr, wie deutsche Gesetze, Durchführungsverordnungen oder Auslegungsprinzipien dem gesunden Menschenverstand ein Schnippchen schlagen können. Es gibt ja noch weitere Beispiele alleine in Gütersloh, die es mit ihren Kuriositäten auf die Titelseite der NW geschafft haben (zum Beispiel einheitliche Sonnenschirme in der Gastronomie etc.). Wohlgemerkt: Auch ich bin für Regeln. Gleichwohl sollte eine Stadtverwaltung für den Bürger da sein. Sie sollte dafür die Rahmenbedingungen schaffen, dass eine Stadt durch eine besondere Wohlfühlatmosphäre glänzt und es damit auf die Titelseite schafft. Aber mit Verboten kann ich Macht demonstrieren, vielleicht findet das eine Stadtverwaltung einfach &bdquo;geiler“, als Dienstleister und Freudeverbreiter zu sein.

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