Streit um Verbot für Rentner-Rikschas in der Gütersloher Fußgängerzone

Gütersloh. Das Gefährt soll Menschen, die alt und behindert sind oder im Rollstuhl sitzen, Mobilität und Lebensfreude zurückgeben. Seit 2022 können Gütersloher, die Schwierigkeiten haben, selbstständig Örtlichkeiten in der Stadt zu erreichen, für kostenlose Fahrten und Ausflüge die Senioren-Rikscha nutzen. Fünf dieser Fahrrad-Dreiräder des Vereins &bdquo;Gütersloh tatkräftig“ gibt es mittlerweile. Rund 20 ehrenamtliche, geschulte Fahrer steuern damit im Rahmen des Projektes &bdquo;Radeln ohne Alter“ viele Ecken im Stadtgebiet an. Doch eine Stelle im Zentrum ist für die Piloten jetzt Sperrgebiet, denn hier ist ihre Anwesenheit neuerdings unerwünscht. Es geht um knapp 200 Meter Strecke in der Gütersloher Fußgängerzone, das sich vom Rathaus bis zum Berliner Platz erstreckt. Den Teil, der die zentrale Einkaufsstraße bildet und der – gerade von einem bunten Blumenhimmel als Sommerdekoration überdacht – zum Verweilen einlädt. Das Problem: Dort, zwischen dem Café Fritzenkötter und der Kökerstraße, ist Fahrradverkehr ausschließlich mit Schrittgeschwindigkeit erlaubt – und auch nur ab 19 Uhr abends bis 11 Uhr morgens. Schilder weisen darauf hin. Doch die Rikschas sind auch tagsüber akzeptiert worden – bislang jedenfalls. &bdquo;Das Befahren der Fußgängerzone wurde stillschweigend geduldet. Wir sind hier durchgefahren und niemand hat sich daran gestört. Ganz im Gegenteil, die Mitarbeiter vom städtischen Ordnungsamt haben oft freundlich gegrüßt“, schildert Rainer Jakobi seine Erfahrungen als ehrenamtlicher Rikschafahrer. Doch in der ersten Juliwoche haben der 69-Jährige und seine Mitstreiter eine Erfahrung gemacht, die sie in Fahrt gebracht hat und aus der ein Konflikt entstanden ist, der selbst den Gütersloher Bürgermeister Matthias Trepper (SPD) beschäftigt. Kontrolleure stoppen Rikscha-Piloten und fordern Genehmigung &bdquo;Fahrer von uns wurden durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes angehalten und nach einem Genehmigungsdokument befragt. Schließlich würde es sich bei einer Rikscha rein rechtlich betrachtet um ein Rad handeln, hieß es, und somit sei das Verbot zum Befahren der Fußgängerzone zu beachten“, schildert der ehemalige Pflegedirektor des Klinikums Gütersloh die Geschehnisse. Die Rikscha-Piloten glaubten zunächst an einen Scherz. Doch weit gefehlt. Hat die Stadt Gütersloh bislang nach der Maxime &bdquo;Wo kein Kläger, da kein Richter“ gehandelt, verfährt sie nun nach dem starren Prinzip geltenden Rechts. &bdquo;Aus dem Rathaus hat man mir telefonisch mitgeteilt, dass Fahrräder, E-Scooter und Rikschas einer Gleichbehandlung unterliegen müssten“, erklärt Rainer Jakobi: &bdquo;Aber wir rasen ja nicht wie die Wilden durch die Fußgängerzone.“ Tatsächlich seien die Rikschas im Schnitt mit sechs km/h unterwegs, und auch nur zwischen April und Oktober an maximal drei Tagen pro Woche. Der Gütersloher, der auch Mitglied im Seniorenbeirat ist, hat in der Folge den Bürgermeister kontaktiert. &bdquo;Ich wollte bei Matthias Trepper auf kurzem Dienstweg eine Ausnahmegenehmigung für die Fußgängerzone erwirken.“ Eine solche Sondererlaubnis gestattet den Gütersloher Rikschas schließlich bereits die Durchfahrt des Botanischen Gartens im Stadtpark. Doch damit hat der Rikscha-Pilot ebenso wenig Erfolg wie bei einem späteren Telefonat mit Ordnungsamt-Chef Norman Rosenland. &bdquo;Er hat gesagt, Ausnahmen seien mit ihm nicht zu machen.“ Verein &bdquo;Gütersloh tatkräftig“ setzt sich für eine Sondergenehmigung ein Zwischenzeitlich hat sich auch Elke Pauly-Teismann in den Fall eingeschaltet. Sie trägt eine schwierige Doppelrolle, ist sie doch städtische Ehrenamtsbeauftragte und zugleich Geschäftsführerin von &bdquo;Gütersloh tatkräftig“. Der Verein unter dem Vorsitz der ehemaligen stellvertretenden Bürgermeisterin Monika Paskarbies (CDU) betreibt das Rikscha-Projekt. &bdquo;Frau Pauly-Teismann hat sich im Rathaus ebenfalls für die Sondergenehmigung eingesetzt“, erklärt Rainer Jakobi, &bdquo;und sie hat darauf hingewiesen, dass es für viele unserer Senioren ein Herzenswunsch ist, mal wieder die Fußgängerzone zu sehen.“ Bei der Stadt Gütersloh begrüßt man generell das Engagement der Initiative &bdquo;Radeln ohne Alter“ und sieht in dem Projekt einen wertvollen Beitrag für die Mobilität und Teilhabe älterer Menschen, erklärt Norman Rosenland, Leiter des städtischen Fachbereichs Ordnung. Zugleich sei es aber Aufgabe der Kommune, bei der Nutzung des öffentlichen Raums alle Interessen sorgsam gegeneinander abzuwägen – &bdquo;insbesondere in hoch frequentierten Bereichen wie der Berliner Straße“. Der 42-jährige Chef des Gütersloher Ordnungsamts weist noch einmal auf die geltende Verkehrsregelung hin, die auch für die Fahrrad-Rikschas gelte. Eine gesonderte Ausnahmegenehmigung für diese Fahrzeuge hätte es bislang nicht gegeben. Außerhalb der genannten Sperrzeiten – also vor 11 Uhr und nach 19 Uhr – dürften die Fortbewegungsmittel die Berliner Straße auch weiterhin in Schrittgeschwindigkeit befahren. Gütersloher Bürgermeister teilt die Auffassung seines Ordnungsamtes Bürgermeister Matthias Trepper unterstützt die Einschätzung des Fachbereichs Ordnung. Aus dessen Sicht überwiege in diesem Fall der Schutz der Fußgänger (&bdquo;den der Seniorenbeirat genau an dieser Stelle seit Jahren verteidigt“), insbesondere angesichts des vergleichsweise großen Formats und des höheren Gewichts der Rikschas. Die betroffene Strecke könne auf kurzem Weg umfahren werden, so Trepper, etwa über den Kolbeplatz und die Strengerstraße. Die Stadtverwaltung hält die damit verbundenen Einschränkungen für vertretbar. &bdquo;Es geht ja nicht darum, einen Weg zu finden“, entgegnet Rainer Jakobi, &bdquo;sondern darum, Menschen einen bestimmten Bereich zeigen zu dürfen.“ Tatsächlich würde die Fußgängerzone neben dem Stadtpark, Riegerpark und Friedhof zu den beliebtesten Zielen der Nutzer der mobilitätseingeschränkten Nutzer des Projektes zählen. In einer an ihn und Jürgen Jentsch als Vertreter des Seniorenbeirats adressierten E-Mail habe der Bürgermeister obendrein seine Bedenken ob eines großen Konfliktpotenzials geäußert, so Rainer Jakobi: &bdquo;Denn die Ordnungsamt-Mitarbeiter, so die Begründung, könnten ja schlecht Radfahrer verwarnen und uns nicht.“ Seit Mai 2022 radeln die Rikschas durch die Dalkestadt und sorgen für Teilhabe und Inklusion. Rainer Jakobi ärgert es, dass er und seine Kollegen nun nicht mehr in den &bdquo;attraktivsten Teil der Fußgängerzone“ fahren können. &bdquo;Vorerst bleiben wir fern, denn ich werde mir als Ehrenamtlicher nicht auch noch einen Strafzettel ausstellen lassen.“ Der Gütersloher betont, dass er weder dem Bürgermeister noch dem Ordnungsamt an den Karren fahren wolle. Ihm fehle aber das nötige Augenmaß und Fingerspitzengefühl.

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