Erfolgreiches Gütersloher Familienunternehmen trotzt der Wirtschaftsflaute

Gütersloh. Wirtschaftsflaute? Davon merken sie bei Zimmermann nichts. Die Gütersloher Unternehmensgruppe, spezialisiert auf das Entsorgen von Sondermüll, wächst ungebrochen in einem Tempo, das beachtlich ist. &bdquo;Durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr“, sagt Firmenchef Gerhard Zimmermann (63). In Gütersloh schlägt sich das unter anderem in zwei Neubauvorhaben nieder: die neue Zentrale an der Gottlieb-Daimler-Straße (im Bau) und der neue Standort an der Marienfelder Straße gegenüber vom Flughafen (Baustart demnächst). Erfreuliches hat Zimmermann auch in punkto Umwelt zu vermelden. Verkürzt gesagt: Die Lutter ist nicht mehr versalzen. Salz in der Lutter Der Salzgehalt in dem Flüsschen ist deutlich gesunken. Die Firma nennt zwei Gründe. Erstens: Sie nehme weniger Lagerstättenwasser an, ab April 2025 gar keines mehr. Zweitens: Ihr sei es durch ein anderes Verarbeiten des Sondermülls gelungen, die Chlorid-Fracht im Abwasser um 30 Prozent zu senken. Das Zentrallabor analysiere alle 14 Tage Proben des Lutterwassers, so die Firma. Entnommen werde an einer Messstelle unterhalb des Klärwerkes. Ergebnis: Der Mittelwert habe dieses Jahr bei 123 Milligramm pro Liter gelegen, deutlich unter dem Orientierungswert von 200 Milligramm. Zimmermann stimmt sich dabei eng mit der Bezirksregierung ab. &bdquo;Wir arbeiten Hand in Hand“, sagt Projektleiter Martin Bischop (58). Viel Tüftelei gehöre dazu, auch Geldeinsatz. Den Erfolg bewirkt nun eine bessere Dosierung von eisenhaltigen Salzsäure-Beizen. 30 Prozent weniger Chlorid, das sei ein großer Erfolg, so Bischop, gleichwohl arbeite die F&E-Abteilung (Forschung und Entwicklung) an weiteren technischen Lösungen. Beim Lagerstättenwasser, das bei der Förderung von Erdgas anfällt, sind die angelieferten Mengen gesunken. Den niedersächsischen Erdgasförderern sei es inzwischen wieder erlaubt, Wasser zurück in den Boden zu pressen. Das führt in Isselhorst dazu, dass über Kanalisation und Klärwerk weniger aufbereitetes Wasser in die Lutter gelangt. Ab April nehme sie gar kein Lagerstättenwasser mehr an, so die Firma. Pfas-Sanierung Auch hier berichtet Zimmermann von Fortschritten. Hintergrund: Eine Pfas-belastete Grundwasserfahne hatte den Kreis Gütersloh veranlasst, einigen Isselhorster Haushalten die Entnahme von Grundwasser zu verbieten; weder dürfen sie es trinken noch ihr Obst oder Gemüse damit wässern, ein Verbot, das bis 2043 gilt. Ins Grundwasser gelangt waren die Pfas-Verbindungen vermutlich durch Löschschaum, der bei Brandeinsätzen auf dem Firmengelände versickerte. Zimmermann tüftelte gemeinsam mit einem Sachverständigen-Büro an einer Lösung. Mit Erfolg: Das Grundwasser wird nun komplett von Pfas befreit. Im März 2023 nahm das Unternehmen eine Anlage in Betrieb, die täglich 168.000 Liter Grundwasser reinigt, mithin den kompletten Volumenstrom. Das Wasser durchläuft einen Vorfilter und drei Aktivkohle-Filter, am Ende dokumentieren die Messwerte, dass kein Pfas mehr drin ist. Seit Betriebsbeginn habe diese Anlage 91,5 Millionen Liter Grundwasser gefiltert. Sie holte dabei die – vergleichsweise winzige – Menge von 130 Gramm Pfas heraus, die ordnungsgemäß in einem Sondermüll-Ofen verbrannt wurden. Pro Jahr koste der Betrieb dieser Anlage 130.000 Euro. Wie lange sie noch laufen müsse, lasse sich kaum prognostizieren, so Gerhard Zimmermann. Gleiches gelte für die Frage, ob der Kreis somit nun das Entnahme-Verbot für die Haushalte aufheben könne. &bdquo;Das haben die Behörden zu entscheiden.“ Neuer Standort Zimmermann hat in dem Gewerbegebiet gegenüber vom Flughafen ein 2,4-Hektar-Grundstück gekauft. Der Kaufpreis betrug rund zwei Millionen Euro, sagt David Zimmermann (34). Jetzt laufe die Detailplanung. Zwei Firmentöchter werden das Grundstück beziehen: die Zimmermann Transport- und Chemiehandels GmbH & Co. KG sowie die Zimmermann Industrieservice GmbH & Co. KG. Baustart werde Mitte/Ende nächsten Jahres sein, Umzug 2026. Inklusive Grundstück investiere man sieben Millionen Euro. Kurzfristig würden rund 90 Mitarbeiter am neuen Standort arbeiten, langfristig bis zu 200. Die Transport-Tochter kümmert sich in erster Linie um den Fuhrpark. Der ist groß, weil Zimmermann 90 Prozent der Abfälle selbst transportiert. Allein in Gütersloh seien 60 Lkw-Fahrer unterwegs, hieß es. Am Hauptsitz Gottlieb-Daimler-Straße werde es mit all den Mulden und Fahrzeugen langsam eng, der neue Standort soll entlasten, außerdem dürfen sich die Mechaniker dort auf eine moderne Werkstatt freuen. Sehr dynamisch wachsend ist die Industrie-Service-Tochter. Sie kümmert sich um Aufgaben, die De-Industrialisierung und Havarien aufwerfen; unlängst etwa machte sie nach dem Großbrand des Westfalen-Blattes in Bielefeld sauber. Am neuen Standort wird der Industrieservice mehrere Werk- und Lagerhallen bekommen, außerdem Büros und Nebenräume. 52 Mitarbeiter arbeiten aktuell für diese Tochter, schon bald, so David Zimmermann, könnten es doppelt so viele sein. Neue Hauptverwaltung Der Bau der neuen Zentrale liegt im Zeitplan. Der Rohbau steht, aktuell läuft der Innenausbau. Auch hier investiert Zimmermann sieben Millionen Euro. Die Prüflabore werden im April die ersten sein, die umziehen, bis Juni folgen die Büros. Verteilt auf drei Etagen entstehen 113 Büroarbeitsplätze. Der jetzige Verwaltungssitz wird abgerissen, weicht Parkplätzen und Ladesäulen. Firmenwachstum 1962 gegründet, beschäftigt Zimmermann an neun Standorten mit zwölf Behandlungsanlagen mittlerweile mehr als 600 Menschen, davon 250 in Gütersloh. Probleme mit der Personalakquise habe man keine - der gute Ruf als Familienunternehmen mache sich bezahlt, sagt David Zimmermann. 35 Azubis lernen dort, seit zwei Jahren bietet Zimmermann auch ein Duales Studium an. Der Umsatz liege dieses Jahr bei 145 Millionen Euro, 24 mehr als im Vorjahr. Signifikant investiert werde nicht nur in Gütersloh, sondern auch in Liebenau (neue Verwaltung), Ladeburg (Lager und Verwaltung), Bitterfeld (zweite Tankreinigungsanlage, Zimmermann hat dort ein weiteres, 33 Hektar großes Grundstück gekauft) und im Hafen von Rostock (chemisch-physikalische Anlage). &bdquo;Wir sind permanent zugange“, sagt Gerhard Zimmermann, das gehe gar nicht anders. Abfallarten und die Vorgaben, wie damit umzugehen ist, änderten sich fortlaufend.

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