Unternehmen verschwindet aus Gütersloh: „Man will uns aus der Stadt verdrängen“

Gütersloh. Seit mehr als fünf Jahren rollen in Gütersloh Elektro-Roller zum Leihen durch den Verkehr. Doch nun hat es sich ausgerollt, denn schon in wenigen Wochen werden die E-Scooter aus dem Straßenbild der Dalkestadt verschwunden sein. Die Anbieterfirma Dott (vormals Tier) zieht sich komplett aus Gütersloh zurück. &bdquo;Wir werden unsere Fahrzeuge bis zum Jahresende aus der Stadt abziehen“, bestätigte Dott-Regionalmanager Johannes Knippenberg am Dienstag, 10. Dezember, gegenüber der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Dieser Schritt ist die Reaktion auf die Einführung einer Gebühr, die die Gütersloher Stadtverwaltung ab dem 1. Januar 2025 von Verleihfirmen verlangt. Das Theater um die Elektro-Roller läuft seit Monaten: Aktuell hatte der Hauptausschuss der Stadt Gütersloh am Montag, 9. Dezember, die Erhebung der monatlichen Gebühr von 25 Euro pro Roller beschlossen. Unternehmen müsste jährlich 75.000 Euro an die Stadt zahlen Bei einer zukünftigen Jahresgebühr von 300 Euro müsste das niederländisch-französische Unternehmen bei seiner derzeitigen Flottenstärke in Gütersloh somit 75.000 Euro jährlich an die Stadt zahlen. &bdquo;Das ist astronomisch und untragbar“, erklärt Knippenberg, der bei Dott für den Bereich Westdeutschland zuständig ist. &bdquo;Wir können und wollen unter diesen Voraussetzungen den Betrieb in Gütersloh nicht aufrechterhalten. Aktuell sind es gut 250 E-Scooter, die Dott nach eigenen Angaben in Gütersloh anbietet. Bislang konnten das Unternehmen und Vorgänger Tier die Fahrzeuge dort kostenlos auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen platzieren. Doch nun ändert die Stadt Gütersloh nach zehn Jahren ihre Sondernutzungs-Satzung und passt in dem Zuge die &bdquo;überholungsbedürftigen“ Gebühren an. Lesen Sie auch: Umstrittene E-Scooter in Gütersloh endgültig vor dem Aus? Das ändert sich in Kürze Dabei schlägt sie nach Ansicht des 39-jährigen Mobilitätsexperten deutlich über die Stränge: &bdquo;Mit der Sondernutzungsgebühr von 300 Euro pro Jahr ist Gütersloh alleiniger Rekordhalter in Deutschland. Das ist so viel Geld, das kann man mit einem Roller nicht einfach wieder rein holen.“ Angebot sei politisch nicht gewollt, moniert der Manager Mit 130 Euro pro Jahr und Fahrzeug veranschlagt bislang bundesweit die Stadt Köln die höchste Gebühr. &bdquo;Alle in Köln aktiven Anbieter haben die Stadt daraufhin verklagt, weil die Gebührenhöhe krass unverhältnismäßig ist“, schildert Johannes Knippenberg. Gütersloh liegt mit der Einführung seines Tarifs, über die letztlich noch der Stadtrat in seiner Sitzung am 19. Dezember endgültig entscheiden muss, mehr als doppelt so hoch. Für den Regionalmanager ist dies ein eindeutiges Zeichen: &bdquo;Das zeigt uns deutlich, dass das Angebot in der Stadt politisch nicht gewollt ist. Man will uns aus der Stadt verdrängen.“ In den zurückliegenden Wochen und Monaten habe man immer wieder telefonisch und schriftlich Kontakt zur Stadt Gütersloh und der Politik gesucht. &bdquo;Noch in der vergangenen Woche wollte ich mit einer Ratsfraktion sprechen. Doch alle Gesprächsangebote wurden fraktionsübergreifend ausgeschlagen oder ignoriert“, so Knippenberg, &bdquo;auch wenn sich dem Vernehmen nach gerade viele jüngere Ratsmitglieder einen anderen Ausgang gewünscht hätten.“ Doch 25 Euro Monatsgebühr pro E-Scooter - das sei finanziell einfach nicht darstellbar. Gütersloh liegt im Tarif-Ranking unangefochten vorne In einem Tarif-Ranking liegt die Stadt Gütersloh im Vergleich mit anderen Städten bei der Jahresgebühr pro Fahrzeug mit 300 Euro tatsächlich unangefochten auf Platz eins. Das zeigt auch der Blick auf die aktuellen Tarife in Nachbarstädten wie Bielefeld (40 Euro) oder Paderborn (45,60 Euro) sowie Minden (30 Euro), Osnabrück (24 Euro) und Münster (50 Euro). In anderen Städten in Ostwestfalen-Lippe wird das Angebot aus Sicht von Johannes Knippenberg sinnvoll reguliert. &bdquo;In Bielefeld sind beispielsweise erste E-Scooter-Stellplätze im Stadtteil Gadderbaum/Bethel entstanden, weitere sollen folgen.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Ich habe Angst“: Ärger über rücksichtslose E-Scooter- und Radfahrer im Kreis Gütersloh Die Stadt Paderborn habe ganz aktuell Flächen im Innenstadtbereich für Mikromobilitätsangebote freigegeben. Der Dott-Regionalmanager ist der festen Überzeugung: &bdquo;So lässt sich das Angebot steuern und für die eigenen mobilitäts-politischen Ziele nutzbar machen, anstelle es einfach abzuwürgen.“ Personalien der Fahrzeugnutzer sollen künftig erfasst werden In Gütersloh wird neben der Gebühr ab dem 1. Januar 2025 auf Anbieter von Leih-E-Scootern noch eine weitere Änderung zukommen: Demnach sollen Verleihfirmen künftig dazu verpflichtet werden, die konkreten Personalien der jeweiligen Nutzer des Fahrzeugs zu erfassen, um Ordnungswidrigkeiten besser nachverfolgen zu können. Vorbild ist ein entsprechendes Gerichtsurteil aus Gelsenkirchen, dessen Bestimmung in Gütersloh übernommen werden soll. &bdquo;Diese Regelung schafft keinerlei Mehrwert, nimmt dem Angebot aber den niederschwelligen Charakter, darum lehnen wir das ab“, legt Johannes Knippenberg seinen Standpunkt dar. Man hätte in Gütersloh das Gerichtsverfahren in Gelsenkirchen abwarten können, um sich am Ergebnis zu orientieren, so der 39-Jährige. &bdquo;Letztlich fällt das aber nicht ins Gewicht, weil die Gebührenhöhe für sich genommen bereits untragbar ist.“ Die Stadt Gütersloh orientiert sich bei ihrer Gebührenbemessung auch an einer Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW in Münster, nach der neben einer Tarifstelle, die 2,50 Euro pro Quadratmeter beanspruchter Fläche am Tag vorsieht, auch andere Kriterien zulässig sind. E-Scooter seien &bdquo;Spaßfahrzeuge“ heißt es in einer Beschlussvorlage So fließe der Fakt ein, dass E-Scooter nachweislich nicht zur Mobilitätswende beitragen, heißt es in der Beschlussvorlage, sondern als reine &bdquo;Spaßfahrzeuge“ zu verstehen sind. &bdquo;Eine spürbare Entlastung im motorisierten Individualverkehr findet gerade nicht statt.“ Lesen Sie auch: Unfall im Kreis Gütersloh: E-Scooter-Fahrerin schwer verletzt - Hubschrauber gelandet Ferner müsse bedacht werden, dass das Geschäftsmodell mit Leih-E-Scootern ausschließlich auf öffentlichen Flächen stattfände und explizit keine (angemieteten) Ladenlokale oder Ähnliches gebraucht würden. Demnach sei der wirtschaftliche Nutzen sehr beachtlich. Auch der Wildwuchs, wahllose und oft nicht ordnungsgemäß abgestellte Roller im öffentlichen Raum, soll über die Gebühr gesteuert werden. Rechtliche Schritte plant das Unternehmen derzeit nicht Johannes Knippenberg ist überzeugt, dass die 300 Euro Sondernutzungsgebühr der Stadt Gütersloh einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. Laut dem Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz (FaNaG) dürfe die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen durch kommunale Satzungen nicht so eingeschränkt werden, dass ihr Angebot dadurch verhindert wird. &bdquo;Rechtliche Schritte sind von unserer Seite aber derzeit nicht geplant.“ Stattdessen würden die Gütersloher Bürger ohne Not ein umweltfreundliches Verkehrsmittel verlieren, das sich großer Beliebtheit erfreut hat.

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