Gütersloh. Auch die Procast Guss GmbH ist von der schwächelnden Konjunktur betroffen. Das international tätige Gießereiunternehmen hat deshalb einen Restrukturierungsprozess gestartet. Damit passe das Unternehmen seine Strukturen den aktuellen Anforderungen des Marktes und seiner Kunden an, wie es in einer Mitteilung heißt.
Betroffen sind von den Restrukturierungsmaßnahmen zwei der vier Produktionsstandorte – nämlich Gütersloh mit 145 Mitarbeitern und Nortorf in Schleswig-Holstein (80 Mitarbeiter). Die Produktionsstandorte in Kiel und dem spanischen Abadiño bleiben davon unberührt.
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Für die Neuaufstellung nutzt Procast nach eigener Aussage die rechtlichen Möglichkeiten eines Eigenverwaltungsverfahrens. „Aus Sicht unserer Kunden ist Deutschland mit seinen hohen Energiekosten für Gießereien zunehmend ein Risikostandort“, betont Geschäftsführer Patrick G. Weber.
Löhne und Gehälter der 225 Beschäftigten sind gesichert
„Wir wollen unsere Marktposition als führende europäische Kundengießerei weiter ausbauen. Dazu müssen wir unsere Kapazitäten in Deutschland an die Anforderungen und die Abrufzahlen unserer Kunden anpassen. Das jetzt eingeleitete Eigenverwaltungsverfahren bietet uns dafür die nötigen Möglichkeiten und Instrumente.“
Die Geschäftsführung der Procast Guss GmbH habe daher diese Woche beim Amtsgericht Bielefeld einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Gericht habe dem Antrag zugestimmt und ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren angeordnet.
Der Geschäftsbetrieb werde vollumfänglich an beiden Produktionsstandorten der Gesellschaft in Gütersloh und Nortorf fortgeführt, das heißt Aufträge werden ganz normal gefertigt und ausgeliefert. Die Löhne und Gehälter der rund 225 betroffenen Beschäftigten seien gesichert. Auch Rechnungen würden im Einklang mit den geltenden Vorschriften der Eigenverwaltung weiter bezahlt.
Erfahrener Restrukturierungsexperte wird zum Geschäftsführer
Das Eigenverwaltungsverfahren bietet Unternehmen einen rechtlichen Rahmen, um notwendige Restrukturierungsmaßnahmen bei laufendem Geschäftsbetrieb schnell und wirksam umzusetzen. Die Geschäftsführung bleibt dabei im Amt und steuert die Restrukturierung selbst.
Dabei kann sie auf eine Reihe von Instrumenten zurückgreifen, die außerhalb eines solchen Verfahrens nicht zur Verfügung stehen. So können etwa Verträge leichter gekündigt und notwendige Restrukturierungsmaßnahmen besonders schnell und effektiv umgesetzt werden.
Das Verfahren steht nur Unternehmen offen, die ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten frühzeitig angehen und bei denen genügend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. Beides sei bei der Procast Guss GmbH der Fall. Für die Dauer der Restrukturierung hat das Unternehmen den erfahrenen Restrukturierungsexperten Patrick G. Weber als Geschäftsführer (CRO) eingesetzt.
Procast Gruppe sieht sich selbst breit und solide aufgestellt
Er wird die Umsetzung der Neuaufstellung zusammen mit dem Generalbevollmächtigten, dem Hamburger Rechtsanwalt Andreas Romey aus der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte, steuern. Der bisherige Geschäftsführer Graziano Sammati konzentriert sich auf seine Rolle in dem Schwesterunternehmen in Spanien und dort vor allem auf den weiteren Hochlauf der Produktion.
Als vorläufigen Sachwalter, der die Restrukturierung im Interesse der Gläubiger überwacht, hat das Gericht Marcel Streeck von der Kanzlei Münzel & Böhm eingesetzt. Bereits vor längerer Zeit hatte das Unternehmen die Stilllegung seines Standorts in Bad Saulgau beschlossen. Diese befindet sich in Umsetzung und wird zum Jahresende abgeschlossen sein.
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Anders als viele Wettbewerber sieht sich die Procast Gruppe mit ihren vier Produktionsstandorten in Gütersloh, Nortorf, Kiel und im nordspanischen Abadiño insgesamt breit und solide aufgestellt.
Standort Gütersloh sei durch hohe Kostenstruktur belastet
Allerdings leide die Unternehmensgruppe, wie die gesamte deutsche Gießereibranche, unter den hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur in Deutschland, heißt es in der Mitteilung. Und weiter: „Vor allem der Standort Gütersloh ist durch seine hohe Kostenstruktur besonders belastet.“
Der Gesellschafter der Procast Gruppe, Private Assets, unterstützt die Restrukturierung. „Wir glauben weiter an das Gießereigeschäft, und wir glauben vor allem auch weiterhin an unsere europäische Gießereigruppe“, sagte Sven Dübbers, CEO der Private Assets AG.
„Nachdem wir durch den Zukauf des Standorts Spanien und Investitionen in die Standorte das Unternehmen breiter aufgestellt und modernisiert haben, gehen wir jetzt mit Entschlossenheit die Kostenstruktur in Deutschland an“, so Dübbers. „Damit stellen wir das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig auf und sichern vor allem auch Produktion in Deutschland.“
2020 wurde ein besonderer Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen vereinbart, der Ende dieses Jahres ausläuft.