
Gütersloh. Nach Angaben der Stadt verfügen aktuell 93.6 Prozent der Haushalte im Stadtgebiet über einen Breitbandanschluss mit mindestens 50 Mbit/s. Rund 42 Prozent der Haushalte haben Zugang zu einem Glasfaseranschluss, der bis in die eigenen vier Wände reicht. Und dennoch gibt es Flecken im Stadtgebiet, die in Sachen Internetverfügbarkeit immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist. Für die Benachteiligten sorgt das für reichlich Frust, wie ein Fall aus Niehorst zeigt.
Auf den ersten Blick ist die Breitbandsituation im Ortsteil Niehorst recht gut. Erst kürzlich hat die BITel gemeinsam mit den Stadtwerken und der Netzgesellschaft Gütersloh den Ortskern des Ortsteils (rund um den Ellernhagen) Glasfaser verlegt. Biegt man allerdings vom Ellernhagen auf die Münsterlandstraße ab, ist die gute Breitbandanbindung passé. Laut dem Breitbandatlas der Bundesnetzagentur schrumpft die Breitbandleistung hier binnen weniger 100 Meter von 1.000 Mbit/s auf unter 30 Mbit/s.
Zur Einordnung: Die Maßeinheit Megabit pro Sekunde (Mbit/s) dient als Indikator für die Übertragungsgeschwindigkeit eines Netzwerkes, indem sie die Anzahl der Millionen Bits, die theoretisch jede Sekunde übermittelt werden können, angibt. Diese Geschwindigkeitsangabe ist ein Kriterium für die Schnelligkeit der Internetverbindung: Ein höherer Wert in Mbit/s bedeutet, dass mehr Daten gleichzeitig herunter- oder hochgeladen werden können.
Hochladen geringer Datenmengen braucht Stunden
Der Begriff „Mbit/s down“ bezieht sich speziell auf die Geschwindigkeit des Datenempfangs, also den Download. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox weist Deutschland eine durchschnittliche Download-Geschwindigkeit von rund 90 Mbit/s auf. Auf globaler Ebene positioniert sich Deutschland damit auf Rang 51 von insgesamt 178 verglichenen Ländern.
Das stößt Ralf Schrewe, der auf einem Hof leicht außerhalb von Niehorst wohnt sauer auf. „Bei dem Ausbau auf dem Ellernhagen haben die Höfe, die etwas weiter weg lagen, natürlich wieder in die Röhre geschaut“, sagt er. Seine Leitung gebe an guten Tagen maximal 6 Mbit/s her. Das Nutzen von digitalen Diensten sei mit dieser Bandbreite nur sehr eingeschränkt möglich, fügt er hinzu. „Wir sind ja schon froh darüber, dass wir einen DSL-Anschluss haben“, betont Schrewe.
Einer Videoschalte beizuwohnen, während jemand anderes im Haushalt einen Film in angemessener Auflösung streamt, ist mit dieser Leitung kaum möglich. Aber nicht nur eine „Doppelbelastung“, sondern auch das simple hochladen von geringen Datenmengen wird zu einem Problem, da die Hochladekapazität von Schrewes Leitung maximal 0,6 Mbit/s hergebe.
„Bis sich bei uns was tut, sind wir alle alt und grau“
„Für einen Upload vom 500 Megabyte brauche ich manchmal gut drei Stunden“, berichtet er. Anstatt also einem Freund in Hamburg 500 Megabyte an Daten per Internet zuzusenden, könnte er sich genauso gut mit einem USB-Stick in sein Auto setzen und die Daten persönlich vorbeibringen. Solange er nicht in einen Stau gerät, läuft der Transfer gleich schnell ab.
Die Hoffnung, dass in naher Zukunft sich was in Sachen Breitbandausbau in seiner Umgebung tut, hat er fast schon aufgegeben. „Bis sich bei uns was tut, sind wir alle alt und grau“, sagt er. Er könne natürlich verstehen, dass die dünn besiedelten Gebiete recht teuer im Ausbau seien. Dennoch gebe es ja diverse Alternativen, wie 5-G-Router oder Starlink-Terminals, um betroffenen Haushalten auszuhelfen, so Schrewe.
Etwaige Alternativ-Lösungen stehen bei der Stadt aktuell nicht auf dem Plan. Zumindest gab es dazu auf Nachfrage keine Antwort. Was die Stadt jedoch bestätigen kann, ist, dass für den Netzausbau in „unterversorgten Stadtgebieten“, die ohne die Inanspruchnahme von Fördermitteln eigenwirtschaftlich nicht erschlossen werden können, entsprechende Fördermittel bereitgestellt wurden.

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Was sagt die Stadt Gütersloh?
Laut Carsten Schlepphorst, Beigeordneter der Stadt für die Bereiche IT, Personal, Digitalisierung und Feuerwehr, befindet sich die Stadt gerade in der Netzplanungsphase. „Aus diesem Planungsschritt wird sich ableiten lassen, wie die Netzanbindung der unterversorgten Stadtgebiete, auch unter fiskalischen Gesichtspunkten, erfolgen kann“, erklärt der Beigeordnete. Demnach wird sich Ralf Schrewe und seine Leidensgenossen noch etwas gedulden müssen.