Ungenutzter Platz im Kreis Gütersloh: 12.000 Menschen könnten sofort Wohnungen finden

Kreis Gütersloh. 12.203. So viele Personen könnten auf einen Schlag im Kreis Gütersloh Wohnraum finden – genug ungenutzter Platz ist vorhanden. Zum Vergleich: Das wäre die komplette Einwohnerzahl einer großen deutschen Kleinstadt. Die besagte Wohnfläche findet sich ohne Ausnahme in den Wohnungen von Gütersloher Seniorinnen und Senioren: Im kompletten Kreisgebiet leben im Durchschnitt 52,7 Prozent der über 65-Jährigen auf ungenutzter Wohnfläche – in vielen Fällen ungewollt. Ist der Wohnraum im Kreis Gütersloh also ungerecht verteilt? Sozial schwache Menschen in Gütersloh besonders betroffen Die Ergebnisse des aktuellen Zensus der Bundesregierung belegen diesen kuriosen Zustand. Jahr für Jahr wird es im Kreis Gütersloh immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Gleichzeitig nimmt die Pro-Kopf-Wohnfläche in ganz Deutschland kontinuierlich zu. Die Datenauswertung zeigt, dass Senioren im Schnitt auf knapp 20 Quadratmetern mehr als der Durchschnittsbürger leben. Alleine im Stadtgebiet Gütersloh leben 45,2 Prozent der Menschen ab 65 Jahren in zu großen Wohnungen, also auf mehr als 89 Quadratmetern für eine, sowie auf mehr als 120 Quadratmetern für zwei Personen. Das Paradoxe: Viele der Seniorinnen und Senioren möchten eigentlich lieber in kleinere Wohnungen ziehen, es gibt für sie aber häufig keine reelle Möglichkeit. Wenn diese Situation eintrifft, sprechen Expertinnen und Experten vom sogenanntem &bdquo;Lock-In-Effekt“. Die Stadt Gütersloh sieht die Problematik: &bdquo;Das ist ja kein neuer Effekt. Das Thema gibt es schon über 20 Jahre und es ist kein singuläres Gütersloher Problem“, sagt Albrecht Pförtner, Dezernent für Bauen, Mobilität und Umwelt der Stadt Gütersloh. Unter dem Wohnungsnotstand leiden besonders sozial schwächer gestellte Menschen, Studierende und Auszubildende, Familienkonstellationen mit Kindern, Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen – aber auch Seniorinnen und Senioren. Lesen Sie auch: Bedarfsanalyse: Gütersloh braucht mindestens 5.000 neue Wohnungen .responsive23-EcXsySNyVbuVDLd4-extrudemap-kreis-guetersloh { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-EcXsySNyVbuVDLd4-extrudemap-kreis-guetersloh { padding-top: 76.92%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-EcXsySNyVbuVDLd4-extrudemap-kreis-guetersloh { padding-top: 100%; } } &bdquo;Wer hohe Mieten bezahlen kann, findet in Gütersloh ein gutes Angebot“ Das Phänomen stammt aus der Wirtschaft und beschreibt eigentlich die Situation, wenn Kundinnen und Kunden so stark an ein Produkt gebunden sind, dass es für sie sehr schwer ist, eine Alternative zu nutzen. Übertragen auf die Wohnraumsituation meint das Phänomen, dass Personen mangels Alternativen fast gezwungen sind, in ihrem Wohn- und Lebensumfeld zu bleiben. Oft sogar dann, wenn dieses eigentlich nicht mehr zu ihrer Lebenssituation passt – beispielsweise weil ihre Kinder ausgezogen sind. Hauptgrund für den &bdquo;Lock-In-Effekt“ ist der immense Mangel an preisgünstigem und gut erreichbarem Wohnraum. Nahezu alle Kommunen in Deutschland seien betroffen: &bdquo;Wer hohe Mieten bezahlen kann, findet in Gütersloh ein gutes Angebot. Alle anderen haben es derzeit nicht leicht“, so Pförtner. Besonders Alleinerziehende und große Familien hätten es schwer: &bdquo;Es kommen zu wenig neue Wohnungen auf den Markt, die dann neue Umzugsketten auslösen“, resümiert der Dezernent. Lesen Sie auch: Wohnen wird teuer: Vielen Güterslohern droht hohe finanzielle Belastung Jede Person sollte und kann natürlich so wohnen, wie es für sie möglich ist oder wie sie es für richtig hält. Angesichts der horrenden Zahlen sollte jedoch über die Gerechtigkeitsfrage bezüglich Verteilung diskutiert werden, denn der vorhandene Wohnraum ist in Gütersloh, sozial betrachtet, äußerst ungleich verteilt. Trotz Bedarf: Wohnungsneubau in Gütersloh weiter rückläufig Die gesamtstädtische Wohnraumbedarfsanalyse für die Stadt zeigt, dass sich ein Viertel der Alleinerziehenden und älteren Singles im Umzugsfall keine neue Wohnung leisten könnten. Auch die Versorgungslage für Familien verschlechtere sich bei steigender Kinderzahl. Die im Vergleich beste Versorgung erhalten hingegen Paare ohne Kinder – Jüngere haben laut der Analyse hier bessere Chancen auf bedarfsgerechten Wohnraum als Ältere. Trotz der riesigen Nachfrage sei der Wohnungsneubau in Gütersloh jedoch weiter rückläufig. Zentral ist hierbei das Interesse der Investoren und Wohnungskonzerne an möglichst hohen Renditen: Laut der Beschlussvorlage des Ausschusses für Planung, Bauen und Immobilien aus dem vergangenen Mai seien zu hohe Finanzierungskosten sowie die momentan unsichere Wirtschaftlichkeit eines Projektes besonders ausschlaggebend. Da es aber insgesamt mehr Wohnraum braucht, versuche die Stadt, mehr Flächen zur Verfügung stellen. Ohne Weiteres sei das laut Albrecht jedoch nicht möglich: &bdquo;Bauen ist in Deutschland aufgrund der Rahmenbedingungen, Auflagen und Zinsen zu teuer. Der Markt versagt gerade. Da kann die Kommune ohne weitere Fördermittel von Bund und Land für den geförderten Wohnungsbau nur bedingt helfen.“ Die Profitinteressen von Finanzwirtschaft und Immobiliengesellschaften stehen, kurz zusammengefasst, einer geringeren Wohnfläche und einer gleicheren Wohnraumverteilung entgegen. Nachfrage für barrierefreies Wohnen gestiegen Wirkungsvolle politische Maßnahmen, die zu einer Verringerung des Wohnraumbedarfs pro Kopf führen oder der zunehmend ungleichen Verteilung von Wohnfläche in Deutschland entgegenwirken, gibt es keine. Manche Online-Immobilienplattformen wie &bdquo;wg-gesucht.de“ bieten seit kurzer Zeit Wohnungstauschinserate an. Lesen Sie auch: Millionen-Bau im Kreis Gütersloh: Warum passiert seit zwei Jahren nichts? In Gütersloh versuche man dem &bdquo;Lock-In-Effekt“ zumindest durch Forcierung altersgerechten Anpassung im Wohnungsbestand entgegenzuwirken, in dem man vor allem einen Generationswechsel im Einfamilienhausbestand anstrebe. Das bedeute jedoch im Umkehrschluss, dass man den potenziell ausziehenden älteren Haushalten altersgerechte, barrierefreie Angebote machen müsste, heißt es in der Wohnraumbedarfsanalyse. Diese müssten aber häufig ebenfalls erst noch gebaut werden. Gleiches gelte auch für Haushalte mit geringen Einkommen: 1.150 öffentlich geförderte, mietpreisgebundenen Wohnungen werden hier mindestens gebraucht.

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