Beide Augen verätzt - Gütersloher nach Attacke vor Paderborner Disco tagelang blind

Gütersloh/Paderborn. Die Geschehnisse vom frühen Sonntagmorgen des 4. Februar haben sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Immer noch fällt es Rafael Rudnick schwer, darüber zu sprechen, wie die heitere Nacht gegen 3.15 Uhr morgens von jetzt auf gleich zum Albtraum wurde. Drei Männer attackierten den Gütersloher in der Innenstadt von Paderborn, sprühten ihm eine Ladung Tierabwehrspray in die Augen und verletzten ihn schwer. &bdquo;Vier Tage lang war ich blind. Die Ärzte sagten, sie wüssten nicht, ob und wann ich wieder sehen kann“, schildert der 39-Jährige. Die Tat ereignete sich vor dem Club Franz Ferdinand an der Marienstraße in Paderborn. Nur unweit der Stelle, wo drei Monate später ein 30-jähriger Mann bei einer brutalen Attacke ums Leben gekommen ist. Gütersloher will Täter auf Fahndungsfoto erkannt haben Zwei der drei mutmaßlichen Täter des Tötungsdeliktes, ein 18-Jähriger und ein 16-Jähriger, stellten sich und sitzen derzeit in U-Haft. Sie sollen auf ihr Opfer erbarmungslos eingeprügelt und gegen seinen Kopf getreten haben. Nach dem tödlichen Angriff hatte die Polizei öffentlich mit einem Foto nach ihnen gefahndet. &bdquo;Als ich das Bild sah, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken“, erinnert sich Rafael Rudnick. Denn in einem der beiden Männer will der Lackierer auch einen der drei Täter erkannt haben, die ihn zuvor überfallen hatten und die er bei der Wahllichtbildvorlage identifiziert hatte. Die Paderborner Polizei kann seine Annahme aus Ermittlungsgründen so nicht bestätigen. &bdquo;Wir prüfen derzeit aber, ob ein Zusammenhang zwischen beiden Taten besteht“, erklärt Polizeisprecher Mark Heinemann. Seine Kleidung liegt noch bei der Polizei Seit der tödlichen Attacke im Innenstadtbereich setzt die Paderborner Polizei auf verstärkte Anhalte- und Sichtkontrollen. In seinem Fall, befürchtet Rafael Rudnick, drehe es sich wohl um Beschaffungskriminalität. Der leidenschaftliche Hobby-Fußballer des FC Gütersloh III vermutet hinter den Tätern Personen, die mit Raubzügen ihren Drogenkonsum finanzieren würden. Mehr als vier Monate nach dem Vorfall dauern die Ermittlungen an. &bdquo;Mein T-Shirt, das Sakko und die Uhr vom Tatabend sind noch bei der Polizei. Die Sachen sollten auf Spuren untersucht werden“, sagt der Gütersloher, der derweil immer noch mit den Folgen der Nacht vom 4. Februar zu kämpfen hat. Nach einer Privatparty hätten er und seine Frau mit einem weiteren Paar per Taxi den Club Franz Ferdinand aufgesucht, um dort weiterzufeiern, sich aber dann kurzfristig umentschieden. Während sich seine Begleitung verabschieden wollte, sei er einen Moment allein gewesen. Das Unheil nahm seinen Lauf. Lesen Sie auch: Brutaler Angriff in Paderborn - Opfer stirbt im Krankenhaus Gütersloher wird mit Cola übergossen &bdquo;Auf einmal trat mit jemand mit Vollspann ins Gesäß. Dann packten sie meine Handgelenke“, schildert Rafael Rudnick. Fast im selben Moment sei ihm &bdquo;eine rostig-rote Substanz“ in die Augen gesprüht worden. &bdquo;Plötzlich hat mein ganzer Körper mit einem Schock reagiert, dann tat alles unfassbar weh. Das wünsche ich niemandem. Ich habe nur noch geschrien“, erinnert sich der dreifache Familienvater. Er setzt sich zur Wehr. Die Täter, die er später als 18- bis 25-jährige Männer südländischer Erscheinung beschreibt, flüchten ohne Beute. Durch seine Rufe eilen Zeugen zu Hilfe. Seine Frau kommt dazu. Ein Kioskbesitzer kümmert sich um ihn. &bdquo;In einem Raum haben sie mich mit mehreren Flaschen Cola übergossen, um die ätzende Flüssigkeit in meinen Augen zu neutralisieren.“ Dass es sich um Tierabwehr-Spray handelt, erfährt Rafael Rudnick erst einige Tage später. Vorher durchlebt er bange Stunden und Tage ohne Augenlicht. &bdquo;Im Krankenwagen gingen die Lichter aus“, erzählt der Gütersloher, &bdquo;später sagte mir ein Arzt in Paderborn: Wir können ihnen nicht mehr helfen. Dann ging es in die Augenklinik nach Bielefeld.“ Rudnick konnte tagelang nichts sehen Die Ärzte in der Klinik Rosenhöhe stellen beidseitige Verätzungen mit Reizgas fest. Sie behandeln ihn, unter anderem mit Schmerzmitteln, Spülungen, Tropfen-Therapie. &bdquo;Meine Augen waren geöffnet, doch alles war schwarz“, erzählt Rudnick stockend: &bdquo;Ich konnte nichts sehen, habe von Sonntag bis Mittwoch nur geweint.“ Nach vier Tagen schließlich ein Funken Hoffnung. &bdquo;Ein Arzt sagte mir, dass sich etwas tut. Dann war es plötzlich so, als wenn man durch Milchglas schaut.“ Langsam kehrt die Sehkraft zurück. &bdquo;Freitagmorgens, um 5.30 Uhr, konnte ich wieder sehen. Ich habe im Stockdunkeln aus dem Fenster geschaut und mich einfach nur gefreut.“ Nach einer Woche kann Rafael Rudnick das Krankenhaus verlassen. Doch monatelang bleibt er krankgeschrieben. Mit der Krankenkasse gibt es Stress, sein Arbeitgeber hingegen stärkt ihm den Rücken. Die körperlichen Folgen der Sprüh-Attacke halten bis heute an: Regelmäßig ist der Gütersloher beim Augenarzt. Alle drei Stunden muss er Tropfen nehmen: &bdquo;Der Tränensack funktioniert nicht mehr richtig.“ Alltag des Güterslohers hat sich nach Angriff geändert Auch seelisch hat der Angriff beim Gütersloher Spuren hinterlassen. Allein sei er nicht mehr gern. Einkäufe erledige er meist spätabends, wenn wenig los sei. &bdquo;Vorher war ich stark, aber die Sache hat mir echt den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich träume nachts von der Tat. Früher bin ich gern jeden Samstag in die Stadt gefahren, um auf dem Markt Blumen zu kaufen. Das hat sich aber erledigt“, schildert der in Schlesien geborene Rafael Rudnick. Als Dreijähriger kam er nach Gütersloh. Dort befindet sich Rafael Rudnick nun auf dem langsamen Weg der Rückkehr zur Normalität. Mit dem Fußball habe er wieder angefangen, in der Kreisliga B, bei den Kickern vom FCG III. &bdquo;Der Verein gibt mir Halt und unterstützt mich, genauso wie meine Frau, die Kinder, die Familie und enge Freunde. Mein Dank gilt auch den Ersthelfern, Zeugen, den Ärzten im Krankenhaus und der Augenarzt-Praxis am Kolbeplatz.“ Jetzt hofft der Gütersloher, dass er den Sprüh-Angriff vom 4. Februar bald hinter sich lassen kann und dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Die Polizei Paderborn sucht auch weiterhin nach Zeugen. Hinweise werden unter 05251/3060 entgegengenommen.

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