Lautstarke Streitgespräche in Güterslohs Innenstadt: Soll Morkes Bürgermeister bleiben?

Gütersloh. Der Bürgerentscheid zur Abwahl des Bürgermeisters am 9. Juni ist ein Novum für Gütersloh. Soll Norbert Morkes im Amt bleiben, ja oder nein? Über diese Frage will die &bdquo;NW“-Redaktion mit Bürgern diskutieren und ein Stimmungsbild in der Bevölkerung sammeln. Mit dem Format &bdquo;Redaktion vor Ort“ sind fünf Redakteurinnen und Redakteure auf dem Berliner Platz und diskutierten über die krisengeschüttelten Verhältnisse im Rathaus. Eines scheint bereits fest zu stehen: die Wahlbeteiligung am 9. Juni wird hoch sein. &bdquo;Natürlich werde ich wählen gehen“, sagt Paul-Reinhard Peters, &bdquo;denn wer nicht wählt, muss mit dem leben, was andere entscheiden.“ &bdquo;Man hätte Norbert Morkes frühzeitig zur Seite nehmen müssen“ Dennoch kommt das Datum für den Gütersloher zu früh. &bdquo;Ich wäre für eine Verschiebung der Wahl bis alle Vorkommnisse aufgeklärt sind und auch die Kreisverwaltung ihre Ergebnisse auf den Tisch gelegt hat.“ Peters ist mit dem amtierenden Gütersloher Bürgermeister zur Schule gegangen, kennt ihn schon lange und wird beim Bürgerentscheid für ihn stimmen. &bdquo;Man hätte Norbert Morkes frühzeitig zur Seite nehmen müssen und ihm sagen sollen, dass er sich anders benehmen muss“, findet Hans-Ulrich Nordmann. Dennoch wird er am 9. Juni dafür stimmen, dass der Bürgermeister im Amt bleibt. Dem Gütersloher ist das gesamte Verfahren nicht transparent genug, die Informationslage nicht ausreichend. Ludger Hellkuhl hört aufmerksam zu. &bdquo;Viele haben den Vorgänger Henning Schulz damals mit Norbert Morkes abgewählt. Wenn wir uns alle geirrt haben, gilt es, das auszuhalten“, er wird für sein Verbleiben im Amt stimmen, &bdquo;denn wenn man ihn abwählt, geht der politische Zoff doch erst richtig los.“ Abwahlverfahren in Gütersloh: Alle wichtigen Informationen, die Sie jetzt wissen müssen &bdquo;Dieser Bürgermeister war ein Fehler – das Amt muss neu besetzt werden“ Das sieht Unternehmer Martin Ehlert entschieden anders. &bdquo;Dieser Bürgermeister war ein Fehler. Für die Entwicklung unserer Stadt ist es eine absolute Notwendigkeit, dass das Amt neu besetzt wird.“ Ehlert spricht Klartext. &bdquo;Für Gütersloh sind das verlorene Jahre. Im Rathaus spricht niemand mehr über Entwicklungen, Ideen, Perspektiven. Alles ist lahm gelegt. Das muss sich dringend ändern.“ Ein früheres Mitglied es Jugendparlaments diskutiert mit: &bdquo;Morkes’ Art und Weise ist vom Bürger doch immer wieder belohnt worden. Seine Wahlergebnisse sind mit jeder Wahl gestiegen. Jeder wusste doch eigentlich, was da kommt.“ Das sieht Reinhard Hilbig anders. &bdquo;Bevor Norbert Morkes Bürgermeister wurde, hatte ich einen positiven Eindruck von ihm. Aber er hatte keine Qualifikation für das Amt.“ Hilbig wird am 9. Juni &bdquo;selbstverständlich“ auch zur Wahl gehen und glaubt an ein deutliches Ergebnis gegen Morkes. &bdquo;Aber wir wissen alle nicht, was danach kommt.“ &bdquo;Nur weil etwas nicht strafrechtlich relevant ist, heißt es nicht, dass es okay ist“ Lena Strothmann, frühere Bundestagsabgeordnete der CDU und Präsidentin der Handwerkskammer, ist ebenfalls zur &bdquo;Redaktion vor Ort“ gekommen, um zu sehen, wie die Stimmung in der Bürgerschaft ist. Sie lauscht minutenlang. Als sie zum wiederholten mal das Argument hört, dass die missbräuchliche Nutzung des Dienstwagens mit bis zu 14.000 Kilometern als Lappalie betrachtet wird, scheint ihr der Kragen zu platzen. &bdquo;Ich war 25 Jahre in der Handwerkskammer, auch ich hatte einen Dienstwagen. Ich habe Privatfahrten immer strickt getrennt. Dass man das tun muss, weiß doch auch wirklich jeder.“ Politiker müssten Vorbilder sein, so Strothmann, sie hätten auch eine moralische Pflicht. &bdquo;Und als ich damals in meine Ämter gewählt worden bin, hatte ich auch vielfach keine Ahnung. Aber dann informiert man sich und benimmt sich entsprechend.“ Katja Aries weiß ganz genau, wie sie sich am 9. Juni entscheiden wird. Für sie ist Norbert Morkes als Bürgermeister nicht mehr tragbar. Sie habe selbst eine Situation mit ihm erlebt, in der er sie einfach umarmt habe. Sie habe sein Verhalten damals als übergriffig empfunden. &bdquo;Nur weil etwas nicht strafrechtlich relevant ist, heißt es trotzdem nicht, dass es automatisch okay ist“, sagt Aries. &bdquo;Norbert Morkes sollte ein Vorbild sein“ Eine weitere Gütersloherin, die aus Sorge vor Schwierigkeiten im Nachgang einer Veröffentlichung lieber anonym bleiben möchte, vertritt ihre Meinung am &bdquo;NW“-Stand ebenfalls deutlich: &bdquo;Er bezahlt 8.000 Euro, damit das Verfahren eingestellt wird und behauptet dann immer noch, er hat nichts falsch gemacht – das kann einfach nicht sein.“ Sie erinnere sich an einen Abend als sie Morkes’ Auto vor dem Gütersloher Parkhotel entdeckte. &bdquo;Ich habe den ausgedruckten Zettel mit ’Bürgermeister im Dienst’ selbst gesehen“, berichtet sie, &bdquo;ich ärgere mich, dass ich ihn nicht fotografiert habe. So etwas gehört sich einfach nicht für den Chef einer Stadt – er sollte ein Vorbild sein.“ &bdquo;Das meiste beruht auf Behauptungen – die Faktenlage ist zu dünn“ Thomas Bischoff hat eine differenzierte Sicht auf die Dinge. &bdquo;Sicher haben sich beide Seiten in der Sache nicht gerade mit Ruhm bekleckert“, sagt er. Dabei sei es von Anfang an klar gewesen, dass Morkes im Umgang nicht ganz &bdquo;einfach und handzahm“ sei. Dieses zerrüttete Verhältnis könne allerdings kein Maßstab für ein Abwahlverfahren sein, betont er. Des Weiteren bemängelt er, dass es der Öffentlichkeit an konkreten Informationen in Bezug auf die Vorwürfe gegenüber Morkes fehle. &bdquo;Das meiste beruht auf Behauptungen“, sagt er. Unterm Strich sei Bischoff die Faktenlage zu dünn. Für eine Abwahl des Bürgermeisters reiche das, was öffentlich ist, nicht aus. Das Ergebnis der Vorab-Wahl in der Gütersloher Innenstadt Der Großteil der Passanten und Leser, die am Samstag an der &bdquo;NW“-Tablet-Umfrage vor Ort teilgenommen haben, sehen das allerdings anders. Zwar ist die Umfrage nicht repräsentativ, sie gibt allerdings einen kleinen Einblick in die aktuelle Stimmungslage in der Dalkestadt. 87 Menschen haben insgesamt ihre Stimme abgegeben. 63 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass Norbert Morkes als Bürgermeister nicht mehr haltbar ist. 33 Prozent hoffen, dass er im Amt bleibt. Die wenigstens sind sich aktuell noch unsicher.

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