Umgestaltung der Gütersloher Innenstadt: Unternehmen Hagedorn hat Vertrauen verdient

Gütersloh. Erstaunlich, wohin ein kleines Gedankenspiel führen kann. Man könne doch mal aufhören, einen ZOB immer in Plätzen zu denken. Man könne mal überlegen, ob die Kaiserstraße, durch die jeden Tag 10.000 Autos rollen, dennoch verzichtbar für innerstädtischen Verkehr ist. Man könne erwägen, dieses eigenartige Rendezvous-System, bei dem sich alle Busse immer gleichzeitig zu treffen haben, das aber außer Gütersloh keine vergleichbar große Stadt nutzt, zu flexibilisieren. Man könne dieses scheußliche Schneckenrondell zur gleichfalls scheußlichen Radstation abreißen. Und man könne endlich aufhören, sich mit Hagedorn über das alte Post-Grundstück zu fetzen – weil es eine nervige Juristerei wäre, die sich über Jahre hinzöge und außer zu Verdruss und einer innerstädtischen Blockade zu wenig führen würde. Wenn man dieses kleine Gedankenspiel also zuließe, dann... Lähmung an exponiertem innerstädtischen Fleck soll offenbar enden Ja dann wäre plötzlich ganz vieles möglich. Schwupps, eröffnen sich Optionen, auf die man vorher nicht zu hoffen gewagt hatte. Eine ruhigere, autoärmere Innenstadt beispielsweise. Ein gefälligeres Stadt-Entrée. Ein Rechtsfrieden. Wer hätte da etwas gegen? Niemand offenbar. Die Wortbeiträge, die die Fraktionssprecher in ihrem ersten öffentlichen Austausch abgaben, waren durchdrungen von Harmonie und erleichtertem Seufzen. Die Debatte dauerte nur kurz, sie ist kaum Debatte zu nennen, doch innerhalb dieser wenigen Minuten entwickelte sich etwas wie Aufbruchstimmung. Es sieht tatsächlich so aus, als sei der Stadt hier ein Knotenlöser gelungen. Schluss also mit der Lähmung an diesem exponierten innerstädtischen Fleck. Alle Fraktionen, die AfD mal beiseite, haben Lust, sich etwas Neues präsentieren zu lassen. Erst ein paar Wochen ist es her, da hatte der Chef der örtlichen Einzelhändler im üblichen Impuls davor gewarnt, die Autofahrer aus der City zu verbannen. Die Kaiserstraße sperren? Ogottogott. Was am Bahnhof und auf dem Postareal passiert, wird ausstrahlen Doch nun? Verloren die Ratsmitglieder keine Silbe über eine potenzielle Gefährdung des Geschäftszentrums durch eine gesperrte Kaiserstraße – was auch damit zu tun haben mag, dass der Einzelhändler-Chef wenig später geneigt war, in der Idee auch positive Seiten zu erblicken. Respekt! Und gut, dass man miteinander redet und bereit ist, die widerstreitenden Interessen auszutarieren. An den Ergebnissen der Studie, die die Fraktionen nun in Auftrag gaben, hängt viel: die künftige Form der Nah-Mobilität, die Wirkung des Bahnhofsviertels, das Aussehen eines bedeutenden Teils der Innenstadt. Was am Bahnhof und auf dem Postareal passiert, wird ausstrahlen. Die Verantwortlichen wissen das. Sie hängen das Projekt hoch. Freilich sitzen im Rat auch einige Politiker, denen unwohl bei dem Gedanken ist, ein weiteres City-Grundstück einem einzigen Unternehmer, einem einzigen Investoren-Gespann zu überlassen. Doch ihre Zahl schrumpft. Das neu entstandene Stadtquartier auf dem Gleis-13-Gelände hat überzeugt Was Thomas Hagedorn und Christoph Borchard auf dem Gleis-13-Gelände gelungen ist, binnen weniger Jahre ein neues Stadtquartier zu entwickeln, hat überzeugt. Bei der Eröffnung des Schüttflix-Towers war das allenthalben zu hören. Hagedorn ist derjenige, ohne den der FC Gütersloh noch immer in niederen Spielklassen dahin dümpeln würde. Er ist derjenige, der aus einem Ein-Mann-Bagger-Betrieb ein Unternehmen von Rang geschaffen hat, einen großen Arbeitgeber und Steuerzahler. Dass er auch derjenige sein könnte, der einem imposanten Baum, der Sumpfeiche, den Garaus macht, nehmen ihm zwar ziemlich viele übel. Doch kann man einem Unternehmer verdenken, dass er primär wirtschaftliche Interessen im Blick hat? Nein, genauso wenig wie einem Einzelhandelssprecher, dessen Aufgabe es ist, die Interessen der Geschäftsleute zu schützen. Auf dem Postareal muss ein Hingucker entstehen - vier oder fünf Geschossen reichen nicht Würde die Stadt das Postareal in eigener Hand entwickeln, es könnte lange, allzu lange dauern. In Osnabrück, Münster und anderen Städten sind neue, schicke Bahnhofsquartiere zu sehen, weil sie kooperativ mit Privatinvestoren entstanden. Wozu sich zieren? Es wäre Unsinn, wollte Gütersloh auf die wirtschaftliche Potenz eines bereitwilligen Partners verzichten. Bei der Schüttflix-Feier sagte Hagedorn, er betrachte Gütersloh als seine Heimat. Das hätte er nicht tun müssen, er ist zugezogen. Glaubwürdig wirkte es dennoch. Wichtig allerdings: Auf dem Postgelände muss ein Hingucker entstehen. Etwas Hohes. Etwas, was Straßenfront und Kernstadt abschließt. Vier oder fünf Geschosse reichen da nicht.

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