Gütersloher Bürgermeister Norbert Morkes soll Amt während Abwahl-Verfahren ruhen lassen

Update, 8. März: Mit ihrem Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters hat die Mehrheit der Ratsmitglieder zugleich beantragt, Norbert Morkes möge für die Dauer des Verfahrens seine Amtsgeschäfte ruhen lassen. &bdquo;Die NRW-Gemeindeordnung bietet die Möglichkeit dazu“, sagt CDU-Ratsherr Nils Wittenbrink, der den Antrag im Namen der Unterzeichner am Mittwoch im Rathaus überreicht hatte. Über das Ruhen der Amtsgeschäfte entscheidet als Aufsichtsbehörde der Kreis; der Rat kann lediglich beschließen, dass die Stadt das dort beantragt. Die Rückkehr des Bürgermeisters ins Rathaus ergebe wenig Sinn, wenn der Großteil der Ratsmitglieder und auch die Beigeordneten das ablehnten, argumentiert Wittenbrink: &bdquo;Eine produktive Zusammenarbeit ist derzeit kaum vorstellbar.“ Morkes ist bis einschließlich diesen Freitag krankgeschrieben. Kehrt er am Montag zurück, hätte er nach dreieinhalb Monaten Abwesenheit direkt die Sitzung des Hauptausschusses zu leiten. Auch das, so Wittenbrink, sei schwer vorstellbar und vermutlich wenig sinnvoll. Auf der Tagesordnung stehen 24 Punkte, darunter mehrere zum Haushaltsentwurf – den die Verwaltung schon in Abwesenheit des Bürgermeisters eingebracht hatte. Neben dem Abwahlverfahren steht auch die Möglichkeit im Raum, dass Morkes für dienstunfähig erklärt wird. Rechtlich kann jemand als dienstunfähig angesehen werden, wenn die Person wegen Krankheit innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat – das ist bei Morkes der Fall. Eine solche Untersuchung zu veranlassen, liegt im Ermessen des Kreises, nicht der Stadt. ++++++++++++++++++++++++++++++++++ Gütersloh. Im Rathaus geht am Mittwoch, 6. März, ein in der Stadtgeschichte bislang einmaliges Schreiben ein: der Antrag für ein Abwahlverfahren gegen einen Bürgermeister. Die Mehrheit für diesen Antrag sei gesichert, berichteten Vertreter von Ratsfraktionen am Dienstag. Mehr als die Hälfte der Ratsmitglieder und somit eine ausreichende Zahl habe ihn unterschrieben. Der Antrag hat zum Ziel, Bürgermeister Norbert Morkes (BfGT) abzuwählen. Er musste bis zum 7. März vorliegen, damit der Rat in seiner Sitzung am 21. März darüber entscheiden kann. Dann jedoch reicht nicht mehr die einfache Mehrheit, sondern es müssen zwei Drittel der Ratsmitglieder dem Antrag zustimmen. Die Unterzeichner sind zuversichtlich, dass auch das gelingt. In diesem Fall käme es zu einem Bürgerentscheid – der voraussichtlich zeitgleich mit der Europawahl am 9. Juni stattfände. Wer bringt den Antrag ins Rathaus? Der Antrag darf laut NRW-Gemeindeordnung nicht elektronisch als Mail ins Rathaus gelangen, sondern muss tatsächlich in Form eines Schriftstücks vorliegen; es ist wohl CDU-Ratsherr Nils Wittenbrink, der den Boten gibt. &bdquo;Letztlich ist das aber auch egal“, sagte Wittenbrink am Dienstag, &bdquo;wichtig ist nur, dass wir genügend Unterschriften beisammen haben und Grund zur Annahme haben, dass das Verfahren erfolgreich sein wird.“ Wie viele Stimmen sind nötig? Die NRW-Gemeindeordnung schreibt vor, dass ein Abwahlantrag nur direkt von Ratsmitgliedern gestellt werden kann. CDU, Grüne, FDP und Ratsherr Peter Kalley tragen ihn aber geschlossen mit und bringen es mit ihren 34 Stimmen auf mehr als die Hälfte. Für den finalen Beschluss im Rat ist jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich, mindestens 38 Stimmen. Wie verhält sich Morkes’ BfGT? Als wahrscheinlich gilt, dass die BfGT-Fraktion (sieben Stimmen) mehrheitlich gegen Morkes stimmen wird. Sie hat ihrem Bürgermeister schon früh den Rücktritt nahegelegt und auch keinen Kontakt mehr zu ihm. Da sie sich ihrem Gründer dennoch verbunden fühlt, hat sie sich dagegen entschieden, geschlossen als Fraktion den Abwahlantrang mitzutragen; den Fraktionszwang (den es im Grunde ohnehin nicht gibt) hat sie ausdrücklich aufgehoben. Wie verhalten sich die anderen Fraktionen? Möglicherweise würde mit den BfGT-Stimmen schon das Zwei-Drittel-Quorum erreicht, allerdings sollen manche Ratsmitglieder am 21. März bereits im Osterurlaub sein oder aus anderen privaten Gründen fehlen. Da jede Abwesenheit laut Gemeindeordnung automatisch als Nein gewertet wird, könnte es schwierig werden, die Zahl von 38 Antrags-Befürwortern zu erreichen. Wie SPD, AfD und der Linken Manfred Reese abstimmen, ist bislang unklar. Von der AfD-Fraktion (drei Stimmen) sagte deren Sprecher Torsten Drescher vor einigen Tagen auf NW-Anfrage, er gebe keine Auskunft. Und die SPD (elf Stimmen) hat sich bislang nicht festgelegt, sie wird laut Fraktionssprecher Volker Richter tags zuvor, am 20. März, erneut intern darüber diskutieren. Was passiert bei einem Beschluss? Kommt es zum Ratsbeschluss pro Bürgerentscheid, hat Morkes eine Woche Zeit, seinen Verzicht zu erklären und behielte dennoch bis zum Ende der Legislaturperiode einen Großteil seiner Bezüge. Der Bürgermeister äußert sich öffentlich nicht. SPD-Sprecher Volker Richter sagt jedoch, er habe kürzlich bei einem Gespräch mit Morkes den Eindruck gewonnen, er trete nicht zurück. Bei einem Bürgerentscheid gilt der Bürgermeister als abgewählt, wenn die Mehrheit das will und mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt haben. Für Gütersloher bedeutet das: Rund 20.000 Bürger müssten an der Urne gegen Morkes stimmen. Warum zeitgleich mit der Europawahl? Die Abstimmung auf den Termin der Europawahl zu legen, hätte den Vorteil, sie leichter abwickeln und eine hohe Bürgerbeteiligung erreichen zu können. An der vorigen Europawahl nahmen 43.074 Gütersloher teil, eine Wahlbeteiligung von 60,38 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Bürgermeister-Stichwahl zwischen Morkes und Henning Schulz vor dreieinhalb Jahren lag die Wahlbeteiligung nur bei 38,13 Prozent. Gab es schon mal erfolgreiche Abwahlverfahren? Ja. Am bekanntesten ist das gegen den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland, der wegen der Loveparade-Katastrophe in der Kritik stand. Beim Bürgerentscheid stimmten rund 130.000 Wähler gegen Sauerland und nur 21.500 für ihn. Die Wahlbeteiligung betrug 41,6 Prozent. Das Ergebnis verkündete damals Stadtdirektor Peter Greulich, früher Umweltdezernent in Gütersloh, der dann bis zur Neuwahl auch die Amtsgeschäfte von Sauerland übernahm.

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