Gewalt in Gütersloher Senioren-WG - Polizei greift ein

Gütersloh. Was hat sich hinter der sauberen und unscheinbaren Fassade eines cremefarbenen Mehrparteien-Hauses in Gütersloh abgespielt? Offenbar Gewalt und schmutzige Geschäfte mit der Pflege- und Hilfsbedürftigkeit von älteren Menschen. Die Polizei in Gütersloh ermittelt jedenfalls gegen die Leitung einer privaten Senioreneinrichtung, die bislang in den Räumlichkeiten eines Wohnblocks am Bäckerkamp 2b ansässig gewesen sein soll. Ein anonymer Anrufer hatte sich vor einigen Tagen bei der &bdquo;Neuen Westfälischen“ gemeldet und von skandalösen Vorkommnissen gesprochen, die sich an der Adresse ereignen würden. Die Person schilderte weinend, dass &bdquo;schlimme Zustände vor Ort“ herrschen würden und die Bewohner &bdquo;nicht gut versorgt“ seien. Verdacht der gefährlichen Körperverletzung in Gütersloher Einrichtung Fakt ist: Die Gütersloher Kreispolizeibehörde hat bereits eingegriffen. &bdquo;Bei uns wird ein Ermittlungsverfahren geführt. Dabei wird derzeit dem Verdacht der gefährlichen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung nachgegangen“, bestätigt Polizeisprecherin Katharina Felsch am Freitag, 1. März, auf Anfrage der &bdquo;NW“. Das Verfahren richtet sich gegen Personen, die die Senioren-WG geleitet haben sollen. Bei der Polizei hatten bereits Mitte Februar Angehörige auf die auffälligen Verhältnisse aufmerksam gemacht. &bdquo;Sie hatten die Pflegezustand eines Bewohners infrage gestellt“, schildert Katharina Felsch. Daraufhin habe die Polizei Kontakt zur Heimaufsicht des Kreises Gütersloh sowie die Ermittlungen aufgenommen. Polizei Gütersloh sucht weitere Zeugen und Geschädigte Seit Mitte Februar laufen die Ermittlungen. &bdquo;Nach gegenwärtigem Kenntnisstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu weiteren Straftaten gekommen ist oder auch weitere Personen betroffen sind“, schildert die Polizeisprecherin. Deshalb sucht die Polizei weitere Zeugen und Geschädigte. Hinweise werden unter 05241/8690 entgegen genommen. Das betroffene Wohnobjekt liegt in zweiter Reihe hinter der B 61 an der Einmündung zum Bäckerkamp. Am Donnerstag dieser Woche scheint die Sonne auf den modernen Zwölf-Parteien-Bau mit den hohen Fenstern und kleinen, zur Bundesstraße gerichteten Balkonen. Auf einem Parkplatz nebenan legen Landschaftsgärtner Pflastersteine und verrichten Grünarbeiten. Alles wirkt gepflegt und ordentlich. Über einen kurzen Fußweg gelangt man zum Eingangsbereich des Hauses, in dem die Missstände geherrscht haben sollen. Die Briefkästen sind überwiegend mit Namensschildern versehen. Auf den ersten Blick deutet nichts daraufhin, dass hier eine Pflege- oder Senioreneinrichtung untergebracht ist oder war. Lesen Sie auch: Gewalt in der Pflege - wenn Angehörige Grenzen überschreiten Rund zehn Personen soll in der WG gelebt haben Doch genau dieses Haus steht im Fokus der polizeilichen Untersuchungen. Was im Detail passiert ist, klären derzeit die Ermittler. Nach Schilderungen des anonymen Anrufers, der am Freitag, 23. Februar, die &bdquo;NW“ kontaktiert hatte, sollen mehrere ältere Menschen, mutmaßlich rund zehn Personen, in der Wohngruppe gelebt haben – unter unhaltbaren Zuständen. Die Bewohner seien nicht gut versorgt worden und hätten sich in einem schlechten Allgemeinzustand befunden, berichtete der Anrufer unter Tränen. Auch Gewalt habe es gegeben. Bereits mehrere Menschen seien &bdquo;herausgeholt“ worden und der Fall wäre der Polizei sowie dem Kreis Gütersloh bekannt. Tatsächlich hat die Heimaufsicht des Kreises Gütersloh am Vortag durch die Polizei von den Geschehnissen Kenntnis erlangt. &bdquo;Es hat unmittelbar nach Bekanntwerden am 22. Februar eine Überprüfung sämtlicher Bewohner vor Ort stattgefunden“, teilte Kreis-Sprecherin Isabelle Gruschke am Freitag auf Nachfrage mit. Kreis Gütersloh leitete Maßnahmen zur Versorgung ein Demnach seien nach dem Bekanntwerden – sofern notwendig – entsprechende Maßnahmen veranlasst worden, um eine adäquate Versorgung aller Bewohner sicherzustellen. &bdquo;Im Übrigen findet ein enger Austausch mit allen beteiligten Behörden statt.“ Die Heimaufsicht ist als Prüfbehörde zuständig für kreisweit 195 Betreuungseinrichtungen mit 5.332 Plätzen – vom Hospiz und Einrichtungen für behinderte Menschen über Tagespflege und Wohngemeinschaften bis zu Kurzeitpflege- und vollstationären Pflege-Einrichtungen. Aktuell prüft der Kreis Gütersloh, welche weiteren ordnungsbehördlichen Maßnahmen seitens der Heimaufsicht zu treffen sind. &bdquo;Da es sich aber um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt“, so Isabelle Gruschke, &bdquo;können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Auskünfte zu dem Fall geben.“ Unbeantwortet geblieben ist am Freitag somit auch die Frage, ob der Betrieb der Senioren-Wohngruppe eingestellt worden ist. Das scheint aber der Fall zu sein, wie die &bdquo;Neue Westfälische“ bei ihren Recherchen vor Ort aus Gesprächen mit Anliegern und anderen Menschen erfahren hat. Was ein Nachbar beobachtet hat Am Donnerstag dieser Woche herrschte reger Betrieb auf dem Parkplatz des Hauses am Bäckerkamp, in dem die dort untergebrachte private Senioren-Wohngruppe von einer Frau als &bdquo;Organisatorin“ geleitet worden sein soll. Ein Unternehmen aus dem nördlichen Stadtgebiet Güterslohs habe die Örtlichkeit regelmäßig angesteuert, erklärt ein Nachbar. Der Pflegedienst könnte mutmaßlich mit der Versorgung der älteren Menschen beauftragt gewesen sein, die hier dem Anschein nach unter unwürdigen Bedingungen gelebt haben. Bislang steht in dem konkreten Fall der Verdacht der gefährlichen Körperverletzung und der unterlassenen Hilfeleistung im Raume. Ob sich die Ermittlungen auch auf andere Straftaten wie möglicherweise Vermögensdelikte und damit weitere zuständige Behörden wie etwa das Hauptzollamt ausweiten, ist derzeit noch nicht absehbar. Was sich im einzelnen in den Zimmern hinter der cremefarbenen Fassade des Wohnhauses am Bäckerkamp in Gütersloh abgespielt hat, wird in den kommenden Tagen und Wochen aufgeklärt.

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