Mit Video: Fast hundert Teilnehmer bei spontaner Demo gegen AfD in Gütersloh

Gütersloh. Marita Hüllbrock wollte ein Zeichen gegen rechtsextreme AfD-Auswüchse setzen. Das ist der 71-Jährigen in Gütersloh am Donnerstag auf ziemlich bemerkenswerte Art und Weise gelungen ist. Die Rentnerin hat eine Spontan-Kundgebung auf die Beine gestellt und etliche Menschen dazu bewegen können, auf dem Konrad-Adenauer-Platz zu demonstrieren. &bdquo;Gegen Rechts. Für Demokratie“, lautete das Motto der Versammlung, bei der sich nach Polizeiangaben zwischen 70 und 100 Personen vor dem Rathaus trafen, um ein Zeichen zu setzen. Sie zogen von dort aus durch die Innenstadt zur Martin-Luther-Kirche und den Berliner Platz. &bdquo;Für Gütersloh ist das ein Anfang“, sagt die Initiatorin, deren Demo eine rührende Hintergrundgeschichte hat. Berlin, Potsdam, Köln, Essen – in ganz Deutschland gehen seit Tagen mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße. Zuvor war ein Geheimtreffen hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen aufgedeckt worden, die Pläne über Vertreibung und Massendeportationen von Millionen Menschen geschmiedet haben sollen. Die Nachricht hatte auch Marita Hüllbrock schockiert. Das sei aber nicht allein der Auslöser dafür gewesen, was dann passierte. Lesen Sie auch: Demos gegen rechts - alle Kundgebungen in OWL im Überblick Einige Reaktionen in Gütersloh waren ziemlich ernüchternd &bdquo;Die Summe aller Dinge“, hätte dafür gesorgt, dass sich die frühere Erzieherin ein Plakat bastelte. Sie pinselte einen Slogan drauf: &bdquo;Aufstehen gegen Rechts. Aufstehen für Demokratie.“ Damit stellte sich die 71-Jährige in der vorigen Wochen alleine vor das Gütersloher Rathaus. Sie habe Reaktionen erleben wollen. Eine fiel ernüchternd aus. &bdquo;Jemand sagte doch tatsächlich, ich solle das Schild wegstellen und lieber einen heißen Kaffee trinken. Das würde doch eh’ nichts bringen.“ Sie entgegnete ihm, dass schon eine Person allein ein Zeichen setzen könne. Gesagt, getan! Marita Hüllbrock mobilisierte ein paar Freunde, die wiederum über Nachrichtenaustausch und Soziale Netzwerke weitere Mitstreiter aufriefen, sich dem Protest der Rentnerin anzuschließen. Mehr Teilnehmer als erwartet - und angemeldet Bei der heimischen Kreispolizeibehörde hatte die Gütersloherin am Mittwoch die Versammlung offiziell angemeldet. Wegen der nicht absehbaren Resonanz gab sie die Teilnehmerzahl vorsichtig zurückhaltend mit drei bis 15 Personen an. Geworden sind es schließlich nahezu 100 Menschen, die am Donnerstag ab 14 Uhr an zentraler Stelle mit Plakaten und lauten Rufen ihrer Entschlossenheit gegen die AfD, Vertreibungspläne und für die Demokratie Stimme verliehen hatten. Parolen wie &bdquo;Bunt statt Braun“, &bdquo;Herz statt Hetze“ oder &bdquo;EkelhAfD“ waren auf den Schildern der Demonstranten zu lesen. Sie skandierten mehrfach &bdquo;AfD wähl’ ich nicht, weil die Demokratie zerbricht“ und zogen schließlich im Pulk durch die Fußgängerzone zum Berliner Platz. Bislang noch keine weiteren Demos im Kreis Gütersloh angemeldet Die Resonanz der Spontan-Kundgebung fiel mit 100 Teilnehmern unerwartet hoch aus. Der Demonstrationszug verlief aber aus polizeilicher Sicht ohne besondere Vorkommnisse. &bdquo;Die Situation ist sehr entspannt“, erklärte der Einsatzleiter, Hauptkommissar Jonas Lückebergfeld. Bei der Kreispolizeibehörde waren am Donnerstagmittag noch keine weiteren Anti-AfD-Demos angemeldet. Das könnte sich jedoch ändern. Am Donnerstagabend wollte das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh bei einem Planungstreffen beratschlagen, wann und wie man aktiv werden wolle. Und auch Rentnerin Marita Hüllbrock hat vor, nach ein paar Tagen Urlaub, die nächste Aktion auf die Beine zu stellen. Geheimtreffen sorgt auch in Gütersloh für Fassungslosigkeit &bdquo;Eine Kundgebung oder einen Demonstrationsrundgang könnten wir uns gut vorstellen, aber dazu werden wir uns mit der Planungsgruppe besprechen“, erläutert auch Gitte Trostmann die Gedankenspiele. Auslöser für die bundesweite Welle an Aufmärschen zum Erhalt der Demokratie waren die jüngst öffentlich gewordenen Berichte über das geheime Treffen bekannter Rechtsextremisten und hochrangiger Politiker der Alternative für Deutschland (AfD), das Ende November in Potsdam stattgefunden und auch in Gütersloh für Empörung und Fassungslosigkeit gesorgt hat. &bdquo;Das Treffen und die dort hervorgebrachten Aussagen sind schier unerträglich“, verdeutlicht Ann Katrin Brambrink. Massendeportationen aus Deutschland zu planen, das würde stark an die Pläne der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) erinnern. &bdquo;Solche menschenverachtenden, völkischen Gedanken gehören bestraft“, verdeutlicht sie ihren Standpunkt. Dass gleichzeitig die AfD in Umfragen immer weiter zulege, sorgt bei den beiden Gütersloher Politikerinnen für Kopfzerbrechen. &bdquo;Da stellt sich doch die Frage, was die Leute dazu bringt, vor diesen Hintergründen der AfD ihre Unterstützung auszusprechen“, sagt Ann Katrin Brambrink. Die Vorstellung, dass die Partei es in Thüringen und Sachsen in diesem Jahr sogar in die Regierung schaffen könnte, bereite ihr große Sorgen. &bdquo;Dem müssen wir zuvorkommen.“ Lesen Sie auch: Konzert aus Trillerpfeifen - AfD-Kundgebung in Gütersloh wird von viel Protest begleitet Für Freitag geplantes Fest &bdquo;Demokratie feiern“ wird auf den 15. März verlegt Das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh wurde am 11. April 2019 gegründet. Nachdem es in den vergangenen Monaten etwas ruhiger um die Initiative geworden war, hatte ein Treffen von Treffen von Reichsbürgern in der Gütersloher &bdquo;Deele“ im Herbst den Anstoß für einen Neuanfang gegeben. &bdquo;An unseren Treffen nehmen zwischen 25 und 40 Personen teil. In unserem Verteiler haben wir etwa 150 Adressen“, erläutert Gitte Trostmann. Man sei froh und dankbar, dass man viele neue engagierte Menschen aus dem ganzen Kreis habe zusammentrommeln können, &bdquo;die dem Bündnis wieder Leben einhauchen wollen“. Das Initiative hat keinen festen Sitz, aber man treffe sich meist im Parteibüro der Grünen. Alle zwei Monate soll es Besprechungen geben. Oder eben bei aktuellem Bedarf, wie etwa am Donnerstag, 18. Januar. &bdquo;Denn grundsätzlich sehen wir es als unsere Aufgabe an, Kundgebungen und Gegen-Demonstrationen zu organisieren, öffentlich zu informieren, uns einzumischen“, erläutert die Grünen-Ratsfrau und Fraktionssprecherin die generellen Ziele. Unabhängig von den aktuellen Vorkommnissen hatte das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh eigentlich für Freitag, 19. Januar, ein Fest unter dem Titel &bdquo;Demokratie feiern!“ mit Information und Musik geplant. Diese Veranstaltung wird allerdings verlegt. &bdquo;Wir haben den Termin etwas mehr Richtung Frühling geschoben, damit wir genug Vorlauf haben“, erläutert Gitte Trostmann. Nun soll das Fest am 15. März, um 19.30 Uhr, im Harsewinkeler Kulturort Wilhalm stattfinden. Geplant sind dabei kurze Vorträge, Statements, Diskussion, Austausch und Livemusik. Was das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh sonst noch vorhat &bdquo;Demokratie feiern soll wörtlich genommen werden und Leute zusammenbringen“, so Ann Katrin Brambrink, &bdquo;die sich für Demokratie und gegen Rassismus aktiv einsetzen wollen.“ Man hoffe, mit dem Konzept auch viele neue Interessierte zu gewinnen, sagt die SPD-Kreisgeschäftsführerin. Außerdem besteht der Wunsch, sich mit anderen Bündnissen und Initiativen zu vernetzen, zusammenzuarbeiten und sich rund um das Thema weiterzubilden. Ob es eine Demo wie in anderen deutschen Städten organisiert, will das Gütersloher Bündnis am Donnerstagabend entscheiden. Außerdem haben die Mitglieder schon vereinbart, zum diesjährigen 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes am 23. Mai eine Aktion zu planen. Obendrein zieht die Initiative in Betracht, sich an den Gütersloher Aktionswochen gegen Rassismus vom 11. bis 22. März mit einer Aktion oder einem Angebot zu beteiligen.

Meistgelesen