Apotheken im Kreis Gütersloh geschlossen - Mitarbeiter warten auf Norbert Morkes

Gütersloh. Fast alle Apotheken in Gütersloh blieben am Mittwoch geschlossen. Der Grund: Sie beteiligten sich an dem ersten bundesweiten Protesttag. Angeführt von Claudia Scherrer, Sprecherin der Apothekerschaft im Kreis Gütersloh, und Susanne Gehring, stellvertretende Kreisvertrauensapothekerin, zogen die Apotheker mit leuchtenden Warnwesten und weißen Apotheker-Kitteln vom Berliner Platz durch die Fußgängerzone bis zum Konrad-Adenauer-Platz. Auf Ansprachen oder Reden verzichteten sie Ihr Ziel an diesem Vormittag: Ein Gespräch mit Norbert Morkes. Sie positionierten sich auf dem Rathaus-Vorplatz und machautoten mit Trillerpfeifen und Sprechgesängen auf sich aufmerksam. Die Pfeifchöre waren teilweise so laut, dass die ersten Rathaus-Mitarbeiter sofort lautstark ihre Fenster zumachten und sich einige Passanten die Ohren zuhielten. Norbert Morkes kam allerdings nicht. Also marschierten Claudia Scherrer und Susanne Gehring kurzerhand direkt ins selbst ins Rathaus, um nach ihm zu fragen. Die Mitarbeiterin am Empfang telefonierte zwar, sagte dann aber nach ein paar Minuten. &bdquo;Herr Morkes ist leider nicht im Haus.“ Auch Landrat Sven-Georg Adenauer lässt sich entschuldigen Die Enttäuschung war Scherrer und Gehring ins Gesicht geschrieben. &bdquo;Wir hatten vorher schon bei ihm angefragt, aber keine Antwort erhalten“, sagt Scherrer, &bdquo;wenigstens ein kurzes Statement hätten wir uns schon gewünscht.“ Auch andere Politiker haben die Apothekerinnen im Vorfeld kontaktiert; unter anderem auch Landrat Sven-Georg Adenauer. Auch er ließ sich aber wegen anderer Termine entschuldigen. Trotzdem sind die Streikenden nach dem Marsch durch die Gütersloher Innenstadt weiter zum Kreishaus gezogen, um auch dort nochmal lautstark auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Während sich das Gros der 71 Apotheken im Kreis Gütersloh am Streik beteiligte und ganztags geschlossen hatte, hielten drei Apotheken die Grundversorgung mit dem 24-Stunden-Notdienst ab 9 Uhr morgens aufrecht. An der Spexarder Apotheke von Matthias Irrgang klingelten bereits eine Stunde früher die ersten Kunden, eine gut 100 Meter lange Schlange zog sich bis in den benachbarten Hertzweg. &bdquo;Es geht zu wie im Taubenschlag. Aber alle warten ruhig und geduldig. Die meisten haben Verständnis für uns“, schilderte der 43-Jährige. Lesen Sie auch: Besonderheit in Gütersloher Apotheke - Automat packt Pillen für Kunden 120 Kunden nach zwei Stunden in der Gütersloher Notfallapotheke Rund 120 Kunden hatte die Spexarder Apotheke nach etwas mehr als zwei Stunden bereits verbucht. &bdquo;Normalerweise zählen wir an einem ganzen Werktag etwa 200 Kunden“, so Matthias Irrgang. Rund 90 Prozent der herausgegebenen Pillen, Salben, Säfte & Co. seien Not-Medikationen gewesen. &bdquo;Also zum Beispiel Antibiotika, Antiallergika oder Inhallationen.“ Bis zum &bdquo;Schichtende“ am Mittwochmorgen erwartet Matthias Irrgang rund 500 Kunden. Dafür bewältigten der Apotheker, Ehefrau Angela (42) und zwei Mitarbeiterinnen den Sonderdienst nebst technischer Panne beim E-Rezept. &bdquo;Auf einmal funktionierte nichts mehr. Dafür musste jetzt ein IT-Spezialist aus Porta Westfalica kommen“, so Matthias Irrgang zum zusätzlichen Stressfaktor. Der dreifache Familienvater übernimmt auch die Nachtschicht und schläft auf einem Schrankbett in seinem Büro. Feierabend hat er nach den 24 Stunden Dienst am Mittwochmorgen aber längst nicht. Sein Dienst geht bis 13 Uhr weiter. &bdquo;Dann habe ich zwei Stunden Pause und wieder Dienst“, schildert Matthias Irrgang – &bdquo;dem Personalmangel sei Dank“. Lieferengpässe, Bürokratie, Unterfinanzierung Auch Lieferengpässe, ausufernde Bürokratie und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung (&bdquo;Die Vergütung ist seit 2004 praktisch gleich geblieben“) haben aus Sicht der Apotheker zum Streik geführt. Für Matthias Irrgang passiert an diesem 14. Juni &bdquo;etwas Historisches, weil Arbeitgeber und Arbeitnehmer der öffentlichen Apotheken zusammenstehen und gemeinsam protestieren, obwohl man ja in Konkurrenz zueinander steht.“ In persönlichen Gesprächen bekomme man viel Rückhalt und Zuspruch von den Kunden und der Ärzteschaft im Hinblick auf den Protesttag. Dominik Fiekens (23) hat aus Verl den Weg zur Spexarder Apotheke angetreten, weil ihn an diesem Tag die Pollenallergie extrem plagt und er ein Antiallergikum und Nasenspray benötigt. &bdquo;Hierhin fahren zu müssen, ist natürlich blöd für mich, aber ich kann den Streik der Apotheker durchaus verstehen“, sagt der junge Mann. Phiangphen Reckersdrees (57) wohnt nicht weit weg und will ein Rezept einlösen. &bdquo;Ich habe mich gewundert über die lange Schlange und dachte, es sei etwas besonderes.“

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