Nach 87 Jahren: Gütersloher Apotheke nahe des Hauptbahnhofs schließt bald

Gütersloh. Diese Apotheke ist vermutlich fast jedem Gütersloher ein Begriff – doch bald gehört sie der Vergangenheit an. Inhaberin Susanne Gehring schließt die Bahnhof-Apotheke an der Carl-Bertelsmann-Straße zum 30. November. Nach 87 Jahren ist gegenüber des neuen Schüttflix-Towers endgültig Schluss. Eine bewusste Entscheidung – auch, wenn sie der langjährigen Kreisvertrauensapothekerin nicht leicht fällt. &bdquo;Ich bin jetzt im Rentenalter“, sagt sie entschlossen, &bdquo;aber, wenn ich ehrlich bin, ist das nicht der einzige Grund.“ Vor allem die zahlreichen bürokratischen Hürden in den vergangenen Jahren hätten dazu geführt, dass die Wirtschaftlichkeit der Apotheken auf der Strecke bleibe. &bdquo;Wir haben zuletzt so häufig darauf aufmerksam gemacht, aber uns glaubt niemand.“ Gütersloherin sauer auf Karl Lauterbach Vor allem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fühlt sich Susanne Gehring mittlerweile &bdquo;persönlich angegriffen“. Honorarerhöhung, neue Tarifverträge, Erhöhung des Kassenrabatts, Skontourteil, Lieferengpässe – die Liste der Einschnitte bei den Apotheken in den vergangenen Monaten ist lang. Und sie tun weh. Susanne Gehring: &bdquo;Irgendwann wird die Luft einfach zu dünn.“ Hinzu komme die fehlende Wertschätzung, unter der viele Apotheker aktuell leiden. Unter diesen Voraussetzungen sei es fast unmöglich, einen Nachfolger zu finden. Zwar ist Gehrings Tochter selbst Apothekerin; sie ist aber mittlerweile ins Krankenhaus gewechselt. Eine Entscheidung, die Susanne Gehring sehr gut nachvollziehen kann. &bdquo;Vermutlich würde ich mich heute auch nicht mehr für eine öffentliche Apotheke entscheiden“, sagt sie. Eine der ersten Apotheken überhaupt in Gütersloh Der Apotheker Wilhelm Vogel hatte die Bahnhof-Apotheke unweit des Gütersloher Hauptbahnhofs am 9. November 1937 gegründet. Damals war sie neben der Rats-Apotheke und der Krönig’schen-Apotheke die dritte Apotheke in Gütersloh. Vogel führte sie bis zu seinem Tod im Jahr 1948. Anschließend wechselte die Traditions-Apotheke mehrfach den Besitzer. Seit 1999 ist sie in den Händen von Susanne Gehring. Ein Aspekt, der der 66–Jährigen in all’ den Jahren besonders am Herzen lag: der intensive Austausch mit ihren Kunden. Es sei ihr nicht nur darum gegangen, die passenden Medikamente zu verkaufen. Sie habe immer ein offenes Ohr für jegliche Sorgen ihrer Kunden gehabt und sich viel Zeit für die Beratung genommen. Umso mehr freue sie sich, dass sie in diesen Tagen viel Zuspruch von Stammkunden erhalte. &bdquo;Viele haben schon mitbekommen, dass ich aufhöre und bedanken sich bei mir - das tut wirklich gut.“ Lesen Sie auch: Apotheke im Kreis Gütersloh schließt für immer – monatelange Nachfolger-Suche scheitert Besonderes Vorhaben nach der Schließung Ende November öffnet sie die Apotheke zum letzten Mal; im Anschluss hat sie noch einige Wochen zur endgültigen Abwicklung. &bdquo;Danach freue ich mich, dass ich nicht mehr ständig die Apotheke im Kopf habe und einfach mal abschalten kann.“ Ganz so stressfrei wird die Rentenzeit aber vielleicht gar nicht. Gehring verrät nämlich, dass sie schon Pläne schmiedet. &bdquo;Ich liebäugele aktuell mit einem Senioren-Studium an der Uni Bielefeld“, sagt sie und schmunzelt, &bdquo;dann aber nichts mit Naturwissenschaften. Das habe ich jetzt lange genug gemacht.“ Stattdessen könnte sie sich vorstellen, Politik oder Psychologie auszuprobieren. Wie es mit der Immobilie mit der großen Schaufensterfront weitergeht, weiß Susanne Gehring übrigens noch nicht. &bdquo;Mein Vermieter versucht aber tatsächlich, wieder eine Apotheke hier zu etablieren... mal schauen“, sagt die gebürtige Osnabrückerin. Sie selbst habe mit ihrer Apotheke Bestandsschutz gehabt – für eine neue Apotheke müssten allerdings einige Änderungen vorgenommen werden. Unter anderem ist ein barrierefreier Eingang mittlerweile Pflicht.

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