Gütersloher Rentnerin wird mit unseriösen Kleinanzeigen ins Verderben gelockt

Gütersloh. &bdquo;Suche Gobelin-Bilder, Zinn und Pelze“ – die Kleinanzeige las sich unverfänglich und wirkte seriös. Auch der erste Kontakt am Telefon verlief erfreulich. Die Gütersloher Rentnerin Eleonore F. (Name geändert) schien einen Liebhaber gefunden zu haben, bei dem ihre alte Textilkunst in guten Händen sei und der ihr bares Geld dafür anbot. Schnell war ein Termin vereinbart, doch beim Hausbesuch folgte die böse Überraschung. Die 89-Jährige war einem Betrüger aufgesessen, der ihr durch geschickte Gesprächsführung und Ablenkungsmanöver vier Gold- und Silberketten sowie eine Zinnschale entlockt hatte. &bdquo;Der Mann hat mich einfach überrumpelt. Er ließ mir zwar 95 Euro da, doch die Schmuckstücke sind ein Vielfaches mehr wert gewesen“, erzählt die alte Dame traurig. Sie ist kein Einzelfall. Auch bei der Polizei im Kreis Gütersloh kennt man diese Art von Trickbetrug. So genannte &bdquo;fliegende Händler“ inserieren in Tageszeitungen, im Internet, auf Kleinanzeigenportalen. Sie suchen dort gezielt nach Dingen, deren Besitzer vorwiegend ältere Menschen sein dürften – Klassiker sind Pelze, Schreibmaschinen, Schallplatten, Bernstein, Granatschmuck oder Sammeltassen. Mit ihrem vermeintlichen Kaufgesuch wecken sie das Interesse ihrer späteren Opfer, die sie zu Hause aufsuchen. Dort wird meist schnell klar, dass die scheinbaren Kaufinteressenten es in Wahrheit auf andere Dinge abgesehen haben, nämlich Schmuck, vor allem Gold, und Geld. Dabei nutzen sie aus, dass ihre Opfer älter und alleinstehend sind und sich nicht wehren können. &bdquo;Diese Fälle kommen bei uns immer mal wieder vor“, spricht Polizeisprecher Mark Kohnert von einer kriminellen Masche, die zwar altbekannt sei, aber im Prinzip nie an Aktualität verloren hat. Nach dem Termin bei den Betroffenen zu Hause sind die Betrüger nicht mehr erreichbar, Telefone werden gewechselt und auch die Polizei hat oft kaum eine Chance, den oder die Täter im Nachhinein zu ermitteln. Zunächst höflicher Herr wird aufdringlich und krallt sich Ketten Im Fall von Eleonore F. hat der Täter einen reichen Fang gemacht. Beim dem Vorfall im September vergangenen Jahres erbeutete der Mann neben einer Zinnschale (&bdquo;Dafür gab er mir fünf Euro“) eine Goldkette mit Aquamarin-Anhänger, ein Granat-Collier aus Gold, eine Silberkette mit einem blauen Stein und eine Kette mit Kleeblatt-Anhänger. &bdquo;Alles in allem sprechen wir hier über materielle Werte, die im vierstelligen Bereich liegen“, ist sich die Gütersloher Schmuck-Händlerin sicher, die Eleonore F. zu ihren Stammkunden zählt. Über die Jahre hat sich zwischen beiden Frauen ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut. Deswegen hatte sich die aufgeweckte ältere Dame ihrer Schmuckhändlerin auch anvertraut und die Betrugsgeschichte erzählt. Davon, wie sie die Handynummer aus der Kleinanzeige angerufen und der nette Mann einen seriösen Eindruck auf sie erweckt hatte. Dunkelblond gescheitelt sei er gewesen und etwa 60 bis 65 Jahre alt, schätzt Eleonore F. Als er zu ihr in die Wohnung kam, spielte er zunächst Interesse an den gestickten Gobelin-Wandbildern vor. Vermutlich um die eigentlichen Absichten zu verschleiern. &bdquo;Doch dann fragte er plötzlich: Wie ist es mit Schmuck?“ Er habe sie immer wieder in Gespräch verwickelt. Dann habe sie ihre bordeauxfarbene Schatulle geöffnet. &bdquo;Ein Fehler“, weiß sie heute. Denn der eben noch höfliche Herr wird nun aufdringlich, durchsucht eigenmächtig die einzelnen Fächer und krallt sich die Ketten. Für Schmuck im vierstelligen Bereich 95 Euro da gelassen Der windige Händler gaukelt Eleonore F. vor, dass es sich um Stücke von minderem Wert handele. Er drängt sie zum schnellen Verkauf, setzt sie unter Druck. Dreist schnappt er sich auch das Granat-Collier, das sie so gerne trug und das mit vielen Erinnerungen verbunden war. &bdquo;Er legte mehrere Ketten auf den Tisch und die 95 Euro. Dann war er im Prinzip auch schon wieder verschwunden“, sagt die 89-Jährige. Allerdings mit dem Schmuck im vierstelligen Bereich. Sie sei mit der Gesamtsituation überfordert gewesen. Erst einige Wochen später erstattete sie Anzeige bei der Polizei. &bdquo;Mir war es peinlich, dass ich auf die Masche reingefallen bin.“ Wie Eleonore F. geht es jedoch auch anderen älteren Menschen. Oft genug hat auch die Gütersloher Schmuckhändlerin in ihrem Geschäft von ähnlichen Fällen gehört. Deshalb habe sie ihre Kunden dazu ermutigt, mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen. Beide Frauen wollen potenzielle Opfer vor der kriminellen Masche der skrupellosen Kleinanzeigen-Betrüger warnen. &bdquo;Man sollte niemals fremde Händler in seine Wohnung lassen. Es tut mir in der Seele weh, dass Gutgläubigkeit so schamlos ausgenutzt wird“, sagt die Schmuck-Expertin und fügt hinzu: &bdquo;Der materielle Wert ist das eine, aber es gibt eben auch den ideellen Wert. Schmuck ist für viele Menschen ein Stück Erinnerung. So etwas hat Geschichte.“ Ideelle Werte: Die Geschichte hinter dem glitzernden Geschmeide Im Fall von Eleonore F. trifft dies vor allem auf das verlorene Granat-Collier zu. Die gebürtig aus Polen stammende Seniorin wuchs in ihrer Kindheit eine Zeit lang im Flüchtlingslager in Gütersloh an der heutigen Carl-Miele-Straße auf. Dort habe sie immer das glitzernde Geschmeide einer älteren Dame aus Breslau bewundert. &bdquo;In das war ich als Kind schon verliebt“, erzählt die 89-Jährige. Jahre später habe sie sich deshalb ein ähnliches Schmuckstück zugelegt. &bdquo;Für seinerzeit noch 150 D-Mark“, erinnert sie sich. Die ihr vertraute Gütersloher Schmuckhändlerin weiß: &bdquo;Solch ein Schmuckstück allein kostet heute etwa 400 Euro.“

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