
Oerlinghausen. Schwarzer Anzug, schwarz-weiße Krawatte, stylishe Frisur und auch mit 83 Jahren noch voller Energie. „Ich bin der einzige öffentlich bestellte und vereidigte Versteigerer der Industrie- und Handelskammer in OWL“, sagt Detlef Jentsch, ehe er loslegt. 144 Exponate gilt es an diesem Tag im Jägerhaus an den Mann oder die Frau zu bringen. Eine Versteigerung in dieser Größenordnung kann durchaus zwei Stunden dauern. Jentsch schafft es in 48 Minuten.
Die Mitarbeiter des Auktions- und Pfandhauses Heitmann aus Bielefeld, für die der Auktionator den Hammer „zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“ auf den hölzernen Tisch knallen lässt, wissen: „Er ist bekannt dafür, dass er es schnell über die Bühne bringt.“ Entsprechend fix müssen auch sie agieren. Gar nicht einfach bei dem Tempo, das Jentsch vorlegt.
4.000 Interessenten bei einer einzigen Auktion
Eigentlich ist er, der durchaus als Original bezeichnet werden darf, auf die Nachlässe wohlhabender Menschen spezialisiert. „Man vertraut mir“, sagt Jentsch, „das ist der entscheidende Punkt“.
Erst vor einigen Wochen hat er das Inventar eines Bauernhauses in Gütersloh versteigert, zuvor Kunst und Antiquitäten in einem „jottwede“ liegenden Gutshof. Zwei Fernsehsender waren dabei und mehr als 4.000 Interessenten. „Alles, was drin war, war am Ende weg“, berichtet Jentsch, der beim WDR in den Jahren 2005 bis 2008 sogar mal mit einer eigenen Sendung unter dem Titel „Original und Fälschung“ vertreten gewesen ist. Seit 45 Jahren ist er mit seinem Auktionshaus im Geschäft.
Obwohl der erfahrene Auktionator eher in nobler Umgebung wirkt, übernimmt er immer wieder gerne auch die vergleichsweise kleine Veranstaltung in der Bergstadt. Dort bietet das Pfandhaus Heitmann eine solche Pfandversteigerung seit 27 Jahren an. Die jüngste ist nun zudem die letzte Versteigerung in Oerlinghausen gewesen. „Unser Vermieter hat andere Pläne mit der Immobilie, deshalb schließen wir“, berichten die Mitarbeiter, während sie Bieterkarten verteilen.
Etwa 20 Interessenten sind gekommen. Wo das Hauptinteresse liegt, wird schnell deutlich. Während Handys, Kopfhörer, Lautsprecherboxen, Spiegelreflexkameras und selbst drei passabel aussehende Fahrräder, eines davon ein E-Bike, links liegengelassen werden, gehen vor allem zwei Herren immer dann in den Bieterstreit, wenn es um Schmuck geht.
Statt Schmuckstück gibt es einen Laptop
Eine Besucherin, die auch gerne eines der schönen Stücke hätte, muss bald erkennen, dass sie keine Chance hat. Zumindest nicht in diesem Bereich, später kommt ein Laptop mit nach Hause. „So eine Versteigerung ist jedes Mal überraschend“, bestätigt Detlef Jentsch, „denn man weiß ja nie, wer kommt.“ Dass Schmuck am besten läuft, wundert Jentsch nicht. „Zurzeit geht alles in Gold“, weiß er. „Im vergangenen Jahr habe ich insgesamt 2,6 Tonnen Gold versteigert.“ Obwohl im Moment so gut wie nichts sicher sei, gebe es eine riesige Nachfrage.
Zwei Stunden vor der Versteigerung können die Objekte im Jägerhaus besichtigt werden. Klar ist, dass der Zuschlag zur Abnahme verpflichtet, dass bar gezahlt werden muss und keine Haftung für Mängel übernommen wird.
Ein Armband geht für 291 Euro weg, ein Collier für 370 Euro, Ohrstecker für 215 Euro. Weitere Ringe, Ketten und Anhänger werden ersteigert. Zwischendurch findet auch eine Stichsäge ihren Abnehmer, eine Bohrmaschine, ein Steckschlüsselsatz, Fritz-Boxen und doch noch ein Senioren-Handy gehen ebenfalls weg. „So, geschafft“, sagt Detlef Jentsch und verrät noch schnell, dass es von seiner Sorte nur 29 in der gesamten Bundesrepublik gibt. Denn als öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer müsse „die Weste weißer als Persil sein“. Daraus folgt für ihn: „Da ist die Chance größer, Bundeskanzler zu werden.“