Deutliche Kritik am Böllern in Gütersloh: "So schlimm wie ich es noch nie erlebt habe"

Gütersloh. Im Vorfeld der Silvesternacht hatte sich ein Autor der "NW" in einem Kommentar gegen das Böllern ausgesprochen, das 2022 auch in Gütersloh wieder ohne große Einschränkungen erlaubt war. Er vertrat darin die Meinung, dass die Stadt Gütersloh dadurch eine große Chance verpasst hatte. Die Redaktion erreichten daraufhin zahlreiche Zuschriften, die sich mit dem Beitrag auseinandersetzen. Wir veröffentlichen eine Auswahl davon an dieser Stelle. Sabine Jaschinski, Marienfeld: Viele unserer Mitmenschen sind der Meinung, dass sie nun das in den letzten zwei Jahren Verpasste nachholen müssen - daher finde ich es toll und mutig von Ihnen, dass Sie in der Öffentlichkeit Stellung beziehen; ich glaube, das trauen sich nicht allzu viele! Abgesehen davon zeigt uns diese, schon fast tropisch warme Silvesternacht, dass der Klimawandel in vollem Gange ist - dennoch wird für teuer Geld der Müll zunächst gen Himmel geschossen, bevor er anschließend (unentsorgt, weil es ja keiner gewesen ist) unsere Umwelt verseucht - von den vielen Unfällen rund um die Böllerei mal ganz abgesehen. Für Mensch, Tier und die Umwelt wäre daher ein Böllerverzicht sehr zu begrüßen! Detlef Clever, Gütersloh: Sie haben mir in vielen Dingen aus der Seele geschrieben! Auch ich finde, dass die Stadt hier eine Chance verpasst hat und ein allgemeines Böllerverbot hätte fortführen und durchsetzen sollen. Allein schon, wenn man sich mal in die Tiere hineinversetzt und auch aus Gründen des Umweltschutzes. Gerade auch in Zeiten des Klimawandels ist Böllern für mich schlichtweg gewissenlos und sollte abgeschafft werden. Einfach nicht mehr zeitgemäß. Zudem: Während in der Ukraine gerade ein Krieg tobt und dort ständig mit Bomben "geböllert" (gut, der Vergleich hinkt etwas, aber Assoziationen kommen da schon auf) und getötet wird, dürfen wir hier vergnüglich mit Geböllere ins neue Jahr feiern? Da stimmt doch was nicht. Veronika Fode, Gütersloh: Sie sprechen mir aus der Seele: Jetzt wäre eine sehr gute Gelegenheit gewesen, die unsägliche Knallerei an den Tagen um Silvester zu unterbinden. Ich sage bewusst "an den Tagen". Es wird ja nicht nur um 24 Uhr an Silvester geknallt, nein vorher und sogar noch am 1. Januar 2023 um 18 Uhr wird eifrig geböllert. Durch zwei Jahre Einschränkung in Sachen Raketen, Gestank und Unrat in der Natur hätte die Stadt, nein sogar das gesamte Land eine feine Möglichkeit gehabt, durch zentrale Feuerwerke und natürlich Verbote jeglichen Verkaufs an privat die ganze Geschichte einzudämmen. Ich staune immer wieder bei diversen Nachrichten im TV oder Radio, dass von ungewöhnlich warmem Silvester gesprochen wird, aber niemand sich äußert, dass auch die Umweltverschmutzung durch die diversen privaten Feuerwerke dazu beiträgt. Freunde erzählten uns, dass ein Aufenthalt in der Silvesternacht kurz nach 24 Uhr am Pavenstädter Weg schier unmöglich war - es hat dermaßen gestunken, da blieb man lieber im Haus. Es kann doch nicht sein, dass wir dermaßen eingeschränkt werden durch diese extreme Umweltverschmutzung einzelner, dass unser Hund medikamentös behandelt werden muss, dass unsere Katze Panik hat, die freilebenden Tiere flüchten - aber wohin nur? Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich 60 Prozent der Bevölkerung gegen diese Knallerei ausgesprochen hat - eventuell kann durch eine offizielle Bürgerbefragung etwas erreicht werden - wenn schon unsere Politiker das nicht im Sinn einer lebenswerten Stadt beziehungsweise eines lebenswerten Landes regeln können? Rosemarie Boisseau, Gütersloh: Ihr Artikel hat mich sehr berührt und entsprach ganz meiner Meinung. Eigentlich wollte ich sofort darauf antworten, aber dann doch die Silvesternacht abwarten, vielleicht würde diese ja nicht so schlimm werden. Inzwischen sind wir alle eines Besseren belehrt worden, sie war so schlimm und laut wie ich sie noch nicht erlebt habe und ich habe mit meinen 73 Jahren schon einige Silvesternächte mitgemacht. Es ist wirklich unglaublich, dass die Böllerei noch nicht verboten wurde. Politiker äußern zwar Entsetzen und Unverständnis angesichts der Tatsache, dass Böller inzwischen als &bdquo;Waffen“ eingesetzt würden. Waffen ohne Waffenschein sind in diesem Land bekanntlich nicht erlaubt, also wo bleibt die echte Konsequenz für das Verhalten vieler Chaoten? Hinzu kommt zu diesen &bdquo;Waffen“ auch noch der Konsum von Alkohol, eine brandgefährliche Mischung, wie man jetzt in Berlin sehen konnte. Wie in den Jahren vor Corona gab es jetzt auch Menschen, die Verletzungen und sogar eine Hand oder beide Unterarme und auch ihr Leben verloren haben. Sie werden wohl nicht mehr böllern. Alles wird hingenommen, weil es ja eine lange Tradition ist. (...) Ich bin der Meinung, dass wir uns diese Art von &bdquo;Tradition“ auch angesichts des Klimas einfach nicht mehr leisten können. Wer es unbedingt laut haben möchte: es gibt genug Kriegsgebiete und eines ist noch nicht mal so weit entfernt (...). Gelten Klimamaßnahmen am 31. Dezember nicht mehr und ab 1. Januar leben wir wieder Klima bewusster? Was für eine Heuchelei! (...) In meinem Bekanntenkreis sind viele Haustierbesitzer, für die diese eine Nacht (und teilweise auch schon Tage davor) die Hölle ist. Viele Tiere müssen sogar sediert werden. Mit den Haustieren ist das vielleicht noch machbar, aber für die Wildtiere einfach unmöglich. In anderen Ländern, zum Beispiel Frankreich, gibt es keine Böller, da findet auf größeren öffentlichen Plätzen um Mitternacht ein Feuerwerk statt. Es muss ein Böllerverbot her und zwar für die ganze Bundesrepublik. Vielleicht kann es mit Hilfe Ihrer Zeitung gelingen, wenigstens im Kreis Gütersloh schon mal anzufangen?

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