Ehemalige Kult-Kneipe "Fasan" in Gütersloh drohte einzustürzen

Gütersloh. &bdquo;Alles im Griff“, versichert Werner Kordtomeikel. Man mag es kaum glauben. Wer dieser Tage die Großbaustelle an der Kökerstraße betrachtet, dessen Blick fällt unweigerlich auf den ehemaligen &bdquo;Fasan“: Risse ziehen sich durchs Gebäude, meterlang, faustdick. Lange Holzbalken, verankert an den Seitenwänden, scheinen den Bau nur mit Mühe zusammen zu halten. Und dort soll die Lage im Griff sein? Kordtomeikel, Architekt und Investor, bleibt dabei: &bdquo;Keine Sorge. Das hält.“ Zugegeben, vor ein paar Wochen, als die Baustelle Fahrt aufnahm, habe auch er sich erschrocken. Das denkmalgeschützte Gebäude, im 19. Jahrhundert in spätklassizistischem Stil errichtet, drohte, auseinander zu brechen. Nachdem schweres Gerät begonnen hatte, ringsum Gruben auszuheben, verlor das Haus an Stabilität. Um es bildlich auszudrücken: Der Fasan stand kurz davor, die Flatter zu machen. "Man wird später nichts mehr davon sehen" Doch Bauherren und Stadt reagierten. Das Bauordnungsamt verhängte im Mai einen zweiwöchigen Baustopp, &bdquo;um weitere Schädigungen zu verhindern und um in Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde Sicherungsmaßnahmen durchzuführen“, heißt es auf NW-Anfrage. Worin diese Maßnahmen bestanden? Vor allem in dem Anbringen von Stabilisatoren. In der Tat sind es die Zuganker an den Seitenwänden, die den Fasan jetzt klammern, sagt Kordtomeikel. Sie sind miteinander verbunden und ziehen sich stramm durchs Gebäudeinnere. &bdquo;Das ist eine baufachlich anerkannte und mit dem Denkmalschutz abgestimmte Maßnahme“, sagt Kordtomeikel. Das Gebäude sei stabilisiert, weitere Schäden seien nicht zu erwarten. Was für Außenstehende bedenklich aussehe, sei nichts, was sich nicht beheben ließe. Kordtomeikel: &bdquo;Das ist alles sanierungsfähig. Man wird später nichts mehr davon sehen.“ Am Zeitplan halten die Investoren fest Wer oder was die Schäden verursacht hat, keiner weiß es so genau. An der Kökerstraße laufen zwei Großbaustellen parallel: Auf dem Fasan-Grundstück ackert die Bauträgergesellschaft der Architekten Kordtomeikel und Thomas Herzog, auf dem Nachbargrundstück die Firma Asset Immobilien. Sie wollen zeitgleich fertig werden, zum einen, weil das ihre Arbeiten logistisch erleichtert, zum anderen, weil sie der Innenstadt nicht jahrelang Baustellen-Unbill zumuten wollen. &bdquo;Wir haben mit unseren Nachbarn ein gutes Miteinander“, sagt Andreas Grube, der von Asset beauftragte Architekt. Man stimme sich ab, tausche sich aus. &bdquo;Es ist in unser aller Interesse, dass wir das hier gut hinkriegen.“ Im Herbst 2023, so der unveränderte Zeitplan, soll alles fertig sein: die beiden viergeschossigen Bauten von Asset, der viergeschossige Neubau von Herzog/Kordtomeikel und die Sanierung des Fasan-Gebäudes, ebenfalls Herzog/Kordtomeikel. Am Ende sollen zwischen Kökerstraße und Trommelpättken 45 neue Wohnungen entstanden sein, plus drei, vier Geschäftseinheiten in den Erdgeschossen. Manches ist zur Miete, manches zum Kauf. Lesen Sie auch:Rückblick - der Fasan öffnet zum letzten Mal Ein Seismograf misst jede Erschütterung Die Schäden am Fasan seien die einzigen, weitere seien der Stadt nicht bekannt, berichtet diese. Vor Baubeginn hatte ein Beweissicherungssicherungsverfahren gestanden: Fachleute nahmen den Zustand der Nachbargebäude auf, speziell der Denkmäler Fasan, Stadtmuseum und Martin-Luther-Kirche. Ein solche Beweissicherung gilt als üblich, gerade in verdichteten Innenstadtlagen. Zudem vereinbarten die Bauherren mit der Stadt ein Monitoring. Im Boden liegen Seismografen, die jede Erschütterung registrieren. Ein unabhängiger Sachverständiger kontrolliere das und schicke die Messwerte alle paar Tage an die Stadt, sagt Andreas Grube. &bdquo;Wir arbeiten in einem verdichteten, megasensiblen Umfeld. Wir müssen achtsam sein. Uns ist wichtig, dass alles korrekt festgehalten wird.“ Alle 58 Pfähle sind seit gestern gesetzt Die Seismografen seien sehr empfindlich, so Grube. Zum Beispiel registrierten sie, dass die Bohrpfähle, die bis in 15 Meter Tiefe reichen, nahezu erschütterungsfrei in den Boden gelangen. Der Grund: Der gewaltig aussehende, haushohe Bohrer ramme und rüttele nicht, sondern er drehe sich, und das ohne jede Schwingungen. Grube: &bdquo;Wenn oben auf der Kökerstraße ein Bus durchfährt, schlägt der Seismograf stärker aus.“ Nachdem gestern, Dienstag, die beiden letzten der 58 Bohrpfähle gesetzt wurden, ist dieser Abschnitt ohnehin abgeschlossen, so Grube. Als nächstes rücke Hagedorn an und hole den Keller des abgerissenen Vorgängerbaus heraus. Das früher zu tun, wäre heikel gewesen: Es hätte dazu führen können, dass die Kökerstraße wegsackt, sagt Grube. Nun sei es stabil genug. Den Bäumen hinter der Kirche fehlt das Wasser Ein Beobachtungsfall bleibt indes: die Bäume an der Rückseite der Martin-Luther-Kirche. Eine mächtige Rotbuche und weitere Großbäume wachsen dort. Ihre Stämme sind mit Bretterverschalungen geschützt, doch das Problem lauert eher unten: fehlendes Grundwasser. Laut eines Verzeichnisses hätten die Bauleute nach 90 Zentimetern auf Grundwasser stoßen müssen, &bdquo;doch tatsächlich war das erst nach drei Metern der Fall“, sagt Grube. Dass für die Baustelle Grundwasser abgepumpt wird, setzt den Bäumen nun zusätzlich zu. Mit der evangelischen Gemeinde sei vereinbart, die Bäume kräftig zu gießen, alle drei Tage karre man 6.000 Liter Wasser an. &bdquo;Wir gehen davon aus, dass das reicht, sonst erhöhen wir die Menge“, sagt Grube. Der Erhalt der Bäume liege auch Asset am Herzen. Die Schönheitskuren kommen am Ende Die Mauern des Trommelpättkens, fast vollständig geschleift, werden neuerrichtet – so ist es mit der Stadt besprochen. Durch das Verwenden alter Ziegel werde das Pättken aufgewertet, hatte Kordtomeikel vor einiger Zeit versichert und zugleich ein Face-Lifting für den Fasan angekündigt: Das Gebäude erhält einen neuen Anstrich. Nicht mehr gelb, sondern rot wird es sein. Die Farbe hat er gemeinsam mit den Denkmalbehörden ausgesucht.

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