Wo ist Güterslohs Bürgermeister? Norbert Morkes reagiert auf scharfe Kritik

Der geplante Ausbau der Grundschulen verteuert sich von 100 Mio. Euro auf 107 Mio. Euro. Das Mammutprojekt stellt die Stadt scheinbar vor eine Zerreißprobe. Die Politik zeigte sich in dieser Woche erbost über das Vorgehen der Verwaltung und der CDU-Fraktionsvorsitzende hat öffentlich in die Runde gefragt: Wo ist eigentlich der Bürgermeister? Herr Morkes, möchten Sie auf diese Frage antworten? NORBERT MORKES: Ja, das möchte ich, denn die verbalen Angriffe von Heiner Kollmeyer (CDU) gibt es seit der zweiten Ratssitzung meiner Amtszeit. Ich bin bis jetzt ruhig geblieben. Damit ist Schluss. Man scheint Gelegenheiten zu suchen, um mich zu diskreditieren. Die haltlosen Attacken und Wortspielereien enden nicht. Mir scheint, dass die CDU den Verlust des Bürgermeisteramtes schlecht überwinden kann. Das ist bedauerlich, denn die CDU sollte sich überlegen, ob es nicht besser ist, konstruktiv mit der Stadtverwaltung zusammenzuarbeiten. Sie erleben also Stimmungsmache? Ja, denn einer meiner ersten offiziellen Besuche zusammen mit Henning Matthes war bei der Bezirksregierung Detmold. Wir haben als Stadt Schelte bezogen, warum wir im Ausbau der Grundschulen noch nicht vorangekommen sind. Das Thema ist acht Jahre alt. Es ist unter meinem Vorgänger liegen geblieben und das sage ich hier in aller Deutlichkeit. Wir haben darüber hinaus ein Riesenproblem an der Janusz-Korczak-Gesamtschule. Warum ist das nicht gemacht worden unter Herrn Schulz (CDU)? Vor zwei Jahren hat mein Vorgänger die Holzbauweise für den Grundschulausbau plötzlich vorgestellt – es war aber kaum etwas mit der Verwaltung abgesprochen. Innerhalb der Verwaltung wusste der zuständige Fachbereich Hochbau und Planungsamt nichts über diese Pläne. Das hat in der Öffentlichkeit natürlich Hoffnungen geweckt. Hoffnungen, die jetzt durch enorme Kostensteigerungen platzen? Weil so viel Zeit vergangen ist, haben wir jetzt das Problem, das alles teurer geworden ist. Manche Preise kann ich mir selbst nicht erklären, aber die Weltmarktlage ist halt so. Wir arbeiten fieberhaft mit den entsprechenden Fachbereichen an der Lösung des Problems für die Grundschulen. In Wahrheit haben wir ja noch viele andere Millionenprojekte auf dem Tisch: der Umbau des Ev. Stift. Gymnasiums, das Klinikum, das Mansergh Quartier oder die Diskussion um den Bahnhof beziehungsweise den ZOB. Das sind Themen, die sind von meinem Amtsvorgänger alle angestoßen aber gar nicht weiter bearbeitet worden. Beim Busbahnhof sind wir in der Diskussion, wie wir eine städtebauliche Entwicklung des Gesamtareals mit oder ohne Hagedorn hinbekommen. Wir diskutieren auf breiter Ebene. Das ist neu, denn der Geschäftsführer der Busgesellschaft, Herr Libuda, ist in die gesamte Diskussion durch meinen Vorgänger überhaupt nicht involviert worden. Und ich frage mich heute, warum ist das unter Schulz alles liegen geblieben? Lesen Sie auch: Nadelstiche gegen Norbert Morkes: "Er ist und bleibt ein Quereinsteiger" Das würde bedeuten, dass die CDU mit Kritik an Ihrer Person ein Eigentor schießt. Und zudem noch mit der Verwaltung die Mitarbeiter zu Unrecht angreift? Nein. In der Schusslinie steht der Bürgermeister. Wenn die CDU öffentlich fragt, wer die Verantwortung trägt, dann kann ich sagen, ich habe die Verantwortung. Ich habe immer gesagt, ich stelle mich vor meine Mitarbeiter. Dass wir in den Fachbereichen Bau längst über der Personalgrenze sind, dass weiß die CDU und das weiß die gesamte Politik. Wir haben deshalb die Politik schon vor geraumer Zeit gebeten, eine Prioritätenliste zu erstellen. Ich habe bereits in meiner Haushaltsrede gesagt, gebt uns das Personal und dann können wir auch eure Aufgaben erfüllen. Das wird uns aber verwehrt. Herr Morkes, Sie haben noch nicht verraten, warum Sie am Dienstag den Bildungsdezernenten Henning Matthes als Überbringer der Kostensteigerung in den Ausschuss geschickt haben und selbst nicht anwesend waren. Haben Sie sich weggeduckt? Natürlich nicht. Es war aus meiner Sicht gar nicht nötig, dort zu erscheinen. Warum? Wir haben gesehen, wie sich die Zahlen im Projekt “Zukunftsfähige Schule” entwickeln. Deshalb gab es am 3. Mai ein erstes Krisengespräch dazu mit Baudezernentin Nina Herrling, Herrn Matthes, Doktor Eisenmenger und mir. Wir befinden uns jetzt in der Phase wo wir von Preis-Schätzungen zu konkreten Berechnungen kommen. Bereits am 31. Mai um 16 Uhr haben Herr Matthes und ich die Fraktionsvorsitzenden in einer Videokonferenz über die Kosten des Projektes informiert. Wir haben erklärt, dass wir noch Abstimmungsbedarf im Rathaus haben und dass es deshalb keine Beschlussvorlage für den Baustart vor den Sommerferien geben wird. Die Politik hat Verständnis dafür signalisiert. Deshalb wundere ich mich doch sehr über die Äußerungen, die im Ausschuss gefallen sind. Lesen Sie auch: MorkesMorkes gehört weniger Gremien an als sein Vorgänger - woran liegt das? gehört weniger Gremien an als sein Vorgänger - woran liegt das? Die Kritik der schlechten Kommunikation weisen Sie von sich? Nein, das tue ich nicht. Der Verwaltungsvorstand hatte Ende letzten Jahres eine strategische Sitzung. Dort wurde von jedem einzelnen Beigeordneten festgestellt, dass die Verwaltung eine schlechte interne Kommunikation hat. Bei mir selbst hat es am Anfang auch gehapert, weil ich bisweilen nicht wusste wen ich innerhalb des Rathauses informieren muss. Wir waren uns einig, dass der Austausch besser werden muss. Daran arbeiten wir. Aber in dem konkreten Fall der Schulbaukosten haben wir uns nichts vorzuwerfen. Wo ist eigentlich Morkes? Die Frage taucht auch in der Bevölkerung auf, zum Beispiel als bekannt wurde, dass Sie in der vergangenen Woche nicht zum Städtetag nach Essen gefahren sind. Gibt es dafür Gründe? Wir hatten eine langfristige Anmeldung beim Städtetag und natürlich wäre ich dorthin gefahren. Zu dem Zeitpunkt war nicht bekannt, dass die Personalversammlung aller städtischen Kitas ist. In den Betreuungseinrichtungen brennt momentan wirklich die Erde aufgrund großer Personalnot und deshalb war es mir wesentlich wichtiger, als oberster Dienstherr an der Sitzung der Erzieherinnen und Erzieher teilzunehmen. &bdquo;Für Sie da statt unterwegs“ – meinen Wahlslogan nehme ich immer noch ernst. Und weil ich abends nicht mehr nach Essen fahren wollte, bin ich natürlich zum Fußballspiel Stifter gegen Städter gegangen. Am nächsten Morgen hatten wir ein Gespräch wegen der Brücke über die B61. Auch das war mir wichtig, damit wir dieses Projekt nach nunmehr vier Jahren endlich vom Tisch kriegen. Beim Städtetag war ich zuletzt im März und im Oktober habe ich für Minden bereits zugesagt. Jetzt warte ich auf das Protokoll aus Essen und werde mich informieren, was besprochen wurde. Nach eineinhalb Jahren im Amt des Bürgermeisters sind Sie jetzt in der Situation, dass Sie an Erfolgen gemessen werden. Zugleich scheint die Problemlage der zahlreichen Bauprojekte jedoch dramatisch. Wie realistisch ist die Umsetzung aus Ihrer Sicht? Wir stehen vor den Haushaltsberatungen. Wir erhöhen die Schulden. Anders geht es nicht. So liquide ist keine Stadt. Die Politik hat uns deutliche Signale gegeben, dass wir diese Aufgaben bewältigen müssen. Niemand kann mehr nein sagen. Wir können nicht länger warten. Es muss ausgebaut werden. Wir können nicht länger die Probleme vor uns herschieben. Ist der Fachbereich Bau von Frau Herrling in der Lage, die Projekte abzuarbeiten? Wir haben dort zu wenig Personal. Um den Schulausbau zu stemmen, würden wir eine deutliche Aufstockung benötigen. Wir haben Strukturen bereits intern verändert, um die Belastungen umzuverteilen. Dazu kommen Krankheit und Tod. Es kommen also mehrere Faktoren zusammen. Wir haben für das Grundschulprojekt jetzt den erfahrenen Projektbegleiter Mathias Eisenmenger eingeschaltet, um alternative Wege auszuloten. Es muss anders gehen. Die Baudezernentin selbst ist auch erkrankt. Müssen Sie mit einem längeren Ausfall rechnen? Es liegt eine Krankschreibung bis Mitte August vor. Bürger haben eine Erwartungshaltung gegenüber ihrem Bürgermeister. Er soll kommen und dabei sein. Sind die zahlreichen Termine und Einladungen überhaupt zu schaffen? Jein. Kirmeseröffnung, Radrennen, Weinmarkt, westdeutsche Meisterschaften in Hiphop und Breakdance bei Stüwe-Weißenberg und Schützenfest in Avenwedde – das alles habe ich an Pfingsten begleitet. Ich versuche möglichst viele Termine wahrzunehmen. Das erwarten die Leute und das macht mir auch Spaß. Aber alles geht nicht. Und zwischendurch habe ich auch mal einen privaten Termin. Sie waren viele Jahre Politiker und selbst oft nicht zimperlich im Umgang mit anderen Fraktionen. Jetzt erleben Sie die andere Seite als Bürgermeister. Wie geht es Ihnen dabei? Wir sind nicht im Bundestag. Ich halte die Projekte in Gütersloh für überschaubar. Jede einzelne Fraktion hat angekündigt, zum Wohle der Stadt zu handeln und nicht den Bürgermeister abzuschießen. Mein Wahlmotto lautete “Miteinander statt gegeneinander”. Das wünsche ich mir auch von der Gütersloher Politik.

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