Er bekochte Weltstars: Chefkoch des Gütersloher Parkhotels hört auf

Gütersloh. Vom Ruhestand ist Chefkoch Gerhard Völlm eigentlich so weit entfernt wie eine Dose Ravioli von Spaghetti al Limone mit sautierten Jacobsmuscheln. Sollte man meinen. Und dennoch neigt sich im Parkhotel Gütersloh demnächst eine Ära dem Ende entgegen. Der 64-Jährige, der am 19. Juli Geburtstag hat und in der Küche der Edelherberge an der Kirchstraße weiß, wo jeder Topf und jede Gabel liegt, legt den Kochlöffel aus der Hand und hängt die Schürze an den Nagel. Zumindest offiziell. &bdquo;Ich habe 32 Jahre lang gekämpft. Nun möchte ich raus aus dem Hamsterrad und die Verantwortung in andere Hände legen“, sagt Völlm mit einem schelmischen Lächeln in seiner typisch leicht beschwingten Art. Lukas Hoffmann (29) heißt der Mann, der ihm vom 1. Juni an nachfolgt, aus Bielefeld stammt und ehrfurchtsvoll von großen Fußstapfen spricht, in die er da nun trete. Derweil schnürrt der vielgelobte Vorgänger in spé, der Staatsoberhäupter, einen König und Weltstars bekocht hat, gedanklich schon mal seine Wanderstiefel. Vor der Bergtour ein Blick zurück Erste Pläne für den Unruhestand hat der aus Pforzheim (Baden-Württemberg) stammende Gerhard Völlm schon geschmiedet und einem kleinem, vertrauten Kreis kundgetan. &bdquo;Mein Ziel war es immer, mit 65 einmal die Alpen zu überqueren. Eine Tour zu Fuß, von Oberstdorf bis Südtirol.“ Anfang August ist es nun soweit. Neun Tage lang soll es die Berge rauf und runter gehen. So stellt sich der bodenständige Badener mit dem grauen Mittelscheitel und den durchdringenden blauen Augen &bdquo;das Entschleunigen“ vor. Doch bevor er sich mit Tochter Annika (32) auf Wanderschaft begibt – Gattin Kristina (60) und Sohn Max (27) haben andere Dinge zu tun –, wirft er einen Blick zurück, auf seine lange Reise als Koch. Ein köstlicher Trip durch viele Küchen und kulinarische Kreationen, der ihm unvergessene Momente und Begegnungen beschert hat. Drei Gänge für "Gorbi", vier für König Felipe VI. Was genau er dem russischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow und seiner Gattin Raissa im März 1992 bei deren Besuch in Gütersloh kredenzte, das weiß Gerhard Völlm heute nicht mehr. &bdquo;Es war ein ausgefallenes Dreigang-Menü im Hause Mohn.“ Viel lieber erinnert sich der Chef de cuisine aber an die Szene, die sich abspielte, als der Gemüsefahrer am Tag der Veranstaltung – geordert wegen einer ungeplanten Nachbestellung – von Sicherheitskräften gestoppt und aus seinem alten VW-Bulli gezogen wurde. &bdquo;Beine breit und mit den Händen hoch an der Wand“ habe man den nichts ahnenden Mitarbeiter durchsucht. Später konnten beide herzlich darüber lachen. &bdquo;Gorbi“ jedenfalls hat Gerhard Völlm ebenso verköstigt wie 22 Jahre später den spanischen König Felipe VI., der sich im Wohnzimmer der Privatvilla von Liz Mohn unter anderem Beluga-Kaviar, bretonischen Hummer und Tournedo vom US Black Angus schmecken ließ. Für Merkel und Maffay gekocht, mit Udo Jürgens ein Bier getrunken Das Zepter an den Kochtöpfen und Pfannen schwang der Mann mit dem blauem Freundschaftsband an dem einen, und der silbernen Armbanduhr am anderen Handgelenk auch für Altkanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Abseits der Politik waren es Weltstars wie Josep Carreras, Plácido Domingo oder Peter Maffay, die sich an den Gerichten des Wahl-Güterslohers erfreuten. &bdquo;Mit Udo Jürgens habe ich mal ein Bierchen getrunken“, sagt Völlm. Er erzählt, wie er einem Unternehmer beibrachte, dass die Trüffelpreise für dessen Geburtstags-Pasta nach oben geschnellt waren (&bdquo;Wir hatten das Kilo mit 4.500 Euro kalkuliert. Zu wenig.“), wie sich Gäste nach seinem italienischen Ossobuco die Finger ableckten und als wertschätzenden Beweis ein Selfie davon schickten oder von legendären Engländer-Partys im Parkhotel. &bdquo;Da ging es über Tische und Bänke.“ 1989 als Büdel-Nachfolger Einstand im Parkhotel Was kaum jemand weiß: Zu solchen Anekdoten wäre es für Gerhard Völlm beinahe gar nicht gekommen. &bdquo;Denn als ich in Gütersloh aufschlug, dachte ich 'Das machst du zwei, drei Jahre'. Aber die Chemie passte mit der Eigentümer-Familie Mohn und dem damaligen Direktionsehepaar. Sie gaben mir viele Freiräume.“ Und so werden es statt &bdquo;zwei, drei“ dann doch schlussendlich 32 Dienstjahre in Gütersloh gewesen sein, die der nie um einen lockeren Spruch verlegene Küchenchef (&bdquo;Es gibt Badische und Unsymbadische“) am Monatsende offiziell beenden wird. Die Dalkestadt ist ihm zur Heimat geworden. Im Gütersloher Süden lebt er &bdquo;in einem kleinen Häuschen“ nahe einer Reitanlage mit Gattin Kristina. Die berufliche Liaison mit dem Luxushotel entflammte einen Monat vor seinem 32. Geburtstag. Am 19. Juni 1989 trat er die Nachfolge von Bernhard Büdel an. &bdquo;Mit zwei Koffern und einem Radio“ zog er daheim aus Seine Leidenschaft fürs Kochen entdeckte Gerhard Völlm allerdings schonwesentlich eher. &bdquo;Im elterlichen Gasthof mit der gut bürgerlichen Küche.“ Doch plötzlich wollte er raus aus dem Zuhaus'. Noch keine 16 sei er gewesen, als er auszog. &bdquo;Mit zwei Koffern und einem Radio.“ Dem ersten Ausbildungsort im Schwarzwald folgten viele weitere Stationen auf der ganzen Welt, Auslands-Aufenthalte wie Südafrika oder Dubai. Lange Zeit jobbte Völlm in der 9. Etage des Intercontinental in Hamburg. Später in Garmisch-Partenkirchen. Als ihn ein Headhunter für das Parkhotel in Gütersloh anwarb, hatte er bereits bei einem Fünf-Sterne-Haus in der Türkei unterzeichnet. Doch das befristete Engagement konnte er früher als vereinbart beenden und nach dem Bosporus direkt an der Dalke durchstarten. Nachfolger arbeitete für Tohru Nakamura und Alfons Schubeck Der scheidende Chefkoch weiß nur allzu gut, wie es sich für seinen Nachfolger anfühlen muss. Mit dem Bielefelder Lukas Hoffmann habe man den Richtigen gefunden, da ist sich Völlm sicher: &bdquo;Vom Fachlichen her top ausgestattet. Und er passt menschlich ins Team.“ Das sei ihm wichtig. Der 29-Jährige selbst hat vor, langsam und behutsam seinen eigenen Stil miteinfließen zu lassen. Regional und saisonal soll es bleiben, ein wenig Moderne ergänzt werden. Hoffmann, der für Alfons Schubeck arbeitete und bei Sterne-Starkoch Tohru Nakamura in München in die Lehre ging, sagt: &bdquo;Ich bewege mich gerne im Westfälischen mit asiatischen Einflüssen.“ Kostprobe gefällig? Die Spargelcremesuppe kombiniert Lukas Hoffmann mit Yuzu-Butter, Yaktoria-Lauchöl und Pumpernickel. Völlm wird am 15. Juni offiziell verabschiedet Welche Köstlichkeiten ihm bei seiner offiziellen Verabschiedung am 15. Juni im Parkhotel serviert werden, das weiß Gerhard Völlm noch nicht. &bdquo;Es ist eine Überraschung meiner Sous-Chefin“, sagt der Mann mit dem Hang zur rustikalen Schiene (&bdquo;Ich schmore gern eine Lammhaxe in der Pfanne“) und Pasta in allen Varianten und Formen. Eines aber ist gewiss: Das klassische Rentnerdasein ist für den Unruheständler Gerhard Völlm nicht das Gelbe vom Ei. Er wolle dem Parkhotel Gütersloh erhalten bleiben, mit anderen Aufgaben und Projekten. &bdquo;Und für so viele Gäste, die einem ans Herz gewachsen sind.“

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