Makler über Kriegsfolgen: "Ein Neubau wird in jedem Fall teurer werden"

Wirtschaftskrise. Ukrainekrieg. Wir stehen derzeit vor sehr ungewissen Zeiten. Warten Sie jetzt darauf, dass die Immobilienblase platzt? Peter Oesterhelweg: Da gehe ich nicht von aus. Man muss immer die Alternativen im Blick behalten, die man für sein Geld bekommt. Welche Möglichkeiten haben wir? Der Aktienmarkt ist runtergerauscht. Auf der Bank wird das Geld von der Inflation weggefressen. In Russland kommen die Menschen derzeit nicht einmal an ihr Erspartes heran. Für mich bleibt die Immobilie weiter eine Sicherheit in unsicheren Zeiten. Ich sehe nicht, dass die Nachfrage geringer werden sollte. Im Gegenteil. Ansgar Stahl: Die Nachfrage nach Immobilien ist ungebrochen groß. Das merken wir täglich. Die Menschen sind schnell in der Entscheidungsfindung und haben die Finanzierungsbestätigung meist schon in der Tasche mit dabei. Ich gehe zwar davon aus, dass die künftige Wertsteigerung moderater ausfallen wird als in den vergangenen Jahren. Weiter steigen wird der Preis aber trotzdem. Lesen Sie auch: "Wer vor Jahren nicht gekauft hat, ärgert sich heute" Dabei sind die Preise bereits sehr hoch. Sollte man nicht eher verkaufen, um jetzt möglichst viel Geld mitzunehmen? Stahl: Derjenige, der jetzt verkauft, bekommt viel Geld für seine Immobilie. Er wird wirklich ordentlich entlohnt. Die Frage bleibt dann aber, was er mit seinem neu gewonnenen Geld macht?Oesterhelweg: Für viele stellt sich diese Frage aber auch gar nicht. Eine Familie, die in ihrem Haus wohnt, wird es in der Regel nicht verkaufen, nur weil sie gerade einen Gewinn mitnehmen kann. Bei Investoren ist das sicher etwas anderes. Da wird rational und nicht emotional entschieden. Da kann man dann überlegen, ob man den hohen Preis einstreicht. Das angesprochene Problem mit dem Geld bleibt aber. Wo packe ich es hin? Außerdem ist der Mietmarkt sicher, da sind kontinuierliche Einnahmen mehr oder weniger garantiert. Sind bereits Folgen des Kriegs zu sehen, die sich auf die Immobilienbranche auswirken? Oesterhelweg: In sehr geringen Maßen sind sie zu sehen. Bei einigen Subunternehmern sind Ukrainer angestellt. Die sind derzeit natürlich nicht da und fehlen dann auf dem Bau. Personalmangel wird also mit der Zeit immer mehr zum Thema werden. Ähnlich ist das in der Logistik, dort werden Lkw-Fahrer fehlen.Stahl: Aus der Industrie hört man auch immer mehr, dass es zu Lieferengpässen kommt. Gewerke wie die Verblendung des Außenmauerwerks wurden oft von Arbeitern aus der Ukraine ausgeführt, die sind jetzt in der Heimat und verteidigen die Grenzen. Ansonsten spüren wir die Folgen hier in Gütersloh aber noch nicht wirklich. Wie verhält es sich mit Rohstoffpreisen? Lieferengpässe müssten den Hausbau doch künftig teuerer machen. Oesterhelweg: Ein Neubau wird in jedem Fall teurer werden. Vielleicht sogar massiv. Lieferketten sind angegriffen, Rohstoffe werden teurer und einige von ihnen sind gar nicht vorhanden. In dem Sog wird der Preis für einen Altbau in der Regel auch mit hochgezogen. Ölpreise sind hoch. Benzin. Auch andere Rohstoffe sind in einem ersten Impuls nach Kriegsausbruch stark angestiegen. Ich glaube, dass wir derzeit viele Übertreibungen im Markt sehen, die sich mit der Zeit relativieren werden. Aber klar: Günstiger wird es in nächster Zeit wohl nicht werden. Ist es realistisch, dass Menschen in der Krise wegen immer höher werdenden Kosten ihre Immobilie nicht mehr halten können? Stahl: Das halte ich für unrealistisch. Aber natürlich kann es andere Ursachen haben, dass einem Käufer die Kosten vorübergehend zu hoch sind. Es ist möglich, dass aus privaten Gründen das zweite Einkommen ausfällt oder man seinen Job verliert. In solchen Fällen kann die Tilgung mal für ein Jahr ausgesetzt werden. Bevor man die Immobilie dann abtreten muss, bekommt man auf diese Weise ein wenig Luft zum atmen. Es ist niemand daran interessiert, Leute ins Unglück zu stürzen. Dass allein wegen der Krise zahlreiche Immobilien auf den Markt gespült werden, sehe ich aber nicht. Inwiefern verändert der Flüchtlingsstrom den Immobilienmarkt? Oesterhelweg: Das ist alles noch mit sehr vielen Unsicherheiten verbunden. Wie groß wird der Flüchtlingsstrom final werden? Ist er temporär? Bleiben womöglich Menschen hier? Auf diese Fragen gibt es alle noch keine Antworten. Es kann aber sein, dass der Wohnungsmarkt deswegen eine neue Nachfragesituation bekommt. Wenn auch nur 5 Prozent der geflüchteten Menschen bleiben sollten, hat das eine gesteigerte Nachfrage für ohnehin schon knappen Wohnraum zur Folge. Die Angst vieler Menschen stellt sich derzeit in erster Linie in materieller Form. Können Sie diese Angst in Bezug auf Immobilien nehmen? Oesterhelweg: Die Immobilie ist in Krisenzeiten noch immer eine gute, sichere Anlageform. Gerade jetzt spricht vieles für die Immobilie. Stahl: Sie ist ein Sachwert, der unvergänglich ist. Gewohnt wird immer. Das ist eines der höchsten Güter, wofür Menschen bereit sind, Geld auszugeben.

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