"Breath Walk" in Gütersloh - das steckt hinter dem ungewöhnlichen Trend

Gütersloh. Ein Atemzug pro Schritt. Viermal einatmen, viermal ausatmen. Zugegeben, ich höre mich bei den ersten Versuchen an wie eine kleine Dampflock. Langsam steigere ich meine Geschwindigkeit. Es klappt immer besser. Yoga-Lehrerin Karin Zünkeler ist mir schon einen Schritt voraus. Sie nimmt mich heute mit auf meinen ersten "Breath Walk" (dt. Atem-Spaziergang) durch den Gütersloher Stadtpark. Was steckt hinter diesem ungewöhnlichen Trend? "Der Breath Walk ist eine Technik aus dem Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan", erklärt Zünkeler, die dieses Training auch in Gütersloh anbietet. Die Technik habe eine lange Tradition, anbieten dürften sie nur zertifizierte Trainer mit einer offiziellen Ausbildung. Das Konzept: Bei einem Spaziergang werden Yogaübungen mit Meditation und Atemtechniken verbunden. Man kann ihn alleine oder in der Gruppe machen. "Die Technik ist einfach, aber die Wirkung tiefgehend. Mit einer kontrollierten Atmung verändert sich auch die Stimmung", sagt die Expertin. Stressabbau, eine Linderung von Muskelverspannungen und gute Laune, das soll das Training unter anderem fördern. Jeder Walk hat seine eigene Zielsetzung Vom Parkplatz an der Oststraße aus sind es nur wenige Meter zum Eingang des Gütersloher Stadtparks. Hier soll auch der Treffpunkt für zukünftige Walk-Gruppen sein. Es geht los. Ich bin gespannt, was mich erwartet. "Ein Breath Walk hat fünf Phasen, jeder Walk hat ein bestimmtes Ziel und dauert etwa eineinhalb Stunden. Es gibt 16 verschiedene Programme", erklärt Zünkeler und zeigt mir die erste Übung. Zum "aufwecken" stehen wir für ein paar Minuten auf der Stelle, atmen bewusst ganz tief ein und aus, aktivieren dann mit sanften Dehnungen den Körper. Nach einer kurzen Meditation mit geschlossenen Augen setzen wir uns in Bewegung. Eine aufrechte Haltung sei besonders wichtig, betont die Yoga-Lehrerin. Also Schultern zurück und Kopf aufrecht halten - da fühlt man sich gleich ein paar Zentimeter größer. Und meine Atmung fühlt sich auch anders an. Mein Zwerchfell hat auf einmal richtig Platz, sich auszubreiten. Sobald wir einen angenehmen Geh-Rhythmus gefunden haben, kommt die erste Steigerung: ich soll viermal hintereinander durch die Nase ein- und dann viermal ausatmen. Es gilt: ein Schritt pro Atemzug. Der Effekt: ein erfrischendes Gefühl. Fast so als würde jemand ein Fenster an meiner Stirn aufmachen und einmal kräftig durchlüften. Durch die stetige Bewegung wird mir mittlerweile auch immer wärmer. Lesen Sie auch: Neues Fitnessstudio in Gütersloh eröffnet - so sieht es von innen aus Zur Ruhe kommen im Botanischen Garten Weiter geht's mit der nächsten Übung. Jetzt werden bestimmte Handgesten (Mudras) und ein Mantra (heilige Silbe) miteinbezogen. Ich führe meine einzelnen Fingerkuppen nacheinander zum Daumen. Mit jeder Berührung und jedem Schritt denke ich eine Silbe des Mantras "Sa-Ta-Na-Ma". Puh - das erfordert schon Konzentration. Ich stolpere in Gedanken immer wieder mal; muss von vorne anfangen, weil auch meine Finger schneller sein wollen als meine Füße. Ich reiße mich zusammen. Es geht durch den Botanischen Garten, über die Brücke mit Liebesschlössern bis hin zum Springbrunnen. Zum Abschluss wird mein Körper noch einmal gedehnt - und es gibt eine Abschlussmeditation. Mit geschlossenen Augen lausche ich Zünkelers Stimme, die mich auf eine kleine Traumreise schickt. Ich stelle mir dabei unendliche Weiten vor. Felder, Ozeane. Einfach atmen und sich selbst spüren. Jede Erfahrung ist natürlich individuell. Wer zum Beispiel - so wie ich - länger braucht, um in eine Meditation reinzukommen, sollte sich nicht grämen. Auch die Schrittgeschwindigkeit kann unterschiedlich sein, denn: "Beim Tempo muss man immer Rücksicht nehmen auf die, die nicht so schnell sind", sagt Karin Zünkeler. Hinter dem BreathWalk steckt wie bei jeder Yoga-Disziplin auch eine gewisse Philosophie und Spiritualität. Doch auch wem so etwas nicht liegt, kann den Übungen viel abgewinnen, Bewegung an der frischen Luft ist schließlich immer gut. Wer das Training auch einmal ausprobieren möchte, kann sich direkt per E-Mail an Karin Zünkeler wenden: kzuenkel@web.de

Meistgelesen