Auf dem Wohnungsmarkt ist die Hölle los: "Wenn es passt, dann kaufen!"

Gütersloh. Natürlich raten Immobilienmakler zum Kauf von Häusern. Was sonst. Deshalb rät auch der Gütersloher Makler Johannes Kaup: &bdquo;Kaufen. Wenn es passt, dann kaufen.“ Elmar Kaup ergänzt: &bdquo;Wer vor Jahren nicht gekauft hat und stattdessen auf fallende Preise hoffte, ärgert sich heute.“ Auf dem Immobilienmarkt ist die Hölle los. Die Preise schrauben sich in schwindelerregende Höhen. Und es ist kein Ende in Sicht. Die LBS hat in dieser Woche gemeldet, dass die Entwicklung auf jeden Fall anhält und die Preise weiter steigen werden. Auch im kommenden Jahr noch. Wer sich nicht traut zu fragen, aber leise für sich denkt, wie man denn ein kleines Eigenheim für 500.000 als junge Familie finanzieren soll, den macht ein Zitat von Makler Elmar Kaup wohl endgültig stumm: &bdquo;Fakt ist: Die Banken machen das momentan alles mit und die Preise werden bezahlt.“ Wohnraum ist in Gütersloh knapp - zu knapp Es geht um Angebot und Nachfrage. Wohnraum in Gütersloh ist knapp. Zu knapp. Es liegt seit 2017 eine Studie vor, die besagt, dass in Gütersloh bis 2035 rund 7.000 neue Wohnungen gebaut werden müssen, um dem aktuellen Bedarf und dem Bevölkerungswachstum angemessen zu begegnen.Ob die Zahlen noch passen, weiß kein Mensch, andere liegen der Öffentlichkeit nicht vor. Aber warum sollte Gütersloh eine Ausnahme bilden?Wohnungsnot scheint in der ganzen Bundesrepublik zu herrschen. Warum eigentlich? Sind wir in den Bevölkerungszahlen explodiert?2016 haben wir die Hürde zur Großstadt genommen. Im Dezember 2016 zählte Gütersloh 100.716 Einwohner laut Melderegister. Ende 2020 waren es 103.134, macht 2.418 Neubürger in vier Jahren, rund 600 pro Jahr. Eine Zahl, in der mehr Freude als Last stecken müsste. Geht es bei der Wohnraumfrage vielleicht mehr um Bedürfnisse als um tatsächlichen Bedarf? Wer tauscht schon freiwillig groß gegen klein? Die beengten Wohnverhältnisse, in denen viele Familien in der Nachkriegszeit groß wurden, sind für die allermeisten vorbei. Gott sei dank! Aber die Ansprüche steigen. Laut der Erhebung von Empirica Regio ist die Wohnfläche pro Kopf in Gütersloh um zwei Prozent gestiegen auf aktuell 45,5 Quadratmeter pro Person. &bdquo;Der Anspruch ist sicher etwas höher geworden“, bestätigt der Bielefelder Makler Michael Fredebeul den Trend zu mehr Wohnfläche. Auch die Pandemie habe dazu geführt, dass zum Beispiel Gäste- oder Arbeitszimmer noch mehr gefragt seien.Wir brauchen Platz. Viel Platz. Obschon zu vermuten steht, dass er im Überfluss vorhanden ist. Sind die Kinder aus dem Haus, wird die obere Etage halt abgesperrt und steht leer. In unzähligen Gütersloher Einfamilienhäusern ist das der Fall. Wer tauscht schon freiwillig groß gegen klein, solange die Umstände es nicht zwingend erforderlich machen. Und die Mittelschicht schaut frustriert zu Es gibt zurzeit reichlich Baugebiete in Gütersloh. Es tut sich eine Menge. Die Grundstücke sind schnell vergeben, man braucht eigentlich nur die Wartelisten abzuarbeiten. Und sehnsüchtig wird seit Jahren auf die Britenhäuser geguckt in der Hoffnung, dass in einem ganzen Schwung das Wohnungsproblem von ganz vielen Menschen befriedigt wird. Vielleicht tat es deshalb so weh, zu sehen, dass die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BImA) die ersten Offiziershäuser in der Hochstraße zu horrenden Preisen auf den Markt gebracht hat.Lesen Sie auch: Hier entstehen neue Wohnungen und Häuser in Gütersloh - eine Übersicht Die BImA stellt sich einen Verkaufspreis von 810.000 bis 900.000 Euro vor. Es handelt sich um Mindestgebote. Unter einer Million wird hier also gewiss keines der vier Häuser verkauft. Für Investoren kein Problem. Abriss und Neubau lohnt sich in dieser exquisiten Wohnlage. Kauf, Verkauf, Miete ist bei diesen Objekten den Reichen vorbehalten. Die Mittelschicht schaut frustriert zu... Bleiben noch 45 Britenhäuser an der Englischen Straße, die ab Mitte des Jahres verkauft werden sollen. Sehr große Grundstücke, luftige Siedlungsstruktur. Preis unbekannt. Die Siedlung soll als Denkmal deklariert werden, um als Stadtgeschichte an die Zeit der Besatzer zu erinnern. Vielleicht auch nur, damit in der Siedlung nicht jeder macht, was er will.Ist es richtig, riesige Flächen als Denkmal auszuweisen? Aber ist es mit unseren Ressourcen zu vereinbaren, eine riesige Fläche als Denkmal auszuweisen? Müssen wir nicht vorsichtiger mit unseren Ressourcen umgehen? Die UWG fordert die Öffentlichkeit zum Nachdenken auf: &bdquo;Am Orionweg entsteht auf einem Acker demnächst eines unserer derzeit größten Baugebiete. Grünflächen werden überbaut, es muss halt sein, irgendwo müssen die Menschen wohnen. Diese Fläche ist nur etwa halb so groß wie das Denkmalareal an der Englischen Straße. Dafür entstehen dort aber doppelt so viele Wohnungen!“ Folgerichtig will die UWG abreißen, neu bauen und zwar so, dass eine Menge mehr Menschen dort unterkommen.&bdquo;Einerseits predigen wir unermüdlich die zwingende Notwendigkeit des Klimaschutzes, auf der anderen Seite konservieren wir Wohnhäuser mit einer miserablen Energieeffizienz, deren energetische Sanierung die Neubaukosten sicherlich übersteigen wird und wahrscheinlich aus Denkmalschutzgründen verboten ist“, argumentiert Norbert Bohlmann. Man ist geneigt, seinen Argumenten zu folgen, aber Bohlmann ist nicht nur Lokalpolitiker, sondern auch Architekt. Das macht es an manchen Stellen nicht leichter.Flächenfraß an den Straßen muss aufhören Es ist richtig, die Siedlung unter Denkmalschutz zu stellen. Eine Stadt darf den Wohnungsmarkt nicht ausschließlich dem Kapital überlassen, ohne eine Idee zu haben, wie Stadt sich entwickeln oder aussehen soll. Dabei ist das Ausweisen von altherkömmlichen Baugebieten schlichtweg nicht zukunftsweisend. Der Flächenfraß an den Stadträndern muss aufhören.Wenn die Ansprüche an Wohnraum wachsen, bei einer alternden Bevölkerung immer mehr Zimmer und Etagen leer stehen, dann braucht es intelligente und attraktive Wohnraumkonzepte, um beides miteinander zu verzahnen. Wir hätten längst damit beginnen müssen, denn solche Strukturen brauchen Zeit.Eine große Haushälfte tauschen gegen eine kleinere Wohnung kommt gewiss eher in Betracht, wenn der Umzug in derselben Siedlung erfolgt und die Nachbarn dieselben bleiben– Gütersloh ist inzwischen groß genug, um solche Projekte auszuprobieren. Und auch beim Thema Konversion gibt es Beispiele, wie das Französische Viertel in Tübingen, von dem sich Gütersloh etwas abgucken könnte, vielleicht müsste, damit es gut wird.Die Blankenhagen School ist jetzt die nächste Chance. Die fast 20.000 Quadratmeter große Fläche soll bebaut werden. Es ist eine moralische Pflicht der Stadt, diese Gelegenheit zu nutzen und den Raum zu gestalten oder auch zu erwerben – bevor Investoren wie etwa die Tönnies-Immoblienfirma Asset das Geschäft ihres Lebens machen. Auch für die Stadt gilt der Appell: &bdquo;Kaufen. Wenn es passt, dann kaufen!“

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