Gewalt gegen Einsatzkräfte: Aggressionen nehmen auch im Kreis Gütersloh zu

Kreis Gütersloh.Pöbeleien, Tritte und Schläge: Einsatzkräfte von Rettungsdiensten und Feuerwehr sind in Deutschland immer wieder Gewaltattacken ausgesetzt. In Nordrhein-Westfalen wird jetzt ein neues Meldesystem für solche Fälle gestartet, was gerade in zwölf Kreisen und kreisfreien Städten getestet wird. Der Kreis Gütersloh ist beim Pilotprojekt nicht mit dabei. Sind die Fallzahlen hierzulande so gering, das man auf einer Insel der Glückseligen lebt? Oder besitzt man selber schon ein vergleichbar gutes System? Und wie sieht die Situation hierzulande überhaupt aus? Drei Experten vom Kreis und der Stadt Gütersloh äußern sich und geben einen Einblick. &bdquo;Unsere Wahrnehmung ist, dass wir im Rettungsdienst als zum großen Teil ländlich strukturierte Region deutlich weniger durch Übergriffe belastet sind als solche mit dichterer Bevölkerung“, erklärt Eckhard Ramhorst , Leiter der Abteilung Bevölkerungsschutz bei der Kreisverwaltung. Das erklärt womöglich, weshalb Andreas Pollmeier, Abteilungsleiter Rettungsdienst bei der Feuerwehr der Stadt Gütersloh, eine Zunahme von Aggressionen und Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften wahrnimmt (&bdquo;Ja, diese Beobachtungen sind auch in Gütersloh zu machen“), sein Kollege vom Kreis aber eher das Gegenteil feststellt. &bdquo;Nein, für den Rettungsdienst ist das hier nicht zu beobachten“, sagt Bernd Strickmann. Der ärztliche Leiter Rettungsdienst vom Kreis bezieht sich dabei aber eben auf das ganze Kreisgebiet mit vielen ländlicher gelegenen Orten. Gütersloh: 2021 ein Fall angezeigt, aber höhere Dunkelziffer In einer Sache sind sich die Spezialisten einig: Körperliche Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen sowie Sachbeschädigungen gegenüber Einsatzkräften sind ein absolutes No-Go und gehören rigoros verfolgt. In Gütersloh wurden im Jahr 2020 zwei Fälle zur Anzeige gebracht, im Jahr 2021 war es ein Fall. Das klingt wenig, doch: &bdquo;Die Dunkelziffer ist sicher höher“, sagt Andreas Pollmeier. Der 56-Jährige beruft sich dabei unter anderem auf eine Studie der Ruhr-Universität Bochum, bei der im Jahr 2017 Rettungskräfte in NRW zu Gewalterfahrungen befragt wurden. Das Resultat: 92 Prozent der befragten Notärzte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten wurden im Dienst angepöbelt, 26 Prozent wurden Opfer körperlicher Übergriffe. Konflikt, nachdem Patient Corona-Infektion verschweigtDass die Fälle von Gewalt gegen Rettungskräfte aus seiner Sicht steigen, führt Andreas Pollmeier auf die &bdquo;allgemein zu beobachtende Entwicklung in der Gesellschaft“ zurück. Möglicherweise spiele die Corona-Pandemie dabei eine Rolle. &bdquo;Wir haben den Eindruck, dass eine verringerte Frustrationstoleranz bei den Bürgern vorhanden ist.“ Es habe auch schon Konflikte in Einsätzen gegeben, weil Angehörige und Patienten falsche Angaben zu ihrem Impfstatus gemacht oder eine Corona-Infektion verschwiegen hätten. Kreis Gütersloh: 65 Meldungen seit Oktober 2019 Passiert der Ernstfall, dann können ihn Retter aus dem Kreis Gütersloh niederschwellig elektronisch erfassen und melden. Per Nida, dem &bdquo;Notfall-Informations- und Dokumentations-Assistent“ des Herstellers medDV. &bdquo;Seit Oktober 2019 haben wir aus dem Nida-System 65 Meldungen im Rettungsdienst wahrgenommen“, schildert Bernd Strickmann vom Kreis Gütersloh. Dabei lasse sich zwar nicht aufschlüsseln, in welchen Gebieten es am häufigsten zu Übergriffen komme, wohl aber, welche Rettungswachen oft betroffen sind. &bdquo;Es ist ja so, dass eine Rettungswache nicht immer nur für eine Kommune zuständig ist. Die Einsätze gehen teilweise sogar über Kreisgrenzen hinweg.“ Je größer die Stadt, desto mehr Übergriffe Die meisten Übergriffe wurden mit Abstand von der Rettungswache Gütersloh, gefolgt von den Rettungswachen Halle und Rheda-Wiedenbrück gemeldet. Jedes Fahrzeug ist mit einem Nida-Pad ausgerüstet. Jeder Rettungsdiensteinsatz wird rechtssicher dokumentiert, &bdquo;ZEKs“ (Zwischenfälle, Ereignisse, Komplikationen) können zusätzlich gespeichert werden. &bdquo;Die Mitarbeitenden sind angehalten, jede auffällige Beobachtung als Bemerkung zu melden, so auch Gewalt gegen Einsatzkräfte“, sagt Strickmann. Die Meldungen würden automatisiert einmal täglich per E-Mail an die Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes gesendet. Von dort aus würden weitere Maßnahmen initiiert werden. So werden die Opfer unterstützt Dazu zählen eine Sofortmeldung an die Bezirksregierung und eine Info an den Dienstherren, die Abteilung Bevölkerungsschutz, die Stadt Gütersloh oder Rheda-Wiedenbrück, mit dem Hinweis, eine Strafanzeige zu prüfen. Bei der Stadt Gütersloh wird nach Meldung und Auswertung eines Geschehens vom städtischen Fachbereich Recht eine Anzeige gestellt. &bdquo;Opfer von Übergriffen erhalten, wenn erforderlich, psycho-soziale Unterstützung“, erklärt Andreas Pollmeier. Das neue &bdquo;Innovative Melde- und Erfassungssystem Gewaltübergriffe“ (IMEG) des Landes NRW wird seit etwas mehr als zwei Wochen in zunächst zwölf Kreisen und kreisfreien Städten getestet, darunter Herford, Lippe und Minden-Lübbecke. Dass der Kreis Gütersloh nicht darunter ist, hat einen simplen Grund: &bdquo;Der Kreis Gütersloh ist aus rettungsdienstlicher Sicht bislang in mehrere Pilotprojekte eingebunden oder involviert gewesen, kann aber aus personellen Gründen nicht bei allen dabei sein“, erläutert Eckhard Ramhorst. Ausgeschlossen sei deshalb noch lange nicht, dass das neue IT-System irgendwann im Kreis Gütersloh genutzt wird. &bdquo;Das hängt vom Erfolg der Pilotphase ab und davon, ob dies landesseitig gefordert wird.“

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