Hohe Inzidenz im Kreis Gütersloh im NRW-Vergleich: Unverantwortliches Durcheinander!

Gütersloh. Da sind sie wieder: Die Inzidenzwerte. Nachdem uns beigebracht wurde, dass der vom RKI täglich übermittelte Wert aufgrund der Corona-Impfungen keine Rolle mehr spielt, schieben sich die Zahlen seit dieser Woche wieder unerbittlich vor unsere Augen. Der Kreis Gütersloh hat am Freitag mit einem Wert von 257 die höchste Sieben-Tage-Inzidenz in ganz NRW. In den Krankenhäusern liegen aktuell 41 Corona-Patienten, davon vier auf der Intensivstation. Tendenz steigend. Willkommen in der vierten Welle, lieber Kreis. Zur Stunde sieht es so aus, als würden wir zurückkehren in die Covid-Winterschleife vom vergangenen Jahr. Ticket-Verkaufsstart der Theatersaison unter Vollauslastung? Kaum vorstellbar. Betriebliche Weihnachtsfeiern? Kaum vorstellbar. Volle Kirchen, Gedränge an Glühweinbuden, Winterurlaub im Schnee? Auf wen oder was darf man eigentlich wütend sein, wenn das alles wieder gestoppt wird? Auf die Impfunwilligen, die der Meinung sind, dass sie das alles nichts angeht, auf die Karnevalisten, die voller Frohsinn ihre Bützchen verteilen, oder eher auf Politik und Verwaltung, die in gewohnter Form ihr Durcheinander über uns ausschütteln? Bestes Beispiel sind die Schulen. Hier scheinen die Lehrerverbände weitaus klüger gewesen zu sein als die Landesregierung, die in der Woche nach den Herbstferien die Maskenpflicht abgeschafft hatte. Schulleiter im Kreis Gütersloh hatten eindringlich davor gewarnt. Die Quittung ist in den Statistiken jetzt ablesbar: Seit dem 25. Oktober schnellen die Corona-Zahlen in den Altersstufen der Fünf- bis 14-Jährigen regelrecht empor. Lagen sie in der letzten Ferienwoche noch bei &bdquo;normalen" Werten um die 100, betrug die Sieben-Tages-Inzidenz bei den Fünf- bis Neunjährigen zuletzt mehr als 486 und bei den Zehn- bis 14-Jährigen sogar 553. Kein Wunder also, dass die Schulleitungen zur Maskenpflicht zurück wollen und in den Schulen selbst eindringlich appellieren, die Atemschutzmaske freiwillig am Sitzplatz weiter zu tragen. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) warnte in dieser Woche vor unzulässiger Einflussnahme auf die Schüler. &bdquo;Es darf weder über Lehrkräfte, noch über Schulleitungen Druck ausgeübt werden." Alles sei in bester Ordnung. Druck ausüben war noch nie ein wirklich kluges Konzept Zweites Beispiel 2G-Regel: Während der neue NRW-Ministerpräsident Wüst meint, dass es bei uns ganz anders läuft als etwa in Sachsen und wir getrost bei unseren Zulassungsbeschränkungen 3G (getestet, geimpft, genesen) bleiben können, fordert sein Parteikollege, Landrat Sven-Georg Adenauer, einen Strategiewechsel auf Landesebene. Er will, dass nur noch Geimpfte und Genese beispielsweise in Restaurants oder Kinos dürfen. &bdquo;Ich halte flächendeckend in NRW die 2G-Regel für den Freizeitbereich für unverzichtbar", kommentiert Adenauer die bundesweite Diskussion. Man könne offenbar nur so Druck auf die noch nicht geimpften Bürger ausüben. Druck ausüben war noch nie ein wirklich kluges Konzept. Schon gar nicht, wenn die Kreisverwaltung selbst in einer Pressemitteilung erklärt: &bdquo;Auffällig sind proportional höhere Ansteckungen unter der Bevölkerungsgruppe mit Arbeitsmigration sowie den Mitgliedern von Freikirchen." Den bulgarischen Lkw-Fahrer, der als Werkvertragsarbeiter etwa bei einer Versmolder Spedition arbeitet, den wird man mit 2G wenig beeindrucken. Er sitzt nicht im Restaurant und auch nicht im Kino. Lesen Sie auch: Kreis Gütersloh hat die schlechteste Impfquote in ganz OWL Aufs Land braucht echt niemand mehr zu warten Wenn Landrat Adenauer nun nicht schon wieder die Pfarrer der Freikirchen zum Gespräch einbestellen will – wie zu Ostern –, dann müssen alle Kräfte im Kreishaus, alle Sozialarbeiter und Ehrenamtlichen raus in die Wohnblocks, in die Treffpunkte, um über das Impfen aufzuklären und die Termine vom Impfbus in allen Sprachen in die Bevölkerung zu tragen. Örtliche Kampagnen müssen her, denn aufs Land braucht echt niemand mehr zu warten. Und die letzte Posse des Durcheinanders ist wohl das Impfzentrum. Eigentlich sollten die Booster-Impfungen ausschließlich über die Hausärzte laufen. Das Impfzentrum sollte nicht wieder eröffnet werden, es wurde nach der Schließung Ende September direkt ausgeräumt. Jetzt aber überschlagen sich die Ereignisse. Also folgt der Kreis Gütersloh dem Erlass des Landes NRW und wird in zwei Wochen erneut die Türen des Impfzentrums an der Marienfelder Straße in Gütersloh öffnen. Die Schilder müssen allerdings erneuert werden, denn das Impfzentrum darf nur noch Impfstelle heißen. Wie hoch ist denn jetzt eigentlich unsere Impfquote? Dass wir keine Datenbasis haben, die uns verlässlich sagt, wie hoch eigentlich unsere Impfquote ist und die Betriebsimpfungen von der Kreisverwaltung grob über den Daumen geschätzt werden müssen, führt zur Ausgangsfrage zurück: Auf wen oder was darf man in diesem Durcheinander eigentlich sauer sein? Seit Mittwoch meldete der Kreis Gütersloh, dass er seine Strategie in der Corona-Pandemie ändert. Infizierte sollen ab sofort ihre Kontaktpersonen selbst anrufen und informieren. Der Kreis appelliert mit diesem Verfahren an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Verwaltung ist in Sachen Pandemie auch fix und fertig. Im rheinischen Karnevalstrubel steht Peter Brings von der gleichnamigen Kölschrock-Band und bringt es womöglich mit einem Satz auf den Punkt: &bdquo;Ich habe Corona irgendwo im Kopf, aber ich hoffe, dass trotzdem alles gut geht."

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