Blutiger Streit um freilaufende Hunde in Gütersloh zieht Haftstrafe nach sich

Gütersloh/Bielefeld. Aus Sicht des Angeklagten hatte es sich um eine Notwehrsituation gehandelt. Diese Einschätzung teilten die Richter jedoch nicht: Das Bielefelder Landgericht verurteilte nun den 57 Jahre alten Evert U. (Name geändert) wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Darüber hinaus ordnete die Kammer die Unterbringung des an Schizophrenie erkrankten Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Was genau Ursache und Wirkung für den Bruch in der Vita von Evert U. waren, ließ sich auch in der mehrtägigen Verhandlung vor der II. Großen Strafkammer des Landgerichts nicht gänzlich aufklären. Offenbar war der 57-jährige Handwerker 2016 oder 2017 in eine große persönliche Krise geraten, in deren Verlauf er schließlich seine Wohnung verlor. Möglicherweise war die Ursache eine akute Krankheitsphase der paranoiden Schizophrenie, derentwegen das Landgericht nun die Unterbringung des Mannes in einer Klinik angeordnet hat. Möglicherweise war diese von U. nicht näher ausgeführte Krise jedoch auch Auslöser oder verstärkendes Moment für ein bereits manifestes Krankheitsgeschehen. Angeklagter lebte in Zelt im Wald Fest steht auf jeden Fall, dass sich U. damals für die Obdachlosigkeit und Abgeschiedenheit entschied: Da es ihm in den Unterkünften der Stadt Gütersloh zu turbulent zuging, lebte der Angeklagte seither in einem Zelt im Wald. Allerdings geriet er dort immer wieder mit Hundehaltern aneinander, die ihre Tiere entgegen dem bestehenden Leinenzwang frei herumlaufen ließen. So geschehen am 8. Oktober des vergangenen Jahres. An der Adele-Bartsch-Straße sprühte er erst einem unangeleint vor einem Grundstück sitzenden Hund und danach dessen Besitzer Tierabwehrspray ins Gesicht. Des Weiteren schlug U. dem Hundehalter mit einem Nordic-Walking-Stock je einmal gegen den Hals und eine Schulter, glücklicherweise jedoch ohne nennenswerte Blessuren zu hinterlassen. Richter: "mit Tötungsvorsatz" in eine Körperseite Deutlich dramatischer dann jedoch das Geschehen, das sich am frühen Nachmittag des 17. November 2020 ereignete: Der aus Rietberg stammende Hundetrainer Thomas Glich machte in einem Gütersloher Waldstück einen Spaziergang mit drei Hunden. Der auf einem Holzstapel in der Nähe der Kiebitzstraße sitzende U. ärgerte sich auch in diesem Fall über die verbotenerweise freilaufenden Vierbeiner und sprühte unvermittelt Tierabwehrspray in deren Richtung. Der dem Angeklagten körperlich deutlich überlegene Thomas Glich ging schnellen Schritts auf diesen zu, brüllte ihn an und baute sich gleichsam auf Tuchfühlung vor diesem auf. Nun zog U. ein Messer aus einer Hosentasche und stieß es dem Hundetrainer mit voller Wucht und – so der Vorsitzende Richter Carsten Wahlmann in der Urteilsbegründung – &bdquo;mit Tötungsvorsatz" in eine Körperseite. Die zehn Zentimeter lange Klinge durchstieß eine Rippe und verletzte die Milz und das Zwerchfell des Rietbergers. Dieser war jedoch nach einem kurzen Schreckmoment noch handlungsfähig und fotografierte den Angreifer mit seinem Handy. Dies wiederum erzürnte Evert U. derart, dass er dem sich entfernenden Verletzten hinterherging. Hinzukommende Zeugen informierten schließlich die Polizei und U. wurde festgenommen. Glich, bei dem akute Lebensgefahr bestand, wurde durch eine Not-OP gerettet. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet Das Landgericht verurteilte den bisher nicht vorbestraften U. nun zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis. Eine Notwehrlage, wie von dem Angeklagten vorgetragen, mochte das Gericht nicht erkennen. Gleichwohl sagte Staatsanwalt Veit Walter, dass es &bdquo;erschütternd" sei, &bdquo;mit welcher Bräsigkeit einige Zeugen U. gegenüber geäußert haben, dass er doch woanders hingehen solle, wenn ihn freilaufende Hunde störten". Der Vorsitzende Richter Carsten Wahlmann griff den Gedanken in der Urteilsbegründung auf: &bdquo;Auch wenn das alle dort machen: Auf dem Gebiet herrscht Leinenzwang." Gleichwohl dürfe man – und dies galt ausdrücklich dem Angeklagten – dessen Durchsetzung dann nicht in die eigenen Hände nehmen. Neben der Haftstrafe ordnete die Kammer die Unterbringung von Evert U. in einem psychiatrischen Krankenhaus an, da – sollte er nicht behandelt werden – in derartigen Situationen weitere erhebliche Straftaten von ihm zu erwarten seien.

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