Gastro-Mitarbeiter in Gütersloh dringend gesucht: "So schlimm war es noch nie"

Gütersloh. Die Gastronomie hat wieder geöffnet, Kontakte müssen nicht mehr erfasst werden, das Tragen der Maske gilt nur noch als Empfehlung. Klingt schon fast normal. Wie vor der Corona-Pandemie. Doch so sehr sich die Betreiber der Gütersloher Restaurants, Cafés und Co. nach der monatelangen Zwangspause freuen, wieder Gäste bewirten zu können, tut sich jetzt ein neues Problem auf: es fehlen Mitarbeiter. Die Job-Portale sind überfüllt mit Stellenanzeigen. Köche, Küchenhilfen, Service-Kräfte - Vollzeit, Teilzeit, auf 450 Euro-Basis, nahezu alles wird gesucht. Oft seit Wochen mit nur mäßigem Erfolg. "So schlimm war es wirklich noch nie", sagt Manuel Schubert, Inhaber des Restaurants Alex an der Strengerstraße. Sowohl fürs Alex als auch fürs Bankery an der Kökerstraße, in dem Vater Ralf Schubert Geschäftsführer ist, werden Mitarbeiter gesucht. Vollzeit, Teilzeit, Service, Küche - quasi alles. "Die Situation ist wirklich krass. Sehr viele unserer Mitarbeiter haben sich während der Pandemie umorientiert und das ist mehr als verständlich. Die meisten haben die Kurzarbeit einfach nicht ausgehalten." Nicht nur die Kürzungen des Lohns, sondern vor allem auch der Wegfall des Trinkgelds hätte die Mitarbeiter an finanzielle Grenzen gebracht. Manuel Schubert: "Damit kann keiner überleben." Lesen Sie auch: Inzidenzstufe Null - diese Lockerungen gibt es jetzt im Kreis Gütersloh "Die Menschen haben Angst, dass sie im Herbst plötzlich wieder ohne Job dastehen" Zwar hätten ihm viele seine, auch langjährigen Kräfte, signalisiert, dass sie gerne zurückkommen würden - allerdings nicht jetzt. Auch, wenn sich die Corona-Lage derzeit entspanne und die Zahlen sich aktuell auf einem niedrigen Niveau eingependelt hätte, sei den meisten die Situation noch immer zu unsicher. "Das Vertrauen ist weg - die Menschen haben Angst, dass sie im Herbst dann plötzlich wieder ohne Job dastehen." Besonders heikel allerdings für den Gastronom: Sowohl das Alex als auch das Bankery können sich vor Arbeit kaum retten. Vor allem am Wochenende ist es laut Schubert "rappelvoll" - die Erleichterung der Gäste, dass Essengehen endlich wieder möglich ist, sei enorm. "Das alles mit teilweise weniger Personal oder neuen Kräften zu stemmen, ist eine echte Herausforderung." Neulinge müssten erst eingearbeitet werden, sich mit dem Kassensystem vertraut machen, das gesamte Konzept verinnerlichen. Das brauche seine Zeit. Langjährige Mitarbeiter haben gekündigt "Bei uns haben Mitarbeiter gekündigt, auch langjährige", sagt auch Andreas Kerkhoff, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands und Inhaber des Hotels und Restaurants Appelbaum, "das ist bzw. war schon ein Schock, da das gerade dann passierte, als wir wieder aufmachen durften." Er habe aber Glück gehabt und konnte alle Stelle bereits wieder besetzen. Lesen Sie auch: Pleitewelle in der Gastro im Kreis Gütersloh erst stark zeitverzögert erwartet Es gebe zwar durchaus Gastro-Kollegen, die kaum oder sogar gar keine Probleme mit Personal-Mangel haben, von vielen höre er derzeit aber, dass Mitarbeiter fehlen - und zwar in allen Bereichen. Sowohl in der Gastronomie als auch in Hotelbetrieben. "Es gibt Betriebe im Kreis Gütersloh, da ist die ganze Küchencrew weg." Wie berichtet blieb das bekannte Burger-Restaurant "Mam's Burger" an der Berliner Straße monatelang geschlossen; unter anderem auch, weil Betreiber Jan Akgün kaum neues Personal gefunden hatte. "Der heiße Sommer und die Urlaubszeit erschweren uns jedoch zusätzlich die Suche in dieser Phase", sagte er kürzlich gegenüber der NW. Mittlerweile hat sich die Lage etwas entspannt, "Mam's Burger" hat wieder geöffnet. "Mir macht das Angst" Auch Andreas Kerkhoff glaubt, dass vor allem die Angst vor einer neuen Welle im Herbst die Suche nach Personal erschwere. Auch er selbst habe Sorge. "Mir macht es Angst, dass wir im Kleinen hier alles versuchen, wieder normal arbeiten zu können und dann sehe ich die EM, die UEFA und die Länder die so viele tausend Zuschauer in die Stadien lassen, aus reiner Profitgier." Da niemand so wirklich wisse, wie es in der Gastronomie im Herbst weitergeht, könne er gut nachvollziehen, dass sich viele anders orientieren. "Jeder hat privat auch finanzielle Verpflichtungen, denen man nachkommen muss." An der Bezahlung generell in der Branche liege es aber nicht, dass sich immer weniger Menschen für einen Gastro-Job entscheiden, so der Dehoga-Kreisvorsitzende. Auch, wenn er oft höre, das das Personalproblem in der Gastronomie ein selbst gemachtes Problem sei, weil so schlecht gezahlt würde, betont er: "Es mag mit Sicherheit schwarze Schafe geben, aber der Großteil der Branche zahlt sogar auch übertariflich." 15 Euro für eine Currywurst mit Pommes? Gerne würde er seinen Mitarbeitern auch mehr zahlen, so der Hotel- und Restaurantinhaber, aber die Löhne dann auf die Preise für Gäste draufzuschlagen, komme in diesen Regionen nicht so gut an wie etwa in Urlaubsregionen. "Im Urlaub ist man schonmal eher bereit 15 Euro für eine Currywurst mit Pommes zu bezahlen und fünf Euro für ein kleines Pils. Aber hier ist das dann gleich viel zu teuer, obwohl der Service in unserer Region bestimmt nicht schlechter ist als in einer touristischen Hochburg."

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