Bei Miele in Gütersloh endet jetzt eine Ära

Dass er so lange im Amt bleiben würde – nein, das hat Klaus Niebusch nicht überrascht. &bdquo;Miele steht für Langlebigkeit", lächelt er, das gelte für Produkte wie fürs Personal: einmal Miele, immer Miele. Dass sich zwischen Niebusch und dem Gütersloher Weltkonzern nun dennoch die Wege trennen, ist unumgänglich: Der langjährige Betriebsratsvorsitzende, seit 1973 im Unternehmen, geht in Altersteilzeit und Ruhestand. Sein Nachfolger steht fest.Es ist Bernd Schreiber, der ihm folgt. &bdquo;Ich trete in große Fußstapfen", sagt Schreiber. Niebusch sei eine Institution, eine verlässliche, von allen Seiten anerkannte Größe, die Betrieb und Mitarbeiter wie kaum ein zweiter kenne. Nur noch wenige Tage wird Niebusch bei Miele verbringen, dann nimmt er Resturlaub und Freizeitausgleich und wechselt am 1. Oktober in die Freistellungsphase der Altersteilzeit.Sein Nachfolger, 56, wohnhaft im Kreis Lippe, verheiratet, zwei erwachsene Töchter, gehört seit sieben Jahren der Arbeitnehmervertretung im Gütersloher Stammwerk an. Von den 33 Mitgliedern des Betriebsrates einstimmig gewählt Seit März 2020 war er Stellvertreter Niebuschs, nun ist er an die Spitze gerückt – von den 33 Mitgliedern des Betriebsrates einstimmig gewählt.Das Vertrauen in den Neuen scheint also groß zu sein – obwohl Schreiber, anders als Niebusch und dessen Vorgänger Peter Krüger – kein Miele-Eigengewächs ist. &bdquo;Erst" 1990, vor 31 Jahren, heuerte er an, Lehre, Gesellenzeit, Weiterbildung, Meisterabschluss hatte er zuvor woanders absolviert. Die Mieleaner mögen ihm das verzeihen: Schreiber stammt aus Wuppertal, geboren und aufgewachsen in Elberfeld. Bei Miele arbeitete Schreiber bis zu seiner Freistellung vor zwei Jahren die meiste Zeit im Bereich technische Schulung. Von Haus aus Elektromeister, brachte er Beschäftigten bei, wie die Geräte funktionieren und wie man sie repariert.Als neuer Gütersloher Betriebsratschef (und stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender) sei sein Ziel, &bdquo;mehr mitzugestalten". Allzu oft werde die Arbeitnehmervertretung erst eingebunden, wenn sie den Prozess nur noch begleiten könne. Das sei sinnvoll, um ein Übel abzufedern, aber besser sei es, es gar nicht erst entstehen zu lassen. &bdquo;Ich möchte, dass wir mehr in die Offensive kommen", sagt Schreiber. "Wir kommen um betriebsbedingte Kündigungen offenbar herum" Unterstützen wird ihn der neue Stellvertreter Carsten Sieweke, ein 50-jähriger Werkzeugmechaniker, der 1988 seine Ausbildung bei Miele antrat und danach im Facilitymanagement tätig war.Der Druck durch den Wettbewerb sei enorm, sagt Schreiber. Arbeitsverdichtung, Kostensenkung, Outsourcing, all das seien Herausforderungen, denen sich Miele zu stellen habe, aber bitte möglichst unter Einbindung des Betriebsrates. Bislang sei das gut gelungen, auch dank Niebusch. &bdquo;Wie er das McKinsey-Programm aufgefangen, wie er den Zukunftstarifvertrag mitgestaltet hat, das verdient Hochachtung", sagt Schreiber.Tatsächlich scheinen der Aufbau des zweiten Waschmaschinenwerkes im polnischen Ksawerow und der Stellenabbau im Stammwerk vergleichsweise geräuschlos zu gelingen. &bdquo;Es sieht gut aus", sagt Niebusch. &bdquo;Wir kommen um betriebsbedingte Kündigungen offenbar herum." Mehrere Faktoren trügen dazu bei: Der ursprüngliche Wegfall von 240 Arbeitsplätzen schrumpfte auf 180, und dafür seien Lösungen gefunden worden. Optimistisch bei den noch ungeklärten Einzelfällen Niebusch: &bdquo;Wir haben etwa die Hälfte der Mitarbeiter über den internen Arbeitsmarkt auf andere Stellen vermitteln können, die andere Hälfte ist überStellenabbau verläuft nahezu geräuschlosAufhebungsverträge, Abfindungen, Altersteilzeit oder Eigenkündigungen ausgeschieden." Nur wenige Einzelfälle seien noch zu klären, auch bei denen sei er optimistisch.Bis Ende des Jahres läuft das McKinsey-Programm (&bdquo;Designed2Excellence") noch, ein Jahr länger der Standorttarifvertrag für das Gütersloher Gerätewerk. &bdquo;Zu glauben, danach würden die Herausforderungen weniger, wäre allerdings ein Irrtum", sagt Schreiber. Effizienzsteigerungen und Verlagerungen blieben Dauerthemen, auch weil in Amsterdam die neue Digitaleinheit und in Posen das Shared Service Center für übergreifende Finanz- und Buchhaltungsstandards stetig wüchsen.Dass Miele die Corona-Zeit so blendend überstehe, sei ein Glück, sagen Niebusch und Schreiber – die Geschäftszahlen von Miele bestätigen das eindrucksvoll. Aktuell bereiten einzig Engpässe bei der Teileversorgung Kummer – das gleiche Problem, das etwa auch die Autoindustrie beschäftigt. "Dieser Mann hat enorm viel für Miele bewirkt" Miele reagiert darauf mit Kurzarbeit. Die bei der kurzen Corona-Delle 2020 getroffene Betriebsvereinbarung zu Kurzarbeit gelte aber weiterhin, das sei beruhigend und hilfreich.Mit dem Ausscheiden von Niebusch ende eine Ära, sagt Schreiber. &bdquo;Dieser Mann hat enorm viel für Miele bewirkt." Der 62-jährige Niebusch, geboren in Verl, Vater zweier Kinder, hatte seit 2006 die Arbeitnehmervertretung im Stammwerk geführt, zuvor war er sieben Jahre Stellvertreter gewesen. &bdquo;Ich bin mit dem Unternehmen verwachsen", sagt Niebusch, &bdquo;es hat mich und mein Leben geprägt." Als 17-Jähriger hatte er sich bei Miele zum technischen Zeichner ausbilden lassen, dieses Jahr wird er am 1. August auf eine 48-jährige Betriebszugehörigkeit zurückblicken. Was er demnächst vorhabe? &bdquo;Erst mal nichts", sagt Niebusch. Bislang sei sein Leben sehr verplant gewesen, nun warte er gelassen ab, was auf ihn zukomme.

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