Feuerwehr-Seelsorger nach Unfall mit Kind in Gütersloh: "Für uns die Ausnahme"

Gütersloh. Sonntagnachmittag, plötzlich klingelt das Handy, die Polizei, ein Notfall. Ein dreijähriges Kind ist von einem Notarztwagen in der Gütersloher Innenstadt angefahren worden. Ein Streifenwagen nimmt Marco Beuermann mit zur Blessenstätte. So schnell sei er zuvor noch nie an einem Unfallort gewesen, berichtet er einen Tag später im Gespräch mit nw.de. In den meisten Städten und Kreisen alarmiert die Feuerwehrleitstelle die Notfallseelsorger, um Betroffene bei schweren Schicksalsschlägen beizustehen. Im Kreis Gütersloh erfolgt dies über die Polizei. &bdquo;Unsere Notfallseelsorgerin Ursula Rutschkowski ist Polizeibeamtin, so hat sich das einfach als kurzer Weg ergeben, dass wir über die Polizei hinzugerufen werden", erklärt Beuermann. Dramatisch sind die Aufnahmen vom Unfall am Sonntag, zeigen den orangeroten Rettungshubschrauber wie er vor der Innenstadt-Kulisse niedrig am Himmel steht. &bdquo;Es sah schlimmer aus, als es zum Glück war", sagt der Gemeindepfarrer aus Rheda-Wiedenbrück, der als Mitglied des 40-köpfigen Teams ehrenamtlich auch als Notfallseelsorger tätig ist. &bdquo;Der Rettungshubschrauber war deshalb im Einsatz, weil das Kind so am schnellsten zur Klinik nach Osnabrück gebracht werden konnte, ohne die Unberechenbarkeit des Straßenverkehrs", erklärt Beuermann. Das Kind habe geschrien, sei aber ansprechbar gewesen. &bdquo;So furchtbar es ist, so lange sie noch ansprechbar sind, ist nicht das Schlimmste eingetroffen", sagt der Pfarrer. "Dieser Unfall hätte so jedem passieren können" Vor Ort geht alles ganz schnell. Der Hubschrauber ist in wenigen Minuten an der Blessenstätte, die Mutter fliegt direkt mit ins Krankenhaus. Beuermanns Aufgabe ist es in diesem Moment vor allem, als Feuerwehr-Seelsorger den Fahrer des Notarztwagens zu betreuen. &bdquo;Dieser Unfall hätte so jedem passieren können. Der Fahrer war langsam unterwegs und kam gerade von einem Einsatz zurück, hier ist Tempo 30 und wenn ein Kind plötzlich zwischen geparkten Autos auf die Straße läuft, gibt es kaum eine Chance zu reagieren. Bei höherer Geschwindigkeit wären die Verletzungen wohl tödlich gewesen", so Beuermann. &bdquo;Dass wir direkt am Unfallort seelischen Beistand leisten, ist eher die Ausnahme", erzählt er. Der Großteil der Einsätze, rund 90 Prozent, fände abseits der Öffentlichkeit statt. &bdquo;Wir sind meistens für die Menschen bei ihnen zuhause da, sei es, weil wir eine Todesnachricht überbringen müssen oder ihnen seelisch bei Unfällen oder Suiziden von Angehörigen beistehen", erklärt der Notfallseelsorger. An einer Unfallstelle gäbe es meist weniger Bedarf, selten ziehe sich ein Unfallgeschehen über einen Zeitraum hin. Auch realisierten Betroffene das Erlebte erst kurz darauf. Eine echte Ausnahme sei der Einsatz bei einem Sportunglück vor einigen Jahren in Gütersloh gewesen, ein Schüler war in einen Speer gefallen und einen Tag später seinen Verletzungen erlegen. &bdquo;Da haben wir dann die ganze Schule betreut", erzählt Beuermann. "Die meisten Menschen haben eine stabile Psyche" Den Betroffenen beistehen hieße vor allem: darüber reden, ihnen zuzuhören. &bdquo;Die meisten Menschen haben eine stabile Psyche. Bei so schweren Erlebnissen schlafen einige in den Nächten danach schlecht, haben Alpträume, doch dann geht es vorbei", weiß der Notfallseelsorger. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, brauche es Empathie, aber auch Distanz, um selbst damit klar zu kommen. Notfallseelsorge sei hier in der Region rein ehrenamtlich, jeder könne mitmachen. In einem Vorgespräch werde herausgefunden, ob der Mensch geeignet sei und auch ins Team passe. Denn sie seien im Idealfall immer zu zweit bei einem Einsatz, am besten ein Mann und eine Frau mit unterschiedlichen Berufen. Das helfe, die Betroffenen besser zu verstehen und auch sich untereinander über das Geschehene auszutauschen. Die Ausbildung ist auf OWL-Ebene geregelt und sei ein Mal im Jahr mit 15 bis 16 Terminen, vorwiegend abends oder am Wochenende. Jährlich kämen zwei bis drei neue Helferinnen und Helfer hinzu, ähnlich so viele gingen auch wieder aus privaten oder beruflichen Gründen. Das Mindestalter liege bei 25 Jahren. Bei den Notfallseelsorgern im Kreis Gütersloh reiche die Altersspanne von Anfang dreißig bis hin zu 70. &bdquo;Denn für die Aufgabe sollte eine gewisse Lebenserfahrung vorhanden sein", so Beuermann.

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