Anwalt aus dem Kreis Gütersloh: Auch Job, an Seite von Mördern zu stehen

Kreis Gütersloh.Sascha Haring ist ein regelrechter Fan von Gerechtigkeit und Recht. Während seiner Schulzeit am Kreisgymnasium Halle war er erst Klassensprecher, dann Schülersprecher und irgendwie, so sagt der Familienvater im Rückblick, sei es nach dem Abitur gar keine Frage gewesen, dass er Jura studieren würde. An der Universität Bielefeld machte er sein erstes und zweites Staatsexamen und am Ende hätte er dann Richter, Staatsanwalt oder auch Fachanwalt für Verkehrs-, Familien- oder Erbrecht werden können. &bdquo;Ja, theoretisch hätte ich das alles machen können", sagt Sascha Haring. Dann lehnt er sich in seinem Bürostuhl zurück. Lächelnd fügt er hinzu: &bdquo;Aber weder ein dauerhafter Bürojob noch das Behördenprinzip wären was für mich gewesen. Nicht einmal eine Beteiligung an einer Kanzlei. Strafrecht – das fand ich spannend. Und ich wollte immer mein eigenes Ding machen. Niemandem Rechenschaft ablegen müssen – und jeden Tag unterwegs." &bdquo;Die meisten, mit denen ich zu tun habe, sind eher sympathisch" Die meisten seiner Mandanten kommen aus dem Kreis Gütersloh oder aus Bielefeld. Aber tatsächlich werden dem 46-jährigen Juristen Fälle aus dem ganzen Bundesgebiet übertragen. &bdquo;Betrug, Diebstahl, Betäubungsmitteldelikte ... sie machen den größten Anteil meiner Arbeit aus", berichtet Haring. Und natürlich gebe es dabei auch böse Menschen, mit denen er zu tun habe. Dann lehnt er sich auf den Schreibtisch, faltet die Hände und sagt: &bdquo;Die meisten, mit denen ich zu tun habe, sind aber eher sympathisch. Es sind zumeist Menschen, die einfach durch bestimmte Lebensumstände in die Kriminalität abgerutscht sind." In seinem Job ist Sascha Haring dann nicht nur Jurist. Nein, er ist überdies Psychologe und manchmal auch Pädagoge. &bdquo;Wenn vor meinem Schreibtisch Vater und Sohn sitzen, ein verzweifelter und vielleicht auch aufgebrachter Vater, dessen Junge einen Überfall begangen hat, dann musst du oftmals auch die beiden betreuen. Den Vater einfangen, dem Jungen aufzeigen, welche Chancen er noch hat. Vielleicht auch die beiden zusammenbringen – um sich dann erst mit der eigentlichen Tat zu befassen." Und wenngleich Mord und Totschlag nur einen kleinen Teil seiner Fälle ausmachen, gehören auch sie dazu. "Als Strafverteidiger ist es manchmal eben auch mein Job, an der Seite von Mördern zu stehen" Aber wie passt es zusammen, als ein Verfechter von Recht und Gerechtigkeit ausgerechnet Mörder zu verteidigen? Unter anderem jenen Mann, der in Berlin einen Obdachlosen getötet hat, während dieser auch noch im Rollstuhl saß? Sascha Haring ist auf diese Frage vorbereitet. &bdquo;Hier wurde ich angeschrieben, ob ich die Pflichtverteidigung übernehme", sagt der Familienvater. &bdquo;Aber ja, als Strafverteidiger ist es manchmal eben auch mein Job, an der Seite von Mördern zu stehen." Haring macht eine kleine Pause, dann sagt er: &bdquo;Das Entscheidende hierbei ist: Man verteidigt ja nicht die Tat. Vielmehr geht es um das Recht auf ein faires Verfahren." Oftmals gebe es auch Ermittlungen gegen einen Verdächtigen, bei denen ein ganzer Staatsapparat in Bewegung gesetzt werde, und der Verdächtige ganz alleine dastehe. &bdquo;Dann braucht es einen Anwalt." Wenn er die Wahrheit kenne, könne er natürlich besser arbeiten, sagt Sascha Haring dann. &bdquo;Aber deshalb lautet meine erste Frage an den Mandanten nicht: Warst du das?" Nein, erst einmal müsse man Vertrauen aufbauen. &bdquo;Und wenn er dann will, erzählt er mir schon das, was passiert ist." Wenn er in diesem Zusammenhang an einen seiner größten Fälle denkt, an die Verteidigung des Versmolders Jens S., der vom Bielefelder Landgericht schuldig gesprochen wurde, für den Gütersloher Doppelmord an Weihnachten 2013 verantwortlich zu sein, zieht er die Luft tief ein. Haring versucht, die richtigen Worte zu finden. Sucht nach der richtigen Formulierung, die er in seiner Position äußern darf. Dann sagt er: &bdquo;Die Tat ist für mich weiterhin nicht aufgeklärt. Es gibt weiterhin offene Fragen." Misstrauischer sei er geworden Zweifelsohne habe ihn der Job verändert, das räumt Sascha Haring offen ein. Misstrauischer sei er geworden. Und gewiss auch skeptischer als viele andere. &bdquo;Wenn man jeden Tag mit der Polizei zu tun hat, jeden Tag mit Kriminalität in Verbindung kommt, verändert das ganz sicher den Blick auf andere Menschen – so sehr ich auch versuche, Berufliches und Privatleben zu trennen." Sascha Haring dreht sich um und blickt auf ein Foto an der Wand. Es ist eine Aufnahme aus dem ehemaligen US-Bundesgefängnis Alcatraz. &bdquo;Das habe ich gemacht", sagt Sascha Haring. &bdquo;Heute ist Alcatraz ja ein Museum, so dass ich es auf einer Reise besichtigen konnte." Überhaupt habe er sich mit den verschiedenen Rechtssystemen in der Welt beschäftigt. &bdquo;Viele von ihnen sind interessant – am Ende bin ich dankbar für unser deutsches, das sehr gut funktioniert. Mit einer Mischung aus Richtern und Schöffen und der Unschuldsvermutung. Und dem Recht auf einen Anwalt, der einen verteidigt."

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