Anwalt und Studentin sind Retter in der Not bei der Gütersloher Feuerwehr

Gütersloh. Als Rechtsanwalt im Straf-, Familien- und Zivilrecht muss Andreas Trylla (58) in brenzligen Situationen oft genug die Kohlen aus dem Feuer holen und auch schon mal Mandanten um 3 Uhr morgens aus der Gewahrsamszelle befreien. Außerhalb von Kanzlei und Gerichtssälen prägt der Einsatz zum Schutz von Menschen, Tieren, Umwelt oder Sachgütern sein Leben – unentgeltlich und arbeitsintensiv. Seit über 40 Jahren zählt Andreas Trylla als Unterbrandmeister zum Löschzug Gütersloh der Freiwilligen Feuerwehr. Wählt jemand die 112, bedeutet das nicht selten auch Arbeit für Trylla. Alleine in diesem Jahr erhielt das derzeit 70-köpfige Team der aktiven Notfallhelfer weit über 200 Alarmierungen, etwa 100 Einsätze davon parallel zur hauptamtlichen Berufsfeuerwehr. Der alarmierende Pieper ist immer in der Nähe. Ertönt er, heißt es für Andreas Trylla in 70 bis 80 Prozent der Fälle: Robe ausziehen, Gesetzbücher zur Seite legen, Mandanten-Termine unterbrechen. Etwa zwei Minuten dauert es von seiner Kanzlei an der Verler Straße zur Feuerwache an der Friedrich-Ebert-Straße. Eile ist geboten, wenn Einsatzmeldungen wie &bdquo;MiG" (Mensch in Gefahr) oder &bdquo;MamV" (Massenunfall mit Verletzten) aufploppen. Blaulicht und Martinshorn" wichen schnell dem Gefühl &bdquo;Menschen helfen zu können" &bdquo;Die meisten Mandanten wissen Bescheid", sagt der freiwillige Feuerwehrmann. In seinem ganzen Berufsleben hätte erst &bdquo;ein einziger Klient auf die Fortsetzung des Termines bestanden". Mit 18 Jahren trat Trylla den Reihen der Notfallhelfer bei, nachdem ein Freund seiner Eltern, damaliger Feuerwehrchef, bereits frühzeitig das Interesse geweckt hatte. Kinderträume von &bdquo;roten Autos, Blaulicht und Martinshorn" wichen schnell dem Gefühl &bdquo;Menschen helfen zu können". Dabei gibt es ein weites Spektrum, denn &bdquo;die Feuerwehr ist das Mädchen für alles", weiß Andreas Trylla. So zählen auch schon mal die Rettung aus feststeckenden Aufzügen oder das Aufhängen der Werbegemeinschaftsfahnen in der Fußgängerzone zu den Aufgaben. Primär stehen aber Hilfeleistungen bei Unfällen und Bränden im Fokus, dazu zählen auch emotional belastende Aufgaben. Aktuell helfe man aber auch beim Aufbau des Corona-Testzentrums. Andreas Trylla zählt &bdquo;das Unvorhersehbare zu jeder Uhrzeit" und die Verpflichtung &bdquo;da zu sein, wenn man von Menschen gebraucht wird" zum Leben. Sein Ansporn? Die innere Zufriedenheit. &bdquo;Wenn ich geholfen habe, einen Menschen aus einer kritischen Situation gerettet haben, fühlt es sich anschließend gut an". "Das ist ein total geniales, besondere Gefühl, dass man sonst nicht bekommt" Ähnlich wie Andreas Trylla geht es Feuerwehrfrau Alexandra Hunger (25). Die Medizintechnik-Studentin ist derzeit eine von fünf Frauen im Löschzug Gütersloh. 2017 kam die damalige auszubildende Pharmakantin über die Werksfeuerwehr ihres Arbeitgebers erstmals mit der Materie in Berührung. Inzwischen gehöre das mit viel Zeiteinsatz verbundene Ehrenamt &bdquo;fest zum täglichen Bedarf". Motivation und Antrieb sei &bdquo;die Kombination aus Interesse an Technik und Menschen in ausweglosen Situation zu helfen, die sich nicht mehr selbst helfen können. Das ist ein total geniales, besondere Gefühl, dass man sonst nicht bekommt." Das Duo Trylla und Hunger steht exemplarisch für die rund 250 Feuerwehrmänner und -frauen in den fünf Löschzügen Gütersloh, Spexard, Avenwedde, Friedrichsdorf und Isselhorst, die die Arbeit der 100 hauptberuflichen Feuerwehrleute nach besten Kräften unterstützen. Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, seien die den jeden Montag von 19.30 Uhr bis 22 Uhr terminierten Übungs- und Vertiefungsabende mit dem praktischen und theoretischen Unterricht &bdquo;verpflichtend einzuhalten", so Andreas Trylla. Ähnlich wie seine Kollegen kommt der Schriftführer des Löschzuges außerhalb von Alarmierungen grob geschätzt auf &bdquo;fünf bis zehn Stunden pro Woche" – also gut 240 bis 480 Stunden im Jahr im Einsatz für das Allgemeinwohl. &bdquo;Wir kommen raus und sind Profis. Aber dafür muss man was tun" Um bei den Einsätzen immer &bdquo;wie ein Uhrwerk" laufen zu können, sei die permanente Fortbildung jedoch unerlässlich. Alexandra Hunger: &bdquo;Wir kommen raus und sind Profis. Aber dafür muss man was tun." Fragt man ihren Kollegen, den seit 40 Jahren für die Feuerwehr &bdquo;brennenden" Justiziar danach, wie lange er noch dem &bdquo;Nebenjob Feuerwehrmann" nachgehen wolle, kommt die Antwort präzise wie der Wasserstrahl aus einem C-Rohr. &bdquo;Ich kann mir nicht vorstellen, nicht mehr zur Feuerwehr zu gehen. Man kommt einfach nicht davon los. Vor Erreichen der offiziellen Altersgrenze von 67 Jahren, werde ich wohl nicht aufhören", sagt Andreas Trylla und fügt hinzu: &bdquo;Einmal Feuerwehr, immer Feuerwehr." Wie bedeutsam diese Worte sind, zeigt die gegenwärtige Situation in Zeiten von Corona. Momentan treffen sich die Freiwilligen Retter nur bei Alarmierungen. Die regelmäßigen Übungs- und Wiederholungsabende pausieren. Ohne Dienst fehlt Andreas Trylla &bdquo;momentan ein Teil des Lebens". Der Rechtsanwalt hat in den ganzen 40 Jahren &bdquo;keine Sekunde ans Aufhören gedacht."

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