Verbot der Werkverträge in der Fleischindustrie wird zur Zitterpartie

Gütersloh. Werkverträge und Zeitarbeit in der Fleischindustrie werden im neuen Jahr verboten - so lautet die Ankündigung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schon seit Juli, doch zwischenzeitlich waren sich die Akteure nicht mehr einig in der Umsetzung. SPD und CDU/CSU haben sich in der vergangenen Woche verständigt und einen Kompromiss ausgehandelt, um das sogenannte "Arbeitsschutzkontrollgesetz" noch im Dezember zu beschließen. "Ich traue dem Braten immer noch nicht", sagt Volker Brüggenjürgen, Vorstand des Caritasverbandes Kreis Gütersloh. "Es gibt jede Menge Medienberichte über den langwierigen Prozess der Einigung in diesem Gesetzesverfahren, aber es gibt noch kein Papier, in dem die beschlossenen Punkte nun konkret aufgelistet sind." Diesen Umstand bestätigt die Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Geschäftsführerin der Grünenfraktion, Britta Haßelmann. "Wir haben nichts schriftlich vorliegen". Es gebe in Berlin noch zwei Sitzungswochen in diesem Jahr - wobei in der kommenden Woche der Haushalt eingebracht wird. Somit muss das Gesetz in der Woche vor Weihnachten zwingend beschlossen werden. "Das ist kurz vor Toresschluss, damit es überhaupt noch im Januar in Kraft treten kann", erklärt Haßelmann. Bundestag und Bundesrat tagen am 18. Dezember. "Das ist alles auf Kante genäht. Es könnte gelingen, aber jetzt darf es keine Blockaden mehr geben." Caritas-Beratungsstellen als Modell für ganz NRW Die Caritas unterhält Beratungsstellen für osteuropäische Arbeitsmigranten im Kreis Gütersloh. Seit Jahren kämpft Volker Brüggenjürgen mit seinem Team für eine Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Seit dem heftigen Corona-Ausbruch beim Schlachtkonzern Tönnies im Juni ist seine Expertise gefragt. Die Politik schaut nicht mehr an den Missständen vorbei. Die Beratungsstellen der Caritas sollen sogar Schule machen. "In Düsseldorf wird gerade diskutiert, eine landesweite Förderung solcher Beratungsstellen in ganz NRW aufzubauen", erklärt Haßelmann. Umso erstaunlicher, dass sich die CDU/CSU beim Arbeitsschutzkontrollgesetz für viele Wochen quer gestellt hatte. "Ich hätte diesen Lobbydruck nicht für möglich gehalten und ich hätte auch nicht geglaubt, dass man sich das nach den Ereignissen dieses Sommers noch traut", so Brüggenjürgen. "Das Grundprinzip heißt: Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle!" Was bedeutet das Verbot von Werkverträgen und Zeitarbeit für die Betroffenen im Kreis Gütersloh? "Die schwierige Wohnungssituation und das Elend sind nicht weg, nur weil wir ein Gesetz haben. Der Weg ist noch sehr, sehr lang. Aber für die Menschen ist es ein echter Neuanfang", meint Brüggenjürgen. "Das Grundprinzip des neuen Arbeitsschutzkontrollgesetzes heißt: Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle!" so Britta Haßelmann. Es gebe genug Anlass für Misstrauen gegenüber den Fleischbaronen. Ob die personellen Kapazitäten der Landesregierung ausreichten, um die im Gesetz verankerte Prüfquote einhalten zu können, müsse sich zeigen. "Viele Länder haben in diesem Bereich in der Vergangenheit abgebaut. Kaum ein Betrieb musste noch Angst vor Kontrollen haben." Betriebsratswahl bei 6.000 Tönnies-Beschäftigten? Die Ankündigung, dass man sich in Berlin in Sachen Arbeitsschutzkontrollgesetz geeinigt hat, wurde in Rheda von Clemens Tönnies als geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens nach eigenen Angaben positiv aufgenommen, weil es Planungssicherheit gebe. "Die Übernahme der Werksvertragsmitarbeiter ist bereits seit September in vollem Gange. Voraussichtlich mit Jahresende 2020 werden die Direkteinstellungen abgeschlossen sein. Somit werden unsere Häuser um mehr als 6.000 Stammbeschäftigte in den Belegschaften wachsen”, führt Tönnies aus. Einen aktuellen Zwischenstand der tatsächlich festangestellten ehemaligen Werkvertragsarbeitern möchte der Konzern nicht nennen. Die Konsequenzen aus den Regelungen der Leiharbeit müssten derweil noch im Detail geprüft werden. "Es ist ein Unterschied, ob Tönnies als Arbeitgeber Verantwortung für 650 oder demnächst 6.000 Mitarbeiter trägt", sagt Volker Brüggenjürgen und ergänzt: "Betriebsratswahlen bei dieser Größenordnung können zu einer völlig neue Zusammensetzung des Unternehmens führen."

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