Von Robert Tönnies gegründet: Hofladen-Lieferdienst profitiert von Corona

Kreis Gütersloh. Die Hälfte von Deutschlands größtem Schlachtkonzern gehört Robert Tönnies. In dem Unternehmen mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück ist der 41-Jährige im Beirat tätig, das operative Geschäft leitet Onkel Clemens. In der Öffentlichkeit tritt Robert Tönnies vornehmlich als Kritiker des Fleischverarbeiters auf. Laut einem Bericht des Manager Magazins soll der Neffe seinen Onkel beispielsweise schon lange dazu auffordern, keine Mitarbeiter mehr über Werkverträge zu beschäftigen. Hinsichtlich der Geschäftsstrategie sind sich Robert und Clemens Tönnies scheinbar uneins – als Beirat aber hat Robert Tönnies keine Entscheidungsbefugnisse, stattdessen darf er lediglich Empfehlungen abgeben und beratend tätig sein. Wegen des massiven Coronaausbruchs im Fleischkonzern im Sommer, forderte Robert Tönnies seinen Onkel unlängst zum Rücktritt auf. Dieser habe hinsichtlich des Unternehmens sowie der Bevölkerung unverantwortlich gehandelt. Der Coronaausbruch entfachte den ohnehin schon jahrelang schwelenden Streit in der Familie Tönnies aufs Neue. Verkaufszahlen des digitalen Wochenmarkts steigen enorm Im November 2018 gründete Robert Tönnies gemeinsam mit zehn weiteren Genossen den Hofladen-Lieferdienst &bdquo;Wochenmarkt24". Über Nacht bekommen Kunden des Onlineportals die Produkte lokaler Erzeuger vor die eigene Haustür geliefert. Der 41-Jährige war Ideengeber, hat eine siebenstellige Anschubfinanzierung geleistet. Bedingt durch die Coronakrise und auch bedingt durch den massenhaften Coronaausbruch bei der Firma Tönnies, stiegen die Verkaufszahlen des digitalen Wochenmarkts enorm. Eike-Claudius Kramer, Vorstand bei &bdquo;Wochenmarkt24", erklärt im Gespräch: &bdquo;Vor der Coronakrise hatten wir pro Tag etwa 300 Bestellungen in Ostwestfalen, im April gingen dann die Zahlen durch die Decke. Mit jeder weiteren Meldung über das Coronavirus, stiegen unsere Verkaufszahlen. An manchen Tagen war unser Onlineshop schon um 11 Uhr ausverkauft." Zwischenzeitlich habe es Wochen mit mehr als 3.000 Bestellungen gegeben. Das entsprach der doppelten, sonst üblichen, Bestellmenge. &bdquo;Der Umsatz hat sich enorm gesteigert", so Kramer. &bdquo;An seiner Idee hat er keinen einzigen Euro verdient" Anders, als man vermuten könnte, profitiert Robert Tönnies nicht vom Erfolg des Onlineportals. Zwar war der Erbe des Fleischkonzerns bis zum 14. Juli Aufsichtsratvorsitzender von &bdquo;Wochemarkt24", dies aber unentgeltlich. Im Zuge des Coronaausbruchs bei der Firma Tönnies trat Robert aus eigenen Stücken von seinem Posten zurück. &bdquo;Er hat sich stets im Hintergrund gehalten", erklärt Eike-Claudius Kramer. &bdquo;An seiner Idee hat er keinen einzigen Euro verdient. Im Gegenteil. Er hat Geld investiert. Indem er seine Position aufgegeben hat, wollte er das Unternehmen schützen." Nach Angaben von Kramer gab es in der Folge des Coronaausbruchs bei Tönnies keinen Imageverlust für den &bdquo;Wochenmarkt24". Kunden, die explizit wegen des Namens Tönnies nachfragten, habe er persönlich geantwortet und die Gegebenheiten beim Onlineportal erklärt. So erhalten beispielsweise die lokalen Erzeuger, allein 14 machen aus dem Kreis Gütersloh mit, 80 Prozent des ausgewiesenen Warenpreises, 20 Prozent gehen an das Portal selbst. &bdquo;Um die Logistik sowie die Plattform zu finanzieren", erklärt Kramer. Lokale Erzeuger sehen nur Vorteile Verena Hollenberg vom Spargelhof Große-Wächter in Verl berichtet ebenfalls von einer gesteigerten Nachfrage über das Portal &bdquo;Wochenmarkt24". &bdquo;Ich kann es kaum nachhalten, aber es kam zu einer erheblichen Umsatzsteigerung. Wir spüren, dass die Menschen wegen der Coronakrise nicht normal einkaufen und stattdessen lieber Zuhause bleiben." Der Spargelhof Große-Wächter bietet je nach Saison untere anderem Produkte wie Rindfleisch, Kikok-Hähnchen, Spargel oder Erdbeeren auf dem digitalen Wochenmarkt an. Auch der Gütersloher Kiebitzhof, einer der größten teilnehmenden lokalen Erzeuger, bestätigt eine gesteigerte Nachfrage nach den auf dem Portal angebotenen Broten, Knäckebroten, Gemüse, Eiern und einigen Fertiggerichten. &bdquo;Vor allem in der Zeit der Coronakrise haben zahlreiche neue Interessenten, aber auch Stammkunden, den Weg über Wochenmarkt24 gewählt", sagt Sprecher Steffen Gerz und ergänzt: &bdquo;Für viele unserer Kunden, die sich sozial distanzieren mussten, war das Portal in dieser Zeit, dem Vernehmen nach, besonders wichtig, um überhaupt an ihre bevorzugten Produkte zu kommen." Da der Kiebitzhof den überwiegenden Teil seiner Produkte über den Großhandel vertreibt, ist der Anteil am gesamten Umsatz &bdquo;nicht sehr groß", so Gerz. &bdquo;Für den Kiebitzhofladen ist er aber wachsend." Der Hofladen-Lieferdienst plant derweil zu expandieren. &bdquo;Wir hoffen darauf, noch vor Weihnachten in München an den Start zu gehen", sagt Eike-Claudius Kramer. In Osnabrück werden aktuell lokale Erzeuger gesucht. Auch in Lörrach in Baden-Würtemberg sowie in Frankfurt soll es mit der Zeit einen digitalen Wochenmarkt geben. Trotz steigender Umsatzzahlen verzögern sich allerdings die Expansionspläne. &bdquo;Man mag es wegen des aktuellen Erfolgs kaum glauben. Aber wegen der Coronakrise hakt es aktuell vielerorts an der Terminfindung mit den Erzeugern."

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