Kommentar vor Stichwahl in Gütersloh: "Eine Festlegung schadet beim Pokern"

Gütersloh. Hat da etwa jemand geraunt? Zu irgendetwas oder irgendjemanden Position bezogen? Sich gar krass weit aus dem Fenster gelehnt? Nicht doch, so etwas macht man jetzt nicht. Man sagt nicht einfach zwischen zwei Wahlen und inmitten des Auslotens verschiedener Bündnisoptionen, wen man eindeutig gut findet und wen nicht. Jedenfalls nicht, wenn man zu den Zünglein an der Waage gehört, etwa zu den Grünen oder zur SPD. Ist klüger so. Strategischer. Nein, jene Parteien, deren eigene Kandidaten im Rennen um den Bürgermeisterposten draußen sind und die zugleich hoffen, im künftigen Stadtrat trotz ihrer Positionen zwei, drei oder gar vier bis fünf mitreden zu dürfen, lehnen sich zu diesem Zeitpunkt lieber zurück, verschränken die Arme und warten mal ab, was so kommt: Sie warten, was ihnen die verbliebenen Kandidaten Henning Schulz und Norbert Morkes so zu bieten haben, welche Offerten ihnen die CDU und BfGT wohl machen. Ist klüger so. Strategischer. Mal schauen, ob ihnen Schulz und Morkes und deren jeweilige Truppen in den nächsten Tagen ein paar Köder hinhalten. Die Zustimmung zu einer halben Innenstadt als Fahrradzone? Die Unterstützung für höhere Ausbaustandards bei Schulen? Die Zusage, die künftige städtische Immobilientochter nicht als Alibi-Gesellschaft klein zu halten? Das Okay für eine breitere Kulturförderung? Die Liste ließe sich erweitern. Offerten müssen nicht öffentlich werden Öffentlich müssen solche Offerten gar nicht werden. Das geht auch in Telefonaten und Kämmerlein-Absprachen. Aber klar ist auch, um es am Beispiel der Grünen festzumachen: Im politischen Poker hält man sich mit Wahlempfehlungen besser zurück. Hätten die Grünen eilfertig erklärt, bei der Stichwahl nächste Woche ihr Gewicht und all ihre Stimmen dem CDU-Kandidaten zuzuschustern, könnten sie nun keine Bedingungen mehr stellen. Also lassen sies. Dass die Grünen mit Morkes, jenem Mann, der sich mal dafür ausgesprochen hat, den halben Rathausplatz als Auto-Abstellfläche zu belassen, gleichwohl ihr Problem haben, dürfte ebenfalls klar sein. Der SPD geht das nicht anders, wenn auch aus anderen Gründen: Morkes ist derjenige, der ihnen eine Menge Stimmen kostet, der auf ihrem ureigenen sozialen Terrain wildert, und das oft und erfolgreicher als sie selbst. Doch die Sozialdemokraten tun sich gleichfalls schwer mit Schulz, die jüngeren Debatten im Stadtrat knisterten derart, zumal zwischen Schulz, dessen CDU und dem designierten SPD-Fraktionschef Volker Richter, dass es schwer fällt, an irgendeine Art von Liaison zu glauben. Inhaltlich mag es mitunter passen, atmosphärisch dagegen kaum. Für die Arbeit im Stadtrat dürfte das bedeuten, dass die CDU und die Grünen, gelegentlich assistiert von kleineren Fraktionen, den Kurs in den nächsten Jahren bestimmen werden. Jeder Wähler sollte sich selbst erforschen Doch wem an der Spitze des Rathauses sein Vertrauen schenken? Wen wählen nächste Woche? Einer Zeitung fiele es leichter als einer Partei, eine Empfehlung auszusprechen, doch statt einem plumpen &bdquo;Den ja, Den nicht" Beachtung zu schenken, sollte sich jeder Wähler selbst erforschen, wen er am liebsten auf dem Chefsessel im Rathaus sähe; sollte sich fragen,wie diese Person nach innen, in die Verwaltung, und nach außen, in die Öffentlichkeit, wirkt. Unterschiede gibt es zwischen diesen beiden erhebliche – in der Art des Umgangs mit anderen sowie in den inhaltlichen Positionen, für die sie und ihre Parteien stehen. Das wird auch den nächsten Sonntag spannend machen. Also, das schon mal jetzt: Wählen gehen! Bitter genug, dass vergangenen Sonntag die Wahlbeteiligung wieder unter 50 Prozent lag.

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