Vier-Tage-Woche im Kreis Gütersloh? Miele und Beckhoff sind dagegen

Kreis Gütersloh. Arbeitszeit verkürzen, statt Menschen zu entlassen. Wenn es nach IG-Metall-Chef Jörg Hofmann geht, dann könnte genau das die Lösung sein, um einen flächendeckenden Stellenabbau in der Metall- und Elektrobranche zu verhindern. Hofmann schlug kürzlich vor, in der kommenden Tarifrunde eine Vier-Tage-Woche mit entsprechendem Lohnausgleich als Option für Betriebe zu vereinbaren. Ein Vorschlag, den Thomas Wamsler, Erster Bevollmächtiger der IG Metall Gütersloh-Oelde, durchaus für praktikabel hält. Im Kreis Gütersloh seien die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona deutlich zu spüren, so Wamsler, allerdings ziemlich unterschiedlich. Manche Branchen wie etwa die Bauindustrie seien nahezu verschont geblieben. Weniger Arbeit muss neu verteilt werden Anderen, wie der Automobilbranche, habe die Corona-Zeit ziemlich zugesetzt. Das gesamte Ausmaß für den Kreis sei jetzt aber noch gar nicht abzusehen. Manche Spätfolgen würden sich erst im Laufe der nächsten Wochen und Monate herauskristallisieren. Hinzu komme der eh schon vor Corona extrem schnell voranschreitende Strukturwandel durch Digitalisierung, Klimawandel und Energiewende, der hundertausende Arbeitsplätze allein in Nordrhein-Westfalen bedrohe. Um also langfristig Perspektiven für sichere Arbeitsplätze zu schaffen, müssten Politik und Arbeitgeber jetzt zeitnah reagieren und handeln. "Wir brauchen dringend Alternativen. Die Situation hat sich durch Corona noch einmal deutlich verschärft. Wir müssen weniger Arbeit neu verteilen. Und dabei könnte eine Vier-Tage-Woche helfen." "Ein Lohnausgleich wäre zwingend notwendig" Die heimische Gewerkschaftssekretärin Julia Molck ergänzt: &bdquo;Die Unternehmen können hierdurch Produktivitätssteigerung, zufriedene Mitarbeiter und eine Senkung der variablen Kosten erreichen. Die Arbeitnehmer können neben der Arbeitsplatzsicherheit auch Entlastung erfahren oder den fünften Tag zur Qualifikation nutzen." Laut Thomas Wamsler müsse bei der gesamten Debatte um Arbeitszeitverkürzung aber unbedingt auch das Entgelt bedacht werden. Ein Lohnausgleich sei in dem Zusammenhang zwingend notwendig. Sorge, dass eine mögliche Vier-Tage-Woche Begehrlichkeiten wecke und die Arbeitnehmer untereinander spalte, hat Thomas Wamsler nicht. Es handele sich erst einmal nur um ein Optionsmodell - und nicht um einen Zwang oder etwa eine Plicht. Beckhoff: Vier-Tage-Woche führt zu Wohlstandsverlust der Mitarbeiter Unterstützung für den Vorschlag gab es bereits von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Im Kreis Gütersloh stößt de die Idee bei einige Firmen allerdings auf Widerstand. Der Verler Automatisierungstechnik-Hersteller Beckhoff Automation spricht sich ganz klar dagegen aus. "Eine Vier-Tage-Woche führt zu einem Wohlstandsverlust unserer Mitarbeiter und zu einem Produktivitätsverlust für unser Unternehmen", sagt der Geschäftsführende Inhaber Hans Beckhoff auf Nachfrage. Beckhoff Automation stehe in einem harten internationalen Wettbewerb mit Unternehmen aus allen Bereichen der Welt - insbesondere mit asiatischen Konkurrenten beispielsweise aus Taiwan, Korea, Japan und China. Die Produktivität ist in diesen Ländern sei schnell gewachsen. Daher müsse man die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie dringend und signifikant verbessern, damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibe. "Dann können Arbeitsplätze erhalten und hoffentlich auch ausgebaut werden", sagt Beckhoff. Sein Unternehmen arbeite ohne Kurzarbeit - alle Mitarbeiter seien vollbeschäftigt. Miele: Keine Anzeichen für coronabedingte Bedrohung von Arbeitsplätzen Ähnlich eingestellt ist auch der Gütersloher Hausgerätehersteller Miele. Die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche mache sich "Miele sich nicht zu Eigen", heißt es auf Nachfrage von Unternehmenssprecher Carsten Prudent. "Ob ein solcher Weg generell dazu beitragen könnte, Arbeitsplätze zu sichern, hinge maßgeblich von der Frage des Lohnausgleichs ab." Lösungen, die zu mehr Kosten je Arbeitsstunde führen würden, seien grundsätzlich kontraproduktiv für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie – und damit auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Bei Miele habe sich der Umsatz in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres 2020 deutlich besser entwickelt als dies nach den Einbrüchen in März und April erwartet werden konnte, betont Prudent. Es gebe schon seit Mai - als in vielen Ländern die Geschäfte wieder öffnen durften - deutliche Nachholeffekte und eine insgesamt weiter steigende Nachfrage. Umsatzprognose für Gesamtjahr noch nicht möglich Prudent: "Im Ergebnis lag der Miele-Umsatz zur Jahresmitte sogar leicht über Vorjahr. Wir konnten den coronabedingten Produktionsstopp unserer Werke im Wesentlichen auf die Wochen um Ostern beschränken und haben in den meisten Werken, im Vertrieb und auch in der Verwaltung gerade alle Hände voll zu tun." Weil die Entwicklung des Infektionsgeschehens aber nach wie vor unkalkulierbar bleibe, sei eine Umsatzprognose für das Gesamtjahr derzeit allerdings noch nicht möglich. "Es gibt bei Miele aber keinerlei Anzeichen für eine coronabedingte Bedrohung von Arbeitsplätzen."

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