Nobby Morkes will Bürgermeister werden: Ein Prototyp, der nicht locker lässt

Gütersloh. "Nobby machts" hört sich ein bisschen an wie &bdquo;Mensch Maria". Zwei Vornamen, zwei Slogans, und der eine so griffig wie der andere. Erwartet uns 2020 erneut so eine Sensation wie 1994? Heißt von Maria Unger lernen, siegen lernen? Gemach. Damals, als die junge SPD-Kandidatin Maria Unger nach 42 Jahren die Vorherrschaft der Stadt-Repräsentanten aus der CDU brach, war die Situation eine andere. Es hatten 80.000 Menschen gegen den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Gütersloh unterschrieben, es hatten politische Sitzungen nur unter Polizeischutz stattfinden können, die Stimmung war aufgeheizt, und der SPD rechnete man eher das Verhindern der MVA an als der CDU. Nobby Morkes ist ein Menschenfreund Nun, 2020, haben wir zwar erneut eine Sondersituation, aber Corona ist weniger politisch gefärbt und natürlich mitnichten ein lokales Ereignis. Daraus politisch Honig zu saugen, wird kaum gehen, und irgendwie verbietet es sich auch. Die Parallelen zwischen Norbert Morkes, genannt Nobby, und Maria Unger sind andere. Sie berühren eher die Kategorien Volksnähe und menschliche Wärme. Womöglich könnte man den beiden zig politische Aussagen unter die Nase reiben und sie dafür filetieren und verdeibeln, aber das würde nichts daran ändern, dass man sich mit ihnen wohl fühlt. Stets. Morkes und Unger sind Menschenfreunde, das merkt man ihnen in Nullkommanichts an, und das ist nun wahrlich eine Tugend, die einem Stadtoberhaupt gut zu Gesicht steht. Ein Bürgermeister sollte ein guter, zufassender Manager sein, er hat schließlich einen Laden von mehr als tausend Angestellten zu führen, aber er sollte auch eine menschliche Qualität haben, die es diesen tausend Leuten erlaubt, ihrer Arbeit nachzugehen, und zwar gerne. Reicht das für eine erneute Sensation? Reicht das für eine erneute Sensation? Schwer vorstellbar. Es könnte reichen, um gegen den Amtsinhaber Henning Schulz in die Stichwahl zu ziehen, aber dann? Morkes gibt seit Jahrzehnten eine prima Besetzung für einen Oppositionellen ab, er ist engagiert, kreativ und hat sein Ohr am Volk. Manchmal hört er diesem Volk, den Bürgern, sogar so genau zu, dass einige in ihm Züge eines Populisten erkennen. Jammert jemand? Morkes und BfGT sind flugs zur Stelle und erklären dessen Anliegen zu ihrem eigenen. Das ist mitunter beliebig und profillos, und man darf dem Verein dieses Oszillieren zwischen gelegentlich konträren Standorten durchaus vorhalten, aber eines sollte man dabei nicht vergessen: Es ist dessen Prinzip. Die &bdquo;Bürger für Gütersloh" werfen sich aus ihrem Selbstverständnis heraus in die Bresche. In welche, da gucken sie manchmal weniger genau hin. Er betritt das Theater nicht Als Oppositioneller fällt es leicht, sich so zu verhalten. Als solcher leistet sich Morkes ja sogar eine Sturheit, die kaum noch zu begreifen ist: Er, der ehemalige Kultur- und heutige Eventmanager, betritt das Theater nicht. Das Theater! Das längst bewiesen hat, dass es nicht nur Hochkultur (was immer das sein soll), sondern auch Breitenprogramm kann. Es hat was von Realitätsverweigerung, dass Morkes das nicht eingestehen mag. Auf der anderen Seite, auch das ist wahr, verdient er sich permanent Meriten um die Förderung der freien Kunstszene. Die Kernfrage lautet also: Kann einer, der sich permanent nahe entlang der Jobbeschreibung für den Prototypen eines Oppositionellen bewegt, die Stadt führen? Hat er die Qualitäten dazu? Wer gelegentlich mit Morkes zu tun hat, wird ihm Macherqualitäten attestierten, erhebliche sogar. Keine Frage ist er ein Typ, der anpackt. Aber das ist Schulz auch. Und die SPD- und Grünen-Kandidaten Volker Richter und Gitte Trostmann reklamieren das dito für sich. Corona verschafft Amtsinhabern Vorteile Das Wahlresultat prognostizieren, ist immer schwer, diesmal besonders. Wer weiß schon, wie sich Corona auswirkt? Überhaupt, die Pandemie: Sie verschafft den Amtsinhabern Vorteile, ständig sind sie in der Öffentlichkeit präsent und können sich dabei geschickt, siehe Schulz, als Lenker gerieren, die Lösungen parat haben. Wie heißt es auf den überregionalen Seiten in der Berichterstattung über Corona so oft? &bdquo;Jetzt schlägt die Stunde des Exekutive", sprich der Regierenden. Also der Kanzlerin und der Bürgermeister; das sind die, auf die wir jetzt hören, hören müssen. Bunter umtriebiger Hund Diesen Amtsvorteil zu egalisieren, dürfte für jeden Konkurrenten schwer sein. Vernehmen wir gerade viel von Richter? Kaum. Irgendwas von Trostmann? Fast noch weniger. Anders gefragt: Interessieren den Bürger derzeit noch Soziales oder Klimaschutz? ... Die Gegenkandidaten haben es schwer in dieser Zeit, und das wird noch lange so bleiben. Morkes hat vergleichsweise den Vorzug, dass er schon jetzt ein bunter umtriebiger Hund ist. Im September wird sich klären, ob den Güterslohern diese Rollenzuschreibung auf Dauer genügt.

Meistgelesen