Aramäische Gemeinde trauert in Gütersloh um Pfarrer Djallo

Gütersloh. 3.000 Trauergäste, drei Bischöfe und mindestens 30 Geistliche der syrisch-orthodoxen Kirche werden am Dienstagmorgen in Gütersloh erwartet. Sie reisen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland an. Sie alle kommen, um sich von Pfarrer Sleman Djallo zu verabschieden. Der Gründer der St. Stephanus-Gemeinde ist am Samstag im Alter von 68 Jahren nach schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie gestorben. Die Aramäische Gemeinschaft trauert um einen Seelsorger der besonderen Art. Hätte es ihn und sein unermüdliches Engagement nicht gegeben, wäre Gütersloh wohl niemals zur Heimat von 13.000 Aramäern geworden. Denn er war damals einer der ersten. Als Sabri Aydin kam er 1972 nach Deutschland, um als Gastarbeiter hier tätig zu werden. Er wollte dem Militärdienst entkommen. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in seiner Heimat im äußersten Südosten der Türkei wurden zunehmend instabil für die christliche Minderheit der Aramäer im Grenzgebiet zu Syrien. 1976 kam es schließlich zu einer regelrechten Auswanderungswelle, weil Aramäer als politisch Verfolgte in Deutschland Asyl beantragen konnten. Adydin wollte nach Delmenhorst, wo befreundete Familien bereits Fuß gefasst hatten, doch hier konnte er nicht bleiben. Gütersloh hingegen bot Arbeit. Neun Jahre war er bei Mohndruck beschäftigt. Sein Wille zur Integration war beachtlich, und er war das Fundament für seine Ausbildung zum Pfarrer. "Es war kein Beruf für ihn, es war tatsächlich eine Berufung" &bdquo;Mein Vater war mit Leib und Seele Gemeindepfarrer", sagt Kenan Djallo, Sohn des Verstorbenen. &bdquo;Es war kein Beruf für ihn, es war tatsächlich eine Berufung." Weil er den nötigen Rang als Messdiener besaß, traten die Bischöfe der syrisch-orthodoxen Kirche einst an ihn heran und fragten, ob er sich zum Pfarrer ausbilden lassen wolle. Sabri Aydin wollte. 1986 folgte die Priesterweihe. Sein Beruf wird zur Aufgabe. Unterstützung erhielt er von Pastor Stegen, abgeordnet von der Evangelischen Landeskirche für die Belange der syrisch-orthodoxen Christen und Pfarrer Eppelt von der katholischen Kirche Blankenhagen, weil in diesem Stadtteil besonders viele Aramäer und andere Migranten wohnten. Von Anfang an gab es eine starke ökumenische Zusammenarbeit. Im Glauben unterscheidet sich die syrisch-orthodoxe Kirche kaum von anderen christlichen Richtungen. Im September 1987 erwarb die aramäische Gemeinde die Besitzung der Firma Eugen Frederich. Dazu gehörten die Häuser Nr. 51, 53 und 55 an der Hohenzollernstraße und eine dahinter liegende große Halle, in der für den &bdquo;Yachtclub Gütersloh" Motor- und Segelschiffe untergebracht wurden. Drei Jahre dauert der Umbau. Sabri Aydin lässt mit dem Lkw Originalsteine aus seiner Heimat bei Tur Abdin herfahren und gestaltet den Altar in Handarbeit selbst. 1990 wurde das Gemeindezentrum an der Ecke Hohenzollernstraße/Nordring eingeweiht. &bdquo;Mit ihm verlieren wir einen unermüdlichen Brückenbauer" Heute zählen 450 Familien, also rund 1.300 Gläubige, zur Gemeinde St. Stephanus. Pfarrer Aydin half in den Familien, wo immer er konnte: Asylverfahren, Behördengänge, Sprachkenntnisse – gemeinsam mit Rechtsanwalt Georg König machte Aydin Integration möglich. &bdquo;Durch sein langjähriges Engagement hat sich eine intensive und treue Freundschaft entwickelt", sagt Frank Mertens, Integrationsbeauftragter der Stadt Gütersloh. &bdquo;Mit ihm verlieren wir einen unermüdlichen Brückenbauer zwischen den Kulturen und Konfessionen." Als der Großvater der Familie erklärte, dass der Name Aydin einst von der türkischen Regierung auferlegt wurde, um die Islamisierung durch die Namensgebung durchzusetzen, wurde Sabri Aydins ältester Sohn und Rechtsanwalt Benjamin Aydin tätig. Nach einem langen politischen Kampf setzte er durch, dass die in Deutschland lebenden Aramäer ihren Ursprungsnamen wieder tragen dürfen. Aus Familie Aydin wurde somit vor fünf Jahren Familie Djallo. Pfarrer Djallo wird seine letzte Ruhestätte auf dem Gütersloher Johannisfriedhof finden – neben seinem Vater und seinem bereits verstorbenen Sohn Benjamin. Das syrisch-orthodoxe Kirchengesetz sieht für Pfarrer wie Sleman Djallo eine Bestattung in einem niederländischen Kloster vor, doch er wollte bei seiner Familie in Gütersloh bleiben. &bdquo;Sein liebster Wunsch wäre eine Bestattung in St. Stephanus gewesen", weiß Kenan Djallo. Diese Bitte mussten ihm seine Frau und seine vier Kinder aus rechtlichen Gründen verwehren.

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