Kritik wegen explodierender Kosten bei Gütersloher Bauprojekten

Gütersloh. Sie sind mit ihrer Geduld am Ende: Die Vertreter aller Ratsfraktionen machen im Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Immobilienwesen (AWI) unmissverständlich deutlich, was sie von der derzeitigen Informationspolitik der Stadtbaurätin Nina Herrling halten. Eigentlich hatten sie sich von dieser Sitzung erhofft, endlich fundierte Antworten auf die Fragen zu bekommen, die in der Stadt seit Wochen für Diskussionen sorgen. Oder dass zumindest die Daten und Fakten zu den Kostenexplosionen bei verschiedenen städtischen Bauprojekten verständlich aufbereitet auf dem Tisch liegen würden. Umso größer ist ihre Enttäuschung, dass die drei Tage zuvor eingereichten Unterlagen nicht wirklich das enthalten, was sie erwartet hatten. &bdquo;Es blieb wenig Zeit, deshalb beziehe ich mich nur auf das schöne Gebäude, in dem wir gerade sitzen", sagt Norbert Bohlmann (UWG) mit Anspielung auf den Tagungsort des Ausschusses, der an diesem Abend ausgerechnet in einem Konferenzraum der Stadthalle zusammenkommt. Noch im Sommer hatte die Stadt bei der Sanierung der Fassade von einem Kostenanstieg auf 6,3 Millionen Euro berichtet. Nun ist die Rede von 7,9 Millionen – und es ist keinesfalls sicher, dass es dabei bleibt. &bdquo;Die vorgelegten Zahlen sind zu mager" &bdquo;Da hakt es irgendwo, aber es gibt auch mit Stand heute keinen Anhaltspunkt, wohin sich das entwickelt und was am Ende rauskommt. Diese Kosten müssen jedoch vorliegen, sonst würden die Architekten und Ingenieure ihre Arbeit nicht machen", sagt Bohlmann. Das gelte auch für die Termine: &bdquo;Wann ist was geplant? Die Darstellung des Projektmanagements ist grundlegend fraglich." Birgit Niemann-Hollatz (Grüne) schließt sich den Forderungen an: &bdquo;Die vorgelegten Zahlen sind zu mager." Den Vorschlag der Verwaltung, konkrete Baubeschlüsse in Zukunft erst dann zu fassen, wenn Entwurfsplanung und Kostenrechnung vorliegen, hält die Politikerin nicht für realistisch. &bdquo;Wir brauchen einfach detaillierte Aufstellungen und baubegleitende Informationen." Denn auch das erst kürzlich bezogene sogenannte Kunsthaus des Städtischen Gymnasiums hat nicht, wie 2015 angenommen, 2,74 Millionen Euro gekostet, sondern 4,14 Millionen Euro (ohne Einrichtung). Und die neue Feuerwache war in der Machbarkeitsstudie mit 16 Millionen Euro kalkuliert worden, kostete jedoch am Ende 24 Millionen Euro. Trauriger Spitzenreiter ist und bleibt die 3. Gesamtschule mit Baukosten von 48 Millionen statt 27 Millionen Euro, ebenfalls mit viel Luft nach oben. Im Ausschuss hat der Schulbau einen eigenen Tagesordnungspunkt bekommen. "Wir sind jetzt alle nicht klüger geworden", sagt Ischo Can An dieser Stelle zaubert Nina Herrling plötzlich ein externes Steuerungsbüro aus dem Hut, das es eigentlich noch gar nicht geben sollte. Laut Protokoll des neu gegründeten Arbeitskreises war diese Entscheidung in der ersten Sitzung am 4. Dezember vertagt worden. Umso überraschter reagieren die Ausschussmitglieder, insbesondere die Grünen, die einen entsprechenden Antrag vorbereitet und eingereicht hatten. Jetzt haben sie schon wieder viele Fragen: Wer ist das? Was kostet das? Was sind seine konkreten Aufgaben? Und braucht man so jemanden überhaupt? Der von ihr engagierte Projektsteuerer arbeite sich gerade in die Materie ein und werde sich im nächsten Arbeitskreis am 14. Januar vorstellen, erklärt die Stadtbaurätin. &bdquo;Die Kosten können wir heute noch nicht benennen." Matthias Trepper (SPD) hakt nach: &bdquo;Wenn er sich schon einarbeitet, will er doch auch schon Geld verdienen. Fließt da schon Geld?" Herrling: &bdquo;In sehr übersichtlichem Maße. Das bringen wir Ihnen noch mal mit zur Entscheidung." Also alles wie gehabt? Auch die CDU hält sich mit Kritik nicht zurück: &bdquo;Wir sind unzufrieden und höchst enttäuscht, Frau Herrling", sagt Ischo Can. Der Fraktionsvorsitzende Heiner Kollmeyer findet es &bdquo;besorgniserregend: In der Arbeitsgruppe wurde uns ein Organigramm gezeigt, das offenbar nicht funktioniert. Soll jetzt dieser Externe den Fehler finden und Leute aus dem Organigramm entfernen? Gibt es mittlerweile vielleicht mehr Projektsteuerer als Bauarbeiter?" Can ergänzt: &bdquo;Wir sind jetzt alle nicht klüger geworden. Da soll jemand von außen kommen und den Fehler finden – das habe ich eigentlich von Ihnen erwartet!" Auch Nobby Morkes (BfGT) kritisiert: &bdquo;Wir reden hier laufend über Kosten und sollen jetzt einen Freifahrtschein ausstellen?" Sein Antrag, den Arbeitskreis ab sofort öffentlich tagen zu lassen, wird einstimmig angenommen.

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