Gütersloh

Gütersloher am 1. Mai verprügelt: „Brutalität schockt mich noch heute“

Die Mutter des jungen Güterslohers, der im vergangenen Jahr am 1. Mai in den Dalke-Auen Opfer einer heftigen Prügelattacke wurde, appelliert an alle Besucher, am kommenden Mittwoch Zivilcourage zu zeigen

Auch in diesem Jahr werden Beamte wieder die Maifeier an der Dalke kontrollieren. | © Robert Becker

29.04.2019 | 29.04.2019, 10:52

Gütersloh. Auch ein Jahr nach dem Angriff auf einen damals 21-jährigen Gütersloher während der traditionellen 1. Mai-Party in den Dalke-Auen sind seine Wunden längst nicht verheilt. „Das war keine normale Klopperei", sagt die Mutter des Opfers, die jedes Mal an diesen schlimmen Tag erinnert wird, wenn sie ihren Sohn sieht. „Er hatte mehrere Trümmerbrüche am Kopf und eine Nasen-OP steht ihm noch bevor. Ich habe meinen eigenen Sohn im Krankenwagen nicht wiedererkannt – so übel hatten sie ihn zugerichtet."

Mit „sie" meint die Mutter die Täter, die den jungen Mann nach einem Streit in die Dalke geworfen, ihn dort mit Tritten und Schlägen traktiert und seinen Kopf so lange unter Wasser gedrückt haben sollen, dass er Todesangst hatte. Für das Opfer endete der Maifeiertag auf der Intensivstation, nach den Tätern wurde lange gefahndet. Um Zeugen zu finden, wendete sich die Familie damals auch an die Neue Westfälische und rief in den sozialen Netzwerken dazu auf, sich bei der Polizei zu melden.

"Ich bin froh, wenn sie eine Strafe bekommen"

Ein Augenzeuge sei dem Aufruf schließlich gefolgt und habe auch Namen nennen können, berichtet die Mutter. Was genau an diesem 1. Mai 2018 geschah, wird nun die Verhandlung vor dem Gütersloher Jugendschöffengericht zeigen, in der sich am 29. Oktober zwei 22-jährige Beschuldigte wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen, wie Amtsgerichtsdirektor Axel Meyer bestätigt.

„Ich bin froh, wenn sie eine Strafe kriegen", sagt die Mutter des Opfers. Kurz vor dem Jahrestag hat sie aber ein noch wichtigeres Anliegen: „Diese Brutalität hat mich geschockt und tut es immer noch. Hinzu kommt, dass rund 30 Leute daneben gestanden haben, ohne einzugreifen. So etwas darf nicht noch einmal passieren. Bitte achtet aufeinander und helft, wenn jemand bedroht wird – zeigt Zivilcourage", appelliert sie im Vorfeld der diesjährigen Maisause. „Ich spreche dabei aus meiner Sicht als betroffene Mutter."

Mehrere Tausend Jugendliche

Gemischte Gefühle werden wohl viele Eltern haben, wenn sich ihre Kinder am Mittwoch in die Dalke-Auen verabschieden. Je nach Wetterlage – selbst bei kühlen fünf Grad am Morgen und heftigem Wind kamen im vergangenen Jahr rund 3.500 Besucher – rechnet die Polizei auch am Mittwoch wieder mit mehreren Tausend Jugendlichen, die sich tagsüber auf dem rund 400 Meter langen Teilstück zwischen Füchtei und Hermann-Simon-Straße entlang der Dalke treffen, um dann später im benachbarten Wapelbad bei den ersten Wapelbeats des Jahres weiterzufeiern. Alkohol ist dabei jede Menge im Spiel, Drogen auch.

Polizei und Ordnungsamt sind gemeinsam unterwegs

Für den Maifeiertag 2018 wies die Bilanz der Polizei kreisweit 162 Einsätze auf. In zwei Fällen musste ein Rettungswagen alkoholisierte Jugendliche ins Krankenhaus fahren, ein junger Mann musste von seinen Eltern abgeholt werden.

Weil es in den vergangenen Jahren nicht nur zu erheblichen Verschmutzungen der Grünflächen, sondern auch zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen kam, kündigt die Polizei bereits im Vorfeld an, an diesem Tag gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Stadt besonders wachsam zu sein. „Es werden nicht nur Delikte geahndet, sondern auch gezielte Jugendschutzkontrollen durchgeführt", erklärt Polizeisprecherin Katharina Felsch. „Anlasstypischen" Auseinandersetzungen werde man konsequent entgegentreten.

Was erlaubt ist - und was nicht

„Ein weit verbreiteter Irrtum ist, man könne nach einer Feier alkoholisiert mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Aber auch ein Fahrradfahrer gilt ab einem Alkoholgehalt von 1,6 Promille als absolut fahruntüchtig. In diesen Fällen wird ein Strafverfahren eingeleitet. Unterhalb der Grenze von 1,6 Promille kann er bestraft werden, wenn er in einen Unfall verwickelt ist oder Ausfallerscheinungen auftreten", so Felsch weiter.

Gemäß dem Jugendschutzgesetzt gelte zudem, dass Branntwein und branntweinhaltige Getränke an Kinder und Jugendliche unter 18 nicht abgegeben werden dürfen. Auch der Verzehr sei ihnen nicht gestattet. Für alle anderen alkoholischen Getränke liege die Altersgrenze bei 16 Jahren. Ordnungswidrig handele dabei nicht nur der Verkäufer, sondern auch der Erwachsene, der den Verzehr in seiner Gegenwart gestatte. „Hier drohen Bußgelder bis in Höhe von 50.000 Euro", warnt Felsch.