Gütersloh

Ernährungs-Irrtümer: Machen Light-Produkte wirklich nicht dick?

Eine Ernährungsmedizinische Beraterin gibt die wichtigsten Antworten

Sind Light-Produkte wirklich so viel besser? | © picture alliance

24.01.2019 | 01.02.2019, 16:00

Gütersloh. Die Menschen im Kreis Gütersloh werden einer Studie der IKK zufolge immer dicker – ein Trend, der sich seit etwa 20 Jahren deutschlandweit abzeichnet und generell in allen Industrieländern festzustellen ist. Der Grund ist vor allem in der falschen und unbewussten Ernährung, insbesondere mit Fertigprodukten, zu finden. Doch was heißt eigentlich falsche Ernährung? Und was bedeutet richtige Ernährung? Die Ernährungsmedizinische Beraterin Claudia Anna Schröder-Böwingloh (48), die für beide Gütersloher Krankenhäuser als ernährungsmedizinische Beraterin tätig ist, gibt die wichtigsten Antworten.

FALSCHE ERNÄHRUNG

Viele Kalorien und zu wenig der wichtigen Nährstoffe: Wer auf den fettigen Burger, Schokobrötchen, Pizza und CO schwört, ist auf dem besten Weg zum Übergewicht. „Schlimm ist, dass sich viele Jugendliche oftmals täglich so ernähren." Die Folge: Immer mehr dicke junge Menschen. Denn diese Nahrungsmittel enthalten große Mengen an ungesunden Dickmachern wie Industriezucker, gesättigte Fettsäuren und vor allem gehärtete Fetten. Diese seien nicht nur in Fast-Food, Fertigprodukten und Schokolade enthalten, sondern auch in tierischen Lebensmitteln wie Schmalz, Speck, Wurst und Fleischwaren.

Auch das in der Lebensmittelindustrie verarbeitete und in Fertiggerichten und Süßwaren zu findende Kokos- und Palmkernfett sei bedenklich. „Gesättigte Fettsäuren und gehärtete Fette sind meist unsichtbar, dafür aber oft in großen Mengen vorhanden und sind nicht zu verwechseln mit den lebensnotwendigen ungesättigten Fettsäuren, die förderlich für das Herz-Kreislauf-System sind." Mehrfach Ungesättigte Fettsäuren finden sich unter anderem in kaltgepressten pflanzlichen Ölen und Nüssen.

DAS BROT

Der Deutschen liebste Speise, jedoch: „Brot ist nicht gleich Brot", sagt Schröder-Böwingloh und warnt explizit vor Backwaren vom Discounter. „Wer dort ein Laib für durchschnittlich 1,30 Euro kauft, darf kein hochwertiges Lebensmittel erwarten." Denn die Industrie verwende für ihre Backwaren sogenanntes Auszugsmehl aus der Massenproduktion, bei dem das Getreidekorn komplett abgeschält wurde und somit wertvolle Nährstoffe, wie Ballaststoffe verloren hat. Außerdem würden die im Auszugsmehl enthaltenden hoch dosierten kurzkettigen Kohlenhydrate in reinen Zucker umgewandelt.

Dabei sei es egal, ob das Brot grau oder weiß ist. Außerdem seien die meisten Massenbackwaren für die längere Haltbarkeit mit beispielsweise Sorbinsäure versetzt, die in Verdacht stehe, den Stoffwechsel zu beeinträchtigen. Zudem enthalten viele der hellen Auszugsmehle große Mengen Gluten, auch Klebereiweiß genannt. Es ist ein Sammelbegriff für ein Stoffgemisch aus Proteinen, das im Samen vieler Getreide vorkommt. „ Zuviel Gluten kann im menschlichen Verdauungsapparat zu Verdauungsbeschwerden, wie z.B: Blähungen oder auch Verstopfung führen."

Der Rat der Ernährungsexpertin: „ Nach Möglichkeit überwiegend Vollkornprodukte vom Bäcker des Vertrauens verzehren! Vollkorn ist ein geschützter Begriff." Diese Produkte werden aus dem ganzen Getreidekorn inklusive der so wichtigen Hüllschichten hergestellt, sie seien wichtige Ballaststofflieferanten, die sättigen, die Darmtätigkeit regulieren und die Verdauung fördern. Außerdem liefern sie viele Vitamine, Mineralstoffe wie beispielsweise Vitamin B12 und 6, Magnesium, Eisen, Selen und Zink.

DER ZUCKER

Zucker, das ist bekannt, gilt als der Dickmacher Nummer Eins. Zwar sind Schröder-Böwingloh zufolge 30 Gramm pro Tag „in Ordnung" – als Richtmaß gilt: „Ein flacher Esslöffel Zucker sind etwa zehn Gramm" – doch sei oft nicht nachvollziehbar, wie viel Zucker man sich einverleibt. Denn Zucker werde von der Industrie als Geschmacksträger und günstiger Füllstoff eingesetzt. „Er ist in fast allen Fertigprodukten in großen Mengen enthalten."

Das sei nicht nur in puncto Übergewicht problematisch, sondern auch, weil nachhaltig die Geschmacksknospen beeinflusst würden. „Wenig oder gar nicht gesüßte Speisen schmecken dann fad. Der Körper muss das Süßempfinden erst wieder erlernen." Übrigens: „Zucker ist Zucker, egal, ob es sich dabei um Honig handelt oder um Rohrzucker es wird immer die gleiche Menge Energie geliefert." Wer sich unsicher über die täglich konsumierte Zuckermenge sei, solle ein Zuckerprotokoll erstellen.

BELIEBTE IRRTÜMER

Lightprodukte machen nicht dick? „Das stimmt so nicht", sagt Claudia Anna Schröder-Böwingloh. Zwar enthalte ein sogenannter Light-Joghurt weniger Fett, dafür aber oft deutlich mehr Zucker – man hat also wieder die gleiche Anzahl Kalorien zu sich genommen". Kurzum: „Wenn auf einer Packung leicht und/oder weniger Fett steht, sollte unbedingt der Energiegehalt überprüft werden!"

RICHTIGE ERNÄHRUNG

„Der Körper benötigt eine ausgewogene, vitaminreiche und mineralstoffreiche Ernährung in der richtigen Nährstoffrelation", betont Claudia Anna Schröder-Böwingloh. Eine Änderung des Lebensstils und der Essgewohnheiten könne zudem bestehende Krankheiten positiv beeinflussen und den Heilungsprozess begünstigen, beziehungsweise dessen Entstehung verhindern. Aber: Kein Lebensmittel allein enthalte alle Nährstoffe.

Je abwechslungsreicher man isst, desto geringer sei das Risiko einer einseitigen Ernährung. So würden pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Getreide und Kartoffeln viele Nährstoffe, Ballaststoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe liefern, jedoch gleichzeitig nur wenige Kalorien. Pflanzenöle und Nüsse seien zwar kalorienreich, aber auch wertvolle Nährstofflieferanten. „Um die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen zu erleichtern, ist es sinnvoll, die pflanzlichen Lebensmittel durch tierische Lebensmittel wie Milch, Milchprodukte, Fisch, Fleisch und Eier zu ergänzen."

In der Praxis könnte das folgendermaßen aussehen: „Wenn man sich einen Teller vorstellt, dann sollte dieser zu einem Viertel aus Kohlenhydraten wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln bestehen, zu einem Viertel aus Fleisch oder Fisch und zur anderen Hälfte aus Gemüse und Salat." Wichtig sei zudem, maximal drei bis vier Mahlzeiten im Abstand von etwa vier Stunden zu essen, denn das sogenannte Snackverhalten führe dazu, dass der Körper zu viele Kohlenhydrate aufnimmt, die er nicht benötigt und daher auch nicht verwerten kann. Die Folge: Gewichtszunahme.

TRINKEN

Manche Getränke entpuppen sich als wahre Kalorienbomben. Gezuckert oder alkoholhaltig liefern sie reichlich „überflüssige" Energie, die zudem auch noch weniger sättigt als feste Nahrung. „ Ideal ist es, etwa 2 bis 2,5 Liter Wasser jeden Tag zu trinken, oder auch andere kalorienfreie Getränke wie ungesüßten Tee." Übrigens: „Wenn einen zwischendurch das Hungergefühl quält, kann man zur Überwindung ein Glas Wasser trinken."

HILFE

Wer sich helfen lassen möchte, kann sich an alle Krankenkassen wenden. Außerdem startet Claudia Anna Schröder-Böwingloh am Montag, 28. Januar, um 17.30 Uhr ein neues Seminar zum Thema „Gesunde Gewichtsreduktion und Ernährungsumstellung" in den Räumen der Ernährungsmedizin im St.-Elisabeth-Carree. Die Teilnahme am ersten Abend ist unverbindlich und kostenfrei. Weitere Informationen und Anmeldung (erbeten) unter Tel. (08 00) 02 36 028 (kostenfrei).