Auto auf, Katzenbabys raus: Tierschützer im Kreis Gütersloh sind sprachlos

Borgholzhausen/Melle. Der Fall ereignete sich bereits am Mittwoch, 16. Oktober, im Außenbereich von Borgholzhausen. Gegen 19.50 Uhr wurde, so schildern es später Zeugen, drei kleine Katzen aus einem Auto heraus ausgesetzt und bei kühler werdenden Herbsttagen sich selbst überlassen: Autotür auf, Katzen raus, Futter hinterher, Tür wieder zu. Immerhin: Das Ganze wurde beobachtet und sowohl Kennzeichen und Wagenfarbe sind bekannt. Zudem kümmerte sich der Zeuge um Hilfe, so dass die Tierhilfe Melle, die unter anderem für Fundtiere in Borgholzhausen und Werther zuständig ist, zeitnah über die herzlose Tat informiert werden konnte. Eines der Katzenkinder wurde direkt im Bereich Kleekamp eingefangen, die beiden anderen sind allerdings entwischt. Die Tierschützer haben eine Futterstelle eingerichtet und eine Falle aufgestellt. Gabi Lampe, Vorsitzende der Meller Tierhilfe, geht davon aus, dass die Kleinen inzwischen weitergezogen sind. Sie zeigt sie sich am Dienstag im Gespräch mit der Redaktion aber optimistisch, dass die Kitten gefunden werden – zumindest lässt das Verhalten der aufgegriffenen Katze diesen Schluss zu. &bdquo;Sie müssen Kontakt zu Menschen gehabt haben“, sagt Gabi Lampe. Die kleine Katze sei etwa drei Monate alt, soweit fit und zutraulich. Entsprechend stehen die Chancen, dass die Geschwister von sich aus irgendwann auf einem Hof und in Nähe von Menschen auftauchen, nicht so schlecht. Gabi Lampe liegt mit dieser Einschätzung richtig. Am gestrigen Mittwoch teilt sie dieser Zeitung mit, dass ein weiteres Tier gesichert werden konnte. Bleibt die Hoffnung, dass auch Nummer drei sich bald blicken lässt. Aussetzen von Tieren kann satte Geldbuße nach sich ziehen Das Verhalten des Besitzers oder der Besitzerin macht die Tierschützer aus Borgholzhausens Nachbarschaft sprachlos. Gabi Lampe hat den Fall beim Ordnungsamt angezeigt. &bdquo;Das sollte jetzt alles seinen Weg gehen“, sagt sie und hofft, dass die Person durch die Behörden zur Rechenschaft gezogen wird. Laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes NRW ist das Aussetzen von Haustieren &bdquo;keine Bagatelle“. Auf der Internetseite verweist man auf den entsprechenden Paragrafen des Tierschutzgesetzes, wonach es verboten ist, &bdquo;ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen“. Das Aussetzen oder Zurücklassen von Tieren stellt demnach eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Weiterhin heißt es: &bdquo;Wenn das ausgesetzte Tier hierbei zusätzlich zu Schaden kommt und es Schmerzen empfindet oder leidet, weil es beispielsweise verdurstet, kann sogar eine Straftat vorliegen. Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft.“ Flut an Katzenkindern bringt Tierschützer an ihre Grenzen Das Tierschutzgesetz und mögliche Sanktionen zeigen augenscheinlich nicht ausreichend Wirkung. Gleiches gilt für die vielerorts geltende Kastrationspflicht für Freigängerkatzen, die eigentlich die Flut an ungewollten Kitten hätte mildern sollen. In diesem Jahr, so berichtet Gabi Lampe, verzeichnet die Tierhilfe Melle, wie viele andere Tierschutzvereine, eine &bdquo;massive Steigerung“. &bdquo;Dieses Jahr hat – jedenfalls bei uns - alle Rekorde gebrochen“, schrieb die Tierhilfe Melle Anfang August und listete in den Sozialen Netzwerken eine Reihe an Fundtieren auf: Meerschweinchen im Pappkarton im Wald ausgesetzt, ein total abgemagertes, mit Milben übersätes Kaninchen aus Werther (es hat nicht überlebt) und immer wieder noch sehr junge Kitten. &bdquo;Ausgesetzte Tiere, Tiere, die abgegeben werden sollten, es nahm einfach kein Ende“, funkte der Verein im Sommer SOS. Die Lage hält an. Ebenso am vergangenen Mittwoch sind an einem Supermarkt in Bad Laer drei kleine pechschwarze Katzen in einem Pappkarton gefunden worden. Die Kommentare auf diesen sowie den Borgholzhausener Fall über Facebook sind zahlreich und eindeutig: &bdquo;Was ist bloß mit den Leuten los? Wie kann man hilflose Katzen einfach so entsorgen?“ Etwa 30 Fundkatzen pro Jahr aus Borgholzhausen Über einen ähnlichen Fall hat das &bdquo;Haller Kreisblatt“ im Juni berichtet, als auf dem Wanderparkplatz in Tatenhausen eine Katzenmutter samt Babys und Zubehör sich selbst überlassen worden war. Gabi Lampe rechnet damit, dass die Situation sich auf längere Sicht kaum ändern wird. &bdquo;Es spielt vieles zusammen“, wagt sie einen Erklärungsansatz. &bdquo;Corona wird uns noch lange verfolgen“, nennt sie das Problem der unüberlegt angeschafften Haustiere. Dazu kommen zuletzt gestiegene Tierarzt- und allgemein Lebenshaltungskosten. Lesen Sie auch: Grausam misshandelt und getötet: Gütersloherin kämpft für aussortierte Jagdhunde &bdquo;Wenn Menschen ihr Tier abgeben möchten oder müssen, können es Tierheime nicht aufnehmen“, sagt Lampe. Denn die Tierheime in der Region arbeiten längst an der Kapazitätsgrenze, müssen Aufnahme-Stopps verhängen, was wiederum zu neuen ausgesetzten Tieren führe. Erschwerend kommt hinzu, dass die Vermittlungsquoten gesunken sind. &bdquo;Das greift alles ineinander“, sagt Gabi Lampe. Pro Jahr kümmert sich die Tierhilfe Melle um etwa 25 bis 30 Fundkatzen allein aus Borgholzhausen. Insgesamt sind es jährlich etwa 250 Katzen, die von Gabi Lampe und Team aufgenommen werden - für 2024 geht die Vorsitzende von 280 aus.

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